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Geld kommt - für einige Unternehmen aber möglicherweise «too little too late». Bild: Claudio Schwarz/@purzlbaum

Härtefallregelung: Grössere KMU fühlen sich benachteiligt

Im Kanton Zürich gibt es bei der Härtefallregelung eine Deckelung der à-fonds-perdu-Hilfsleistungen bei 400'000 Franken. Das ist für manche Unternehmen wohl deutlich zu wenig. Machen Sie bei unserer Umfrage mit.

Die Härtefallregelungen wurden auf Bundesebene noch vor Weihnachten weitgehend geregelt. Ein Härtefall liegt grundsätzlich vor, wenn der Jahresumsatz im Jahr 2020 weniger als 60 Prozent des Durchschnitts der Jahre 2018 und 2019 beträgt. Eine Unterstützung setzt ausserdem voraus, dass die Unternehmen vor 2020 profitabel waren und nach Ausbruch der Pandemie nicht bereits andere Finanzhilfen des Bundes – ausgenommen Kurzarbeits- und Erwerbsausfallentschädigungen – erhalten haben. Bund, Kantone oder Gemeinden dürfen dabei insgesamt nicht zu mehr als 10 Prozent am Kapital des Unternehmens beteiligt sein.

Darlehen, Bürgschaften oder Garantien dürfen sich höchstens auf 25 Prozent des Jahresumsatzes 2019 eines Unternehmens und höchstens auf 10 Millionen Franken belaufen; ihre Laufzeit ist auf höchstens zehn Jahre befristet. Für diese Kredite bürgt der Kanton zu 80 Prozent. À-fonds-perdu-Beiträge belaufen sich pro Unternehmen auf höchstens 10 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes 2018 und 2019 und grundsätzlich auf höchstens 500'000 Franken.

Jeder Kanton hat die Kompetenz, schärfere Härtefall-Kriterien, als vom Bund vorgesehen, und die passenden Instrumente (Darlehen, Bürgschaften, Garantien, À-fonds-perdu-Beiträge) festzulegen. Aktuelle Informationen zu den kantonalen Härtefallregelungen bietet der Schweizer Reise-Verband (SRV) auf seiner Website. Daraus geht nun beispielsweise für den Kanton Zürich hervor, dass Hilfsleistungen bei à-fonds-perdu auf 400'000 Franken gedeckelt sind, bei Darlehen auf 500'000 Franken. Das ist für mittelgrosse und grosse Unternehmen (solche mit deutlich mehr als 5-10 Millionen Franken Umsatz – und das sind ja einige) doch ziemlich wenig Geld.

«Der à-fonds-perdu Betrag sollte nicht gedeckelt sein.»

Travelnews hat bei einzelnen Branchen-Players nachgefragt. So sagt etwa Stephan Roemer vom Asien-Spezialisten Tourasia: «Sie sprechen bei der Härtefallregelung einen ganz wunden Punkt für KMU's an. Einerseits dauert es im Kanton Zürich sehr lange, bis wir überhaupt Hilfe erwarten können, andererseits sind KMUs wie wir es sind klar benachteiligt. Der à-fonds-perdu Betrag deckt gerade mal Betriebskosten, welche ausserhalb der Kurzarbeitsentschädigung sind, für drei Monate. Wir sind aber seit neun Monaten ohne Einkünfte. Ich habe es zudem so verstanden, dass zu den vom Kanton in Aussicht gestellten Gelder keine zusätzlichen Bundesgelder gesprochen werden. Leider sind erfolgreiche Firmen, welche über Jahre Personal aufgebaut haben, bei diesem System benachteiligt. Der à-fonds-perdu Betrag sollte nicht gedeckelt sein.»

Mit anderen Worten: Wenn der Beitrag auf 400'000 Franken gedeckelt ist, entspricht dies 10 Prozent eines Unternehmens, das gerade mal 4 Millionen Franken Umsatz macht. Das ist ein Wert, den jedes bessere Reisebüro erreicht, jedoch für Unternehmen mit Umsätzen im zweistelligen (oder noch höheren) Millionenbereich möglicherweise unzureichend ist. Ein weiterer Firmeninhaber aus der Reisebranche, der jedoch nicht namentlich genannt sein will, versteht die Deckelung auch nicht, da diese grössere Reise-Unternehmen benachteiligt. Er vermutet, dass es den Behörden primär darum geht, Firmen zu retten und nicht etwa Arbeitsplätze. Oder anders formuliert: Mit der aktuellen Praxis werden viele kleinere Firmen gerettet, während grössere dafür nochmals massiv Arbeitsplätze abbauen müssen. Dazu der Branchenprofi: «Würde man die Gelder gerecht verteilen, könnte man 11 von 11 Firmen retten und doppelt so viele Arbeitsplätze sichern, auch wenn halt alle den Gürtel nochmals ein bisschen enger schnallen müssten. [...] In meinen Augen hat jeder Arbeitsplatz gleichviel Wert, unabhängig der Firmengrösse. Deshalb hätte der Verteilschlüssel auch entsprechend anders definiert werden müssen.»

Ein Problem könnte sein, dass bei Grossunternehmen verschwindende Arbeitsplätze von kleineren Unternehmen nicht absorbiert werden, der umgekehrte Fall (Grössere absorbieren Arbeitsplätze von Kleineren) dafür sehr viel wahrscheinlicher wäre. Ob eine Marktkonzentration auf wenige Grössere besser ist, sei mal dahingestellt. Sicher ist jedoch, dass mittelgrosse Firmen ohne solvente Mutterhäuser im Rücken mit diesen Härtefallbeiträgen kaum über die Runden kommen. Sprich: Grossveranstalter mit Mutterhäusern sowie kleine Reisebüros dürften besser klarkommen als die «Mittelschicht», welche gerade im Veranstalterbereich für die wichtige Vielfalt sorgt.

OK, man darf dem Kanton Zürich zugute halten, dass die Finanzspritze für notleidende Unternehmen von 40 auf 125 Millionen erhöht wurde. Aber offensichtlich braucht es in der Corona-Krise auf allen Ebenen grössere Mittel. In diesem Zusammenhang ist noch interessant, dass die Schweizer Nationalbank am kommenden Freitag wohl einen Jahresgewinn von 25 Milliarden Franken ausweisen wird, wie heute bekannt wurde - was Begehrlichkeiten wecken könnte.

Nicht alle sind unzufrieden

Es gibt allerdings auch andere Ansätze. Bentour-CEO Deniz Ugur beispielsweise sagt: «Ich bin dankbar für jede Unterstützung. Daher bewerte ich das Programm der nicht rückzahlbaren Unterstützungsgelder in seiner Umsetzung in Zürich positiv. Kombiniert mit der Unterstützung aus der Kurzarbeit und den langfristigen Krediten sehe ich für unser Unternehmen eine nachhaltige Perspektive, um trotz der grössten Krise in der Touristik mittelfristig wieder in vernünftige Geschäftszahlen zu kommen und entsprechend Arbeitsplätze zu sichern.»

Ugur zufolge sei es viel wichtiger, jetzt transparente Regelungen zu schaffen, um verantwortungsvolles und sicheres Reisen wieder herstellen zu können. Er würde es begrüssen, wenn etwa Schnelltests anerkannt werden und diese bei der Rückreise immer Quarantäne-befreiend wirken, mittelfristig dann auch eine Impfdokumentation.

(JCR)