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Auch in diesem Sommer wird man Ferien machen können. Nur wo genau, ist noch unklar. Bild: GWA

Kommentar Ein Last-Minute-Sommer steht an

Gregor Waser

In etwas über 100 Tagen beginnen die Sommerferien. Doch Buchungen für Badeferien treffen wegen den Reisebeschränkungen erst spärlich ein. Das Dilemma der Reisebranche wird jeden Tag grösser. Jetzt zeichnen sich zwei Szenarien ab.

In einem normalen Jahr wie 2019 erfolgt die grosse Buchungswelle für Sommer-Badeferien im Januar. Bis im März liegt dann die Hälfte der Buchungen im Trockenen. Aktuell müssen sich Reiseveranstalter und Reisebüros aber glücklich schätzen, wenn sie überhaupt schon 10 Prozent in den Büchern stehen haben. Nach dem Horror-Jahr 2020 bröckeln die Hoffnungen auf die grosse Erholung auch in diesem Jahr langsam weg.

Die Reisebeschränkungen gelten weiterhin, das Impftempo ist langsam, ob und wann ein europaweit gültiger Impfpass kommt, ist noch unklar, wie mit Ungeimpften oder nicht Impfwilligen verfahren wird, ist je nach Reiseziel unterschiedlich. Diese vielen Fragezeichen stehen der Ferienbuchung derzeit im Weg.

Dabei ist die aufgestaute Reiselust riesig. Der Blick auf den deutschen Reisemarkt verdeutlich dies. Geht die Türe Richtung Mallorca wie in den letzten Tagen nur einen Spalt breit auf, wird die Insel sogleich mit Buchungen geflutet. Bloss weg, heisst es in den Köpfen vieler Homeoffice- und Lockdown-Geplagter, ich will an den Strand!

Warten auf grünes Licht

Nach dem aufreibenden Annullationsjahr 2020 war die Hoffnung bei Reisebüros nun gross, dass in diesem Jahr eine gewisse Planungssicherheit Einzug hält. Diese stellt sich bis heute nicht ein. Und leider gehen die Infektionskurven wieder nach oben. Öffnungsschritte sind in der Schweiz vertagt, Deutschland geht über Ostern sogar wieder in einen scharfen Shutdown. Mallorca will Innenräume von Restaurants nun doch wieder schliessen. Aufkommende Stimmung für eine Ferienbuchung sieht anders aus.

Ein Badeferien-Spezialist sagt heute zu Travelnews: «Auch in diesem Sommer wird man Ferien machen können. Nur wo genau, ist noch unklar.» Diese Aussage verdeutlicht das Dilemma. Es gilt abzuwarten, wie sich die Reiseeinschränkungen entwickeln und an welchen Reisezielen grünes Licht aufleuchtet.

Derzeit zeichnen sich zwei Szenarien ab:

  1. Die diesjährigen Badeferien-Pauschalen werden so kurzfristig wie noch nie über den Reisebüro-Counter und die Online-Kanäle vertrieben. Im Juni dürfte es zu chaotischen Buchungszuständen kommen, wenn Mittelmeer-Hotels und Airlines kurzfristig Zimmer und Flugsitze verfügbar machen und sich Reiseveranstalter und OTAs (Online-Reisebüros) darauf stürzen. Dass im kurzfristigen Buchungsrausch an der Preisschraube nach unten gedreht wird, ist absehbar.
  2. Ich warte mal ab und mache in den Sommerferien etwas in der Schweiz, ist eine Aussage, die man derzeit im privaten Umfeld oft hört; gepaart mit der fehlenden Lust, sich ins Menschengetümmel zu stürzen. Dass Schweizer Ferienwohnungen im Sommer vielerorts schon ausgebucht sind, weist auf das erneute Daheimbleiben hin. Und die Verkäufe von E-Mountainbikes im letzten Jahr (+ 40 Prozent!) ebenso – diese Woche thematisieren wir diesen E-Bike-Hype. Fürs Zuhause bleiben spricht leider auch die angespannte finanzielle Situation in manch einem Portemonnaie nach Monaten der Kurzarbeit oder des Jobverlustes.

Der Badeferien-Sommer am Mittelmeer dürfte nun schon zum zweiten Mal nur in reduzierter Form stattfinden. Für Reisebüros, die sich vom Pauschalferien-Geschäft schon länger verabschiedet haben, ist dies zwar weniger schlimm – doch auch bei der Organisation individueller Fernreisen sind die Fragezeichen und Reisebeschränkungen nicht weniger gross. Es ist weiterhin viel Geduld gefragt – und die Bereitschaft, beim Aufleuchten eines grünen Lichts, sofort reagieren zu können.