Reiseanbieter

Einreisehürden fallen: zögerlich kehren die Reisewilligen zurück. Bild: ZRH

Das Tunnelende naht

Die Sonnenbrille kann langsam bereitgelegt werden. Nach 15 Pandemiemonaten verbessert sich die Ausgangslage für Reisewillige kontinuierlich.

Der Bundesrat hat am Mittwoch entschieden, wie das Covid-Zertifikat für Geimpfte, Genesene und Getestete aussehen wird, wie und wo es eingesetzt werden soll und die Bereiche nach Farben eingeordnet. An alltäglichen Orten braucht es keinen Pass, zum Beispiel im öffentlichen Verkehr oder in Läden (grüner Bereich). Für Restaurants, Kinos, Fitnesscenter und Events mit unter 300 Teilnehmenden ist der Einsatz nicht zwingend, aber möglich (oranger Bereich).

Der Rote Bereiche betrifft internationale Reisen, Grossveranstaltungen oder Discos. Für Flüge und Grosskonzerte wird ein Covid-Zertifikat also nötig sein: Solche Situationen seien «epidemiologisch heikel», sagt Bundesrat Alain Berset. Der definitive Entscheid zum Einsatz des Zertifikats wird der Bundesrat nach Konsultation am 18. Juni fällen.

Mit diesem Vorgehen dürfte der Bundesrat bisherige Impfmuffel weiter motivieren, sich impfen zu lassen, um künftig im Besitz eines Zertifikats zu sein – ohne sich etwa vor einer Auslandreise einem kostenpflichtigen PCR-Test unterziehen zu müssen. Ein hoher Anteil Geimpfter ist nicht nur für die epidemiologische Lage im Land gut, sondern freut auch die Reisebranche.

EU brütet über Details

Bis zur völligen Reisefreiheit sind aber noch etliche Hürden zu nehmen. Für freie Reisen innerhalb Europas verbessert sich die Ausgangslage nun aber deutlich. Aktuell ist das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) daran, das Zertifikat EU-kompatibel umzusetzen. Die EU selber ist bei der Ausarbeitung der Details noch uneins. Hier geht es in den nächsten Tagen und Wochen etwa darum festzulegen, welchen Status frisch Getestete haben sollen und wer für die Kosten von Tests aufkommt. Zudem ist die Frage noch offen, ob das Zertifikat automatisch Reisefreiheit in Europa bedeutet oder ob und wie die einzelnen EU-Staaten einschränken können.

Ebenfalls nicht abschliessend geklärt ist die Frage, welche Erleichterungen künftig in Ferienländern an die Einführung des einheitlichen Nachweises geknüpft sein sollen. Sollte es in dieser Woche zu einer Einigung zwischen den Unterhändlern von Rat und Parlament kommen, müsste die Entscheidung noch formell von den EU-Ländern und dem Parlament abgesegnet werden.

Bis Mitte Juni könnte sich die Ausgangslage für Europareisen also deutlich verbessert haben, noch rechtzeitig, um kurzfristig Sommerferien zu buchen. Wobei trotz dem aktuellen Zertifikats-Hype anzumerken ist: Internationale Reisen sind heute schon möglich, im Fall von Griechenland reicht etwa auch das bisherige gelbe Impfbüchlein. Klar aber auch: ein EU-kompatibles Zertifikat dürfte allfällige Missverständnisse vor Ort bei den Einreisebehörden einer kleinen griechischen Insel schneller aus dem Weg räumen.

Ferienplanung in vollem Gang

Wie eine Reisebüro-Umfrage von Travelnews diese Woche gezeigt hat, ziehen in diesen Tagen die Buchungen erst sehr langsam wieder an. Das Tempo dürfte sich mit jeder zusätzlichen Reiseerleichterung erhöhen. Von einer Rückkehr der Kunden spricht Sonja Hitz-Frei von der Reisecocktail GmbH. Sie schreibt uns: «Das Bedürfnis nach einem Tapetenwechsel ist deutlich spürbar. Seit Ostern erhalten wir täglich zwischen 5 und 10 Anfragen. An verregneten Wochenenden sind es auch schnell mal doppelt so viel.» Sie sei überzeugt, dass man als Reisebüro genau jetzt die Kunden abholen und mit einem top Service davon überzeugen kann, auch in Zukunft den persönlichen Kontakt zu wählen statt über irgendeine Internetplattform ohne direkten Ansprechpartner zu buchen.

«Gerade wer geimpft ist oder seine Impftermine bereits buchen konnte, befasst sich jetzt mit der Planung einer Ferienreise», sagt Markus Flick, Mediensprecher von DER Touristik Suisse zur Nachrichtenagentur AWP. «Die Reiselust ist wahrscheinlich grösser denn je», ergänzt Hotelplan-Sprecherin Bianca Gähweiler. Ferien würden momentan aber noch sehr kurzfristig gebucht.

Der Restart nähert sich nun jedenfalls zügig. Wenn die Sommerferien vom sachten Reiseaufschwung wohl erst gestreift werden, dürfte sich auf die Herbstferien hin ein Gerangel um freie Flugsitze und Hotelbetten abzeichnen – wie es die Reisebranche in den letzten 15 Monaten nicht mehr erlebt hat.

(GWA)