Reiseanbieter

Erkennen Sie den Unterschied? Genau: auf travelmaldives.ch (travel worldwide, links) gibt es «Urlaub Highlights» – bei Knecht Reisen sind es «Ferien Highlights». Bilder: TN

Webdesign by copy paste

Gregor Waser

Knecht Reisen hat die neue Webseite gelauncht. Die sieht gut aus. Nur: es gibt diese schon in praktisch identischer Form.

Fernreise-Spezialisten leiden seit einem Jahr ganz besonders unter der Krise. Das Geschäft ist komplett eingebrochen. Immerhin haben die letzten Monate Luft gegeben, lang anstehende Aufräumarbeiten in Angriff zu nehmen oder etwa die Webseite zu überarbeiten und neu zu launchen.

Vor wenigen Tagen hat nun Knecht Reisen die neue Webseite aufgeschaltet. Die sieht übersichtlich, gut strukturiert und benutzerfreundlich aus. Projekt gelungen.

Beim mehrmaligen Durchklicken kommt aber der Eindruck auf, hallo – gibt es diese Seite nicht schon anderswo? Und in der Tat: ein anderer Fernreise-Spezialist, Travel Worldwide, verfügt auf seinen Webseiten über die identische Struktur, gleiche Rubriken, die Unterschiede sind marginal.

Wir haben einzelne Seiten von Travel Worldwide und Knecht Reisen nebeneinander gestellt:

Bei Travel Worldwide mit über 20 Webseiten wie travelmaldives.ch, travelscandinavia.ch oder travelafrica.ch handelt es sich um ein Zürcher Reisebüro, das schon seit zehn Jahren konsequent und sehr erfolgreich auf den Ropo-Effekt (research online, purchase offline) setzt – im Netz die Kunden anpeilt und diese dann traditionell berät. Gleichzeitig ist Travel Worldwide ein reiner Retailer, bezieht seine Fernreise-Packages bei allen grossen Touroperators, darunter insbesondere bei der TTS-Gruppe, zu der auch Knecht Reisen gehört. Der TTS-Umsatz von Travel Worldwide beträgt mehrere Millionen Franken im Jahr, alleine bei Knecht Reisen sind es rund fünf Millionen.

«Es ergibt sich naheliegenderweise die nun gewählte Struktur.»

Wir haben bei den Parteien nachgefragt, wie es zur offensichtlichen Kopie gekommen ist – ob es sich um eine Zusammenarbeit handelt oder eventuell den gleichen Webdesigner?

Knecht Reisen beantwortet unsere Anfrage so: «Der neue Webauftritt stärkt die Wahrnehmung als Fernreisespezialist mit vertieften Destinationskenntnissen und eigenem Tour Operating. Historisch betrachtet wird unser Webauftritt alle drei bis vier Jahre überarbeitet. Dabei lassen wir jeweils erfolgreiche Konzepte in unsere Überlegungen miteinfliessen. Wenn der Webauftritt zugunsten der Kunden nach Destinationen ausgerichtet wird, ergibt sich naheliegenderweise die nun gewählte Struktur.»

Naheliegenderweise die nun gewählte Struktur? Was sagt Travel-Worldwide-Gründer Simon Schnellmann beim Blick auf die neue Webseite von Knecht Reisen? Er flippt aus und setzt zu einer dreiminütigen Wutrede an, die wir hier im Wortlaut nicht wiedergeben.

Gefasster nimmt er dann so Stellung: «Prinzipiell habe ich nichts dagegen, wenn man vereinzelt Elemente von uns kopiert und übernimmt. Denn sind wir ehrlich, das Rad lässt sich nicht mehr neu erfinden und Konkurrenz belebt.»

«Es ist schlicht und einfach ein Armutszeugnis.»

Aber er würde erwarten, dass man zuerst mal eigene Ideen einbringen und das Gerüst selber kreieren sollte, bevor man sich bei anderen bedient: «Dass ein so grosser Player wie Knecht derart ideen- und fantasielos ist und skrupellos bei uns bis ins kleinste Detail alles von A bis Z kopiert, ist auch für mich eine neue Erfahrung.» In China werde 1:1 kopiert und die Billigprodukte würden auf all den Märkten dieser Welt verramscht. «Wenn ich aber richtig informiert bin, liegt Windisch in der Schweiz und nicht in China, oder? Es ist schlicht und einfach ein Armutszeugnis, dass jemand mit 30 Jahren Erfahrung zu solch billigen Mitteln greifen muss.»

Wie er jetzt reagieren werde? Dazu sagt Simon Schnellmann: «Ich gehe davon aus, dass es auch in Windisch solche Begriffe wie Stolz, Innovation, Fairness, Ethik und Moral gibt, deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden werden».

Die Wut im Zürcher Niederdorf ist derzeit jedenfalls gross – und die langjährige Zusammenarbeit mit Knecht Reisen dürfte wohl in der bisherigen Form in Frage gestellt sein.

Unverständlich bleibt, dass es bei Knecht Reisen offensichtlich keine Kontrolle darüber gab, wie unverfroren sich die Webabteilung bei einem anderen Anbieter bediente.