Reiseanbieter

Landet ein Staat auf der Quarantäneliste des BAG, können Reisende kostenfrei vom Vertrag zurücktreten. Bild: Markus Winkler

Ausnahmen, aber keine langfristigen Änderungen der AGB's

Welche Stornierungs- und Umbuchungsbedingungen gelten zurzeit bei den grössten drei Reiseveranstalter in der Schweiz? Travelnews hat sich umgehört.

Das Buchungsverhalten von Reisenden hat sich in den vergangenen Monaten verändert: Anstelle von langfristigen Vorausbuchungen wird heute erst kurz vor Abreise eine Reise gebucht. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass man sich in den aktuellen Zeiten nicht darauf verlassen kann, wie lange die Einreisebestimmungen für die Länder weltweit jeweils verbindlich sind. Was heute gilt kann schon morgen wieder von neuen Restriktionen überholt sein.

Wie reagieren die grossen Reiseveranstalter der Schweiz auf diese geänderten Bedürfnisse bei den Reisenden? In den letzten Monaten kursierten immer wieder Meldungen, dass die Umbuchungs- und Stornierungsbedingungen jeweils für einen Zeitraum von wenigen Wochen oder Monaten gelockert wurden. Plötzlich bot sich Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, ihre Reise flexibel auf ein späteres Datum zu verschieben. Ist diese Flexibilität zur Norm geworden und wurden zum Start des neuen Jahres die Allgemeine Vertrags- und Reisebedingungen (AVRB) angepasst?

«Die AVRBs sind aktuell unverändert», sagt TUI-Suisse-Mediensprecherin Bianca Schmidt auf Anfrage von Travelnews. Gleiches gilt auch bei Hotelplan Suisse, wie Unternehmenssprecherin Bianca Gähweiler bestätigt. Bei DER Touristik Suisse gibt es derzeit bei zwei Marken eine Abweichung zu den AGBs, wie Mediensprecher Markus Flick erklärt: «Noch bis 10. Januar 2021 gebuchte Sommerferien 2021 unserer Badeferienmarke Helvetic Tours können bis 14 Tage vor Abreise kostenlos abgesagt oder verschoben werden, auch wenn kein Hindernisgrund für die Reise besteht», und, «Auch Manta Reisen gewährt auf neu getätigte Malediven-Buchungen bis 31. Oktober 2021 eine kostenfreie Stornierungs- und Umbuchungsmöglichkeit bis 14 Tage vor Abreise.» Davon ausgenommen seien jedoch alle Flugleistungen und Kreuzfahrten/Tauchsafaris sowie im Buchungsprozess ausgewiesene Leistungen mit gesonderten Stornobedingungen.

Es gibt Ausnahmen

Wie bereits erwähnt können sich die Reisebestimmungen derzeit sehr schnell ändern. Steigen die Fallzahlen mit dem Virus in Zieldestinationen und erreichen einen höheren Wert als die Schweiz, besteht die Möglichkeit, dass bei der Rückkehr eine Quarantäne droht. Oder aber die Fallzahlen steigen hierzulande und Schweizerinnen und Schweizer dürfen plötzlich nicht mehr in andere Länder Einreisen. Für solche Fälle haben alle drei Reiseveranstalter Ausnahmen definiert. «Ist eine Reise a) nicht oder b) nur mit einer zum Zeitpunkt der Buchung nicht absehbaren Quarantänepflicht möglich, entstehen beim Reiserücktritt keine Kosten», erklärt Flick. Auch bei Hotelplan können Reisende kostenlos zurücktreten, wenn das Land auf der Quarantäneliste des BAG landet.

TUI Suisse zeigt sich etwas kulanter: «Aktuell bieten wir unseren Kunden für alle Reisen mit Anreisezeitraum bis einschliesslich 31. Oktober 2021 eine einmalig kostenlose Umbuchungs- und Stornierungsmöglichkeit bis 31 Tage vor Abreise», sagt Schmidt. TUI Suisse hat im Oktober spezielle Flex Raten für Unterkünfte lanciert. Wer seine Reise über TUI Suisse bucht und von diesen speziellen Raten profitiert, kann seine Hotelbuchung bis 18 Uhr am Anreisetag kostenlos annullieren, ganz ohne Gebühren. Das Angebot gilt derzeit für ausgewählte Häuser in der Schweiz, Österreich, Deutschland und Italien. Weitere Destinationen seien geplant. Damit wolle TUI mit Booking.com und Co. mithalten. Die Online-Reisebüros bieten gerade jetzt gute Konditionen. So können Hotels beispielsweise bis 72 oder gar 48 Stunden vor Abreise kostenlos storniert werden.

Die Annullationsbedingungen beschäftigen Reisebüro-Mitarbeitende auch in einer Reisebranchen-Facebook-Gruppe. Dort wird unter anderem bemängelt, dass die Touroperators bei Hotelbuchungen auf die AGB's verweisen. Das sei nicht mehr zeitgemäss, weshalb «Nur-Hotel-Buchungen» vermehrt über Bettendatenbanken, Expedia oder über das Global Distribution System getätigt werden. Als Vorteil wird hier genannt, dass die Zahlung erst nach der Abreise fällig wird und nicht schon vor der Abreise. Anders sieht es bei den Flügen aus. Die Airlines haben knappe Ticket-Deadlines. Wenige Tage nach der Einbuchung ist die Zahlung fällig. Ein Reiseprofi rät deshalb sofort das Billett von den Kunden bezahlen zu lassen und zu vermerken, dass für Flüge spezielle Annullationskosten gelten - oder aber die gesamte Reise über einen Touroperator buchen und das Risiko auslagern.

Buchungen sollten verbindlich bleiben

Reisen in Zeiten von Corona ist kompliziert und unvorhersehbar geworden. Will ein Kunde aktuell verreisen, sollte er sich dem gewissen Risiko, welchem er sich aussetzt aber auch bewusst sein. DER Touristik Suisse behält sich vor, auch in diesem Jahr flexibel zu bleiben. «Wie in 2020 werden wir uns aber auch im weiteren Verlauf der Pandemie dafür einsetzen, dass von unseren Kundinnen und Kunden gewünschte Reiseverschiebungen stets unter kulanten Bedingungen möglich sind, wann immer die Leistungsträger dieses Vorgehen zulassen. So setzen wir in dieser aussergewöhnlichen Zeit weiterhin so oft wie möglich auf Einzelfallprüfungen unter Berücksichtigung der Interessen aller Parteien», verspricht Flick.

Der Reiseveranstalter spricht sich aber auch dafür aus, dass das Reisegeschäft seinen verbindlichen Charakter behalten muss: «Wir schliessen nicht aus, dass es im Laufe von 2021 zu weiteren AGB-Abweichungen in unserem Markenhaus kommen wird. Zu dieser Fragen stehen wir mit den Leistungsträgern im ständigen Dialog. Es wäre jedoch nicht im Interesse der Branche, wenn Buchungen grundsätzlich ihren verbindlichen Charakter verlören. Mittel- und langfristig sind AGB-Abweichungen unserer Überzeugung nach daher auf Umbuchungen zu beschränken, während generelle Rücktrittsmöglichkeiten ohne Alternative die Ausnahme bleiben müssen – um etwa, wie aktuell, trotz hoher Fallzahlen die Aufmerksamkeit auf die Möglichkeit risikoloser Reisebuchungen zu lenken», so Flick abschliessend. Eine Nutzerin in der Facebook-Gruppe wendet ein, dass aktuell ohnehin nur Reisen in Länder gebucht werden, die zum jetzigen Zeitpunkt bereist werden können. Sollte es dennoch zu Änderungen vor Abreise kommen, gilt es dann eine individuelle Lösung zu finden. Sie ist überzeugt, dass die Touroperator weder die Reisebüros noch Kunden hängen lassen.

(NWI)