Reiseanbieter

Reiseveranstaltern in der Schweiz wird empfohlen, sich beim deutschen Steueramt registrieren zu lassen. Bild: AdobeStock

Die Mehrwertsteuerpflicht im Ausland bereitet Schweizer Reiseunternehmen Kopfzerbrechen

Deutschland unterstellt rückwirkend auf den 1. Januar ausländische Firmen, die einen Verkauf von Leistungen in Deutschland erbringen, der Mehrwertsteuerpflicht. Inzwischen ist auch Kroatien nachgezogen und weitere Länder dürften folgen.

Bekanntlich hat die Schweiz vor rund drei Jahren ausländische Reiseveranstalter dazu verpflichtet, sich für die Mehrwertsteuer in der Schweiz zu registrieren, wenn Leistungen in der Schweiz angeboten werden. Seitdem wurde an diesem System noch gefeilscht - erst in der Wintersession wurde beispielsweise im Parlament entschieden, dass nur der in der Schweiz erwirtschaftete Umsatz mehrwertsteuerpflichtig ist - doch grundsätzlich daran festgehalten. Manche Schweizer Incoming-Anbieter befürchteten deshalb ein schwindendes Interesse von ausländischen Reiseunternehmen, die Schweiz als Reiseziel anzubieten - zumal dieser unilaterale Entscheid die Ernennung eines Fiskalvertreters in der Schweiz wie auch die normale Abrechnung pro Quartal der in der Schweiz erwirtschafteten Umsätze bedingte. Und letztlich natürlich auch die Bezahlung von Steuern.

Aber was wir können, können auch andere... So hat das deutsche Bundesfinanzministerium nun eine ähnliche Massnahme erhoben. Wir haben um Details bei Yves Bruttin von der Reise-Treuhand AG ersucht. Dieser hält Folgendes fest: «Rückwirkend ab 1. Januar 2021 ist jeder Reiseveranstalter, welcher nicht in der EU ansässig ist, verpflichtet, sich in Deutschland für die Mehrwertsteuer zu registrieren lassen, wenn er Reiseleistungen in Deutschland anbietet. Das heisst, die mit deutschen Leistungen erwirtschafteten Umsätze – konkret: der volle Verkaufspreis und nicht die Marge! - unterstehen der dortigen Mehrwertsteuer; aus Einkaufsrechnungen kann allerdings die Vorsteuer geltend gemacht werden. Wobei natürlich auch in Deutschland die Vorsteuer-Rechnung auf die Formvorschriften geprüft werden muss, wie in der Schweiz. Werden die Leistungen in Deutschland über einen Zwischenhändler - zum Beispiel eine Incoming-Agentur oder ein Paketer/Veranstalter - eingekauft, ist die Vorsteuer verloren, da dieser über TOMS («Tour Operator Margin Scheme» = Margenbesteuerung) abrechnet.»

Liegen einzelne Leistungen vor, so müssten diese auch einzeln beurteilt werden, schreibt das deutsche Bundesfinanzministerium. Daraus könnten sich unterschiedliche Besteuerungsorte ergeben. Deutschland kennt allerdings keine «Kombinationsregel» wie die Schweiz (30%:70%).

Schweizer Reiseunternehmen, welche Reisen in Deutschland verkaufen, mussten sich bislang nicht registrieren und konnten ihre Rechnungen ohne Unternehmenssteuer ausstellen. Diese Sonderregel entfällt nun; Bruttin empfiehlt folglich jedem Reiserveranstalter in der Schweiz, sich registrieren zu lassen. Das Bundesfinanzministerium schreibt zudem, dass die Registrierung in Deutschland wohl geplant sein soll, mit einer «konzeptionell überlegten Vorgehensweise».

Andere Länder ziehen nach

Inzwischen zeichnet sich ab, dass weitere Staaten ebenfalls eine Registrierung und Deklaration verlangen werden. Ein konkretes Beispiel liegt bereits vor: Wie soeben bekannt wurde, hat Kroatien ebenfalls eine Steuer- und Registrierungspflicht rückwirkend per 5. Januar 2021 eingeführt. Schweizer Reisebüros und Veranstalter, welche Reisen nach Kroatien verkaufen, müssen sich also ab diesem Jahr in Kroatien registrieren.

Dazu Bruttin: «Zurzeit kann noch nicht gesagt werden, was die Folgen einer Nicht Registrierung sind. Reise-Treuhand ist noch in Abklärung. Wie es scheint, springt jetzt ein Land nach dem anderen auf den Registrierungszug auf. Warten wir ab, welches die nächsten Länder sind.»

Mit anderen Worten: Da kommt ein Bürokratie-Aufwand auf Reiseunternehmen zu, den diese in der aktuellen Situation alles andere als brauchen können... Dem Vernehmen nach sind auch schon einige Schweizer Reiseunternehmen daran, juristische Abklärungen zu treffen bzw. sich darüber Gedanken zu machen, wie mit der neuen Situation umgegangen wird. Es gilt wohl, die aktuell buchungsärmere Zeit für genau solche Fragen sinnvoll zu verwenden.

(JCR)