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Grossandrang beim Messestart um 14 Uhr: Insgesamt verzeichnete die Land in Sicht am ersten Tag 1400 Besucher. Bild: Screenshot TN

«Man muss ein Zeichen setzen für die Schweizer Tourismusbranche»

Jean-Claude Raemy

Die virtuelle Ferienmesse «Land in Sicht» ist gut gestartet. Aktuell haben sich 6500 Besucher (ohne Aussteller gezählt) angemeldet.

Am Donnerstag (22. April) ist sie losgegangen, die erste rein virtuelle Ferienmesse der Schweiz, die Land in Sicht – sie dauert vier Tage, noch bis und mit Sonntag. Mit dem ersten Messetag zeigt sich Initiant Cäsar Bolliger sehr zufrieden, wie er gegenüber Travelnews ausführt: «Der Auftakt ist geglückt. Die Umgebung läuft sehr stabil und nach ein paar Wacklern am Anfang können wir dieses Pionierprojekt absolut als Erfolg verbuchen.»

Die Zahlen dürfen sich durchaus sehen lassen: Am ersten Tag wurden 1300 Besucher gezählt, welche eine durchschnittliche Verweildauer von 44 Minuten hatten - was für eine Onlineplattform hoch ist. «Im Schnitt befanden sich 350-450 Personen auf der Plattform, davon rund 100 Aussteller», sagt Bolliger. In allen vier Hallen und 12 Vortragsräumen war etwas los - mal mehr, mal weniger, «wie auf einer Messe eben üblich». Insgesamt sind aktuell 6500 Besucher angemeldet - darin sind die 550 als Aussteller registrierten Personen nicht enthalten.

Besondere Freude hatte Bolliger am Engagement der Reisebranche: «Die Aussteller haben Präsenz markiert, waren erreichbar bzw. ansprechbar - das war richtig cool.» Auch optisch gibt die Messe einiges her, selbst wenn die Avatare teils etwas hölzern umherlaufen. Dafür haben viele Teilnehmer von den Spezialfunktionen wie «Winken» oder «Tanzen» der Avatare Gebrauch gemacht. Das führte dazu, dass man bei Vorträgen teils auch «Feedback geben» konnte, wie nachfolgendes Videobeispiel aus einem Vortrag von Corrado Filipponi beweist:

Travelnews hat sich noch bei einigen Ausstellern umgehört. Thomas Welti, Country Manager Switzerland bei der Fluggesellschaft Condor, erklärte etwa: «Ich bin erstaunt über den grossen Turnout auf Aussteller-Seite. Erstaunt bin ich aber auch, dass wir als einzige Airline dabei sind. Jetzt muss man doch ein Zeichen setzen für die Schweizer Tourismusbranche.» Zumindest hätten die Aussteller versucht, in Sozialen Medien und über eigene Kanäle etwas Besuchermarketing zu betreiben. Nun ist Welti gespannt, wie sich die Besucherzahl in den kommenden Tagen entwickeln wird.

Harald Henning, Chef der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) in der Schweiz, war ebenfalls präsent. Er schätze den direkten Austausch, den man hier auf unterschiedliche Weise pflegen könne, und machte sich bereit auf viele Fragen hinsichtlich den Einreisebestimmungen in Deutschland bzw. in den einzelnen Bundesländern. Er sieht aber auch eine Gelegenheit, die üblichen DZT-Kampagnen - etwa jene über die verschiedenen «Schweizen in Deutschland» - an die Besucher zu bringen. Bei der DZT gibt es zudem ein Gewinnspiel.

Solche Gewinnspiele gibt es übrigens an diversen Ständen, plus eine Schnitzeljagd, deren Endpunkt sich beim Travelnews-Stand befindet und bei dem es attraktive Preise zu gewinnen gibt. Die Teilnahme war schon am ersten Tag rege. Manchmal wird man für ein Gewinnspiel auch in ein anderes Fenster umgeleitet, etwa bei Twerenbold Reisen, wo man in einem neuen Fenster an einem Gewinn-Rad drehen kann, sobald man die eigenen Kontaktdaten angegeben hat.

Fürs Kontaktieren ist die Messe ohnehin gut: Man kann auf jeder beliebigen Person, deren Identität man per Mouse-Over sofort erfährt, um einen Business-Card-Austausch erbeten. Man kann auch problemlos chatten oder einander gar anrufen. Für viele senkt das die Hemmschwelle, manche Besucher wollten dennoch nicht zu aggressiv angegangen werden. Auch da wieder etwas, das für jede Messe üblich ist. Unter dem Strich hörte man, dass die Anruffunktion besser sei als der Chat, wo man, ähnlich wie bei Whatsapp, mitunter plötzlich mehrere Chats parallel zueinander führen muss. Ein Vorteil liegt aber darin, dass man beispielsweise einen Vortrag verfolgen kann, parallel dazu aber herumlaufen oder chatten kann. Die Technologie erlaubt also gewissermassen Multitasking. Was im Gegensatz zu einer echten Messe nicht geht, sind Gespräche im Dreieck bzw. als Gruppe - man kann jeweils nur eine Person direkt ansprechen. Und ja, man kann keinen Wein zusammen kredenzen. Aber man kann den Wein auf dem Gartentisch geniessen, während man in der Sonne am PC die Messe besucht. Dass ein sonniges Wochenende bevorsteht, wird - wie üblich bei Messen - etwas gefürchtet. Aber die Messe ist bis abends spät zugänglich und dies von überall her und wiederholt - diese Zugänglichkeit könnte auch ein Vorteil sein.

Mit der Technik kommt man schnell klar

Heute Nachmittag geht es nun in den zweiten Messetag. Zumindest die Aussteller haben sich an Umgebung und Möglichkeiten gewohnt; diese hat man nach einigen Minuten intus. Wie es auf Besucherseite ist mit der Handhabung, wissen wir noch nicht. Klar ist, dass mittlerweile auch Personen über 50 schon mit Computern aufgewachsen sind und lediglich ab 60 und darüber Senioren sind, die möglicherweise mit Web-Plattformen Mühe haben könnten. Welti hält aber fest, dass das Alter mittlerweile kaum mehr eine Rolle spielt: «Es gibt viele Senioren, welche digital fit sind, während manche Jüngere wenig Erfahrung mit solchen Plattformen haben und anfangs auch ‹schwimmen› könnten.

Noch etwas zur Technik: Dass gewisse Personen zwischenzeitliches Verschwinden anderer Avatare meldeten, habe mit der jeweiligen Internetleitung zu tun - im Falle schwacher Bandbreite werde man eben nicht einfach aus der Plattform geschmissen, sondern zuerst werden andere Avatare ausgeblendet, um Bandbreite zu sparen. Bolliger zufolge gab es aber nur wenige solche Rückmeldungen.

So darf man gespannt sein auf das heutige Vortrags- und Messeprogramm. Auch besucherseitig könnte es noch einen Push geben, nachdem die Messe gestern Abend prominent bei «10 vor 10» im Schweizer Fernsehen thematisiert wurde. See you in the afternoon!