Reiseanbieter

Im Nationalratssaal in Bern wird wieder debattiert - die Reisebranche verfolgt dies interessiert. Bild: Marcel Kessler

Die Wintersession des Parlaments wird wieder wichtig für die Tourismusbranche

Heute hat in Bern die Wintersession begonnen. Dabei werden für die Reisebranche - Incoming wie Outgoing - wichtige Themen wie Covid19-Gesetz oder Geschäftsmietegesetz behandelt. Darüber hinaus wird etwa über Mehrwertsteuerpflichten für ausländische Reiseveranstalter debattiert.

Seit heute morgen ist sie in Gang, die Wintersession des Schweizer Parlaments, welche noch bis zum 18. Dezember andauern wird. Zum Auftakt wurde das Präsidium von National- und Ständerat neu gewählt, wobei der designierte Nationalratspräsident der Berner SVP-Vertreter Andreas Aebi ist, der für die Outgoing-Reisebranche schon verschiedentlich als Türöffner agiert hat und selber zusätzlich zu seinem Landwirtschaftsbetrieb auch als Reiseanbieter aktiv ist.

Allerdings gibt es noch ganz andere Themen, welche für die Reisebranche von Interesse sind, zumal die letzte ordentliche Session dieses aussergewöhnlichen Jahres wieder im Zeichen der Coronakrise steht. So werden etwa die Vorlagen «Covid19-Geschäftsmietegesetz», das «Solidarbürgschaftsgesetz-Covid19» und weitere Änderungen am «Covid19-Gesetz» in beiden Räten behandelt. Die Budgetdebatte dürfte derweil besonders viel zu reden geben. Der Bundesrat hat ein Defizit von 1,1 Milliarden Franken budgetiert. Für die Folgen der Corona-Krise sind 1,6 Milliarden Franken vorgesehen. Die Finanzkommission des Nationalrates beantragt, dass 200 zusätzliche Millionen ins Budget aufgenommen werden sollen, damit ab dem 1. Januar das Geld für die Corona-Härtefallregel ausbezahlt werden kann.

Beim Covid19-Gesetz geht es um die verlangten Anpassungen. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 18. November 2020 eine Aufstockung der Gelder auf insgesamt eine Milliarde und eine Erhöhung des Anteils des Bundes auf rund zwei Drittel beschlossen, sowie an seiner Sitzung vom 25. November 2020 die Verordnung verabschiedet, welche die Details des Härtefallprogramms von Bund und Kantonen regelt. Die Verordnung soll am morgigen 1. Dezember 2020 in Kraft treten. Die Grundlagen für die vorliegende Verordnung werden in Artikel 12 des Covid19-Gesetzes festgelegt, dessen Änderung der Bundesrat am 18. November 2020 beantragt hat. Weiter sollen um Arbeitsplätze zu sichern und Covid-bedingte Entlassungen zu vermeiden, die Leistungen der Arbeitslosenversicherung (ALV) im Bereich der Kurzarbeitsentschädigung wieder gezielt erweitert werden. Mehrere im Frühjahr unter Notrecht erlassene Massnahmen der ALV sollen in das Covid19-Gesetz überführt werden. Insbesondere soll der Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung auf befristete Arbeitsverhältnisse ausgedehnt und die Karenzfrist aufgehoben werden. Die Details gilt es zu regeln.

Hinsichtlich dem Geschäftsmietegesetz geht es darum, dass der Bundesrat zwar festhielt, dass ein Eingriff in die privatrechtlichen Beziehungen zwischen Mietern und Vermietern zu vermeiden sei, der Nationalrat aber trotzdem – auch entgegen der vorberatenden Rechtskommission - auf das Vorhaben einging. Die ständerätliche Kommission will nicht darauf eingehen. Da sind also weitere Debatten nötig.

Debatte um die Mehrwertsteuer

Im Ständerat stehen zudem aufsehenerregende tourismusrelevante Geschäfte auf dem Programm. Unter anderem behandelt die kleine Kammer zwei Motionen, welche Anpassungen im Bereich der Mehrwertsteuer verlangen. Eine Motion des Berner SP-Ständeratspräsidenten Hans Stöckli, bereits im Dezember 2018 eingereicht, verlangt Folgendes: Der Bundesrat wird beauftragt, die Bundesgesetzgebung dahingehend anzupassen, dass ausländische Tour Operators (TO) wie bis anhin auf dem in der Schweiz erwirtschafteten Umsatz, nicht auf dem gesamten, besteuert werden. Hintergrund ist eine 2018 in Kraft getretene Änderung der Mehrwertsteuerverordnung in Sachen Besteuerung ausländischer Unternehmen. Ausländische TO, die Schweizer Leistungen (Übernachtung, Gastronomie, Transport) einkaufen, waren zuvor nicht obligatorisch steuerpflichtig und zum Teil nicht registriert (ohne dass dies Stöckli zufolge zu Missbrauch geführt habe), mussten aber ab 2018 administratorische Hürden auf sich nehmen. Das hatte zur Folge, dass sich TO, die in der Schweiz einen kleinen Umsatz erzielen, aus der Schweiz zurückzogen, weil Steuern und Regulierungskosten die Marge überschritten. Dadurch entstanden Einbussen für die Schweizer Tourismuswirtschaft im Umfang von etwa 60 Millionen Franken pro Jahr, welche ihrerseits Steuerausfälle in der Höhe von etwa 10 Millionen pro Jahr nach sich ziehen. Stöckli verlangt deshalb eine Rückkehr zur alten Regelung: Eine allfällige Marge, die ausländische TO (ohne Präsenz in der Schweiz) auf dem Verkauf oder Weiterverkauf einer Leistung (Hotel, Restaurant, Transport usw.) erzielen, hat nichts mit einer Wertschöpfung in der Schweiz zu tun. Wenn sie eine solche erzielen, hat das z. B. mit Marketingbemühungen im Ausland zu tun und sollte deshalb nicht mit der Schweizer Mehrwertsteuer belastet sein.

Der Schweizer Tourismus-Verband (STV) unterstützt das Vorhaben. Durch die vorgeschlagene Anpassung werde der administrative Aufwand für ausländische TO gesenkt und der Tourismusstandort Schweiz werde gestärkt. Ausländische Reiseanbieter, die touristische Dienstleistungen (Übernachtung, Gastronomie, Transport) in der Schweiz anbieten, leisten laut STV wichtige Wertschöpfungsbeiträge. Der Grossteil von Reisebüro-Buchungen für Schweiz-Ferien wird durch ausländische, nicht durch inländische Unternehmen generiert. Deswegen verursacht die vorgeschlagene Gesetzesänderung nur sehr bedingt eine Ungleichbehandlung in- und ausländischer Reisebüros.

Der Bundesrat empfiehlt aber die Ablehnung der Motion: Das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel bei der Revision sei die Gleichbehandlung in- und ausländischer Unternehmen gewesen. Bis Ende 2017 wurden ausländische TO, die ausschliesslich Leistungspackages im Inland erbrachten, nicht in das Mehrwertsteuerregister eingetragen und hatten somit einen Vorteil gegenüber inländischen TO, da sie in der Schweiz keine Mehrwertsteuer abrechnen mussten. Seit 2018 werden nun auch die ausländischen TO ins Mehrwertsteuerregister eingetragen und damit den inländischen TO gleichgestellt. Beziehen sie in der Schweiz beispielsweise bei Hotels, Restaurants und Transportunternehmen Leistungen, die sie ihrer in- oder ausländischen Kundschaft weiterverkaufen, haben sie diese Leistungen zu versteuern. Weiterhin nicht der Schweizer Mehrwertsteuer unterliegen die Eigenleistungen der ausländischen TO wie das Einholen von Visa oder die Reiseleitertätigkeit, da diese Leistungen als im Ausland erbracht gelten.

Das Mehrwertsteuergesetz verlangt für ausländische steuerpflichtige Unternehmen eine Steuervertretung mit Sitz im Inland. Diese muss aber nicht eine Treuhandgesellschaft, ein Anwalt oder eine Angehörige einer bestimmten Berufsgruppe sein. Auch ist einmalig eine Sicherheitsleistung zu hinterlegen. Seit dem 1. August 2017 beträgt diese 3 Prozent des erwarteten steuerbaren Inlandumsatzes, mindestens aber 2000 Franken. Ausländische TO, die Reisen mit Stationen im In- und Ausland anbieten, können seit 2018 von der Kombinationsregelung (70/30-Prozent-Regel) profitieren, die zuvor für In- und Ausland-Kombinationen ausgeschlossen war. Werden also innerhalb einer Leistungskombination Leistungen zu mindestens 70 Prozent im Ausland erbracht, kann die Leistungskombination in der Abrechnung mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung als Auslandleistung behandelt werden. Damit ist keine Steuer auf dem Umsatz geschuldet, die Vorsteuer kann aber gleichwohl in Abzug gebracht werden. Für ausländische TO, die derartige Leistungskombinationen erbringen, bedeute dies eine steuerliche Verbesserung im Verhältnis zur Regelung vor Inkrafttreten der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes.

Längere Entbindung von der Überschuldungsanzeige?

Ebenfalls interessant dürfte eine Motion von CVP-Ständerat Erich Ettlin sein. Dieser fordert, dass die in der Covid19-Verordnung zum Insolvenzrecht für 6 Monate befristete Entbindung von der Pflicht zur Überschuldungsanzeige bis 31. Dezember 2021 ausgedehnt wird. Dies, weil die Frist von sechs Monaten nach Beendigung der Massnahmen zu Covid19 zu kurz für eine Beseitigung der Überschuldung sei. «Aufgrund der weitgehenden Umsatzausfälle durch die vom Bund verordneten Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, werden die Verluste im Geschäftsjahr 2020 erheblich ausfallen», argumentiert der Motionär, «Betriebsgesellschaften mit einer in der Regel tiefen Eigenkapitalbasis geraten dadurch in die Überschuldungsfalle.» Der Bundesrat stellt sich auf den Standpunkt, dass es den Schutz der Gläubiger sicherzustellen gilt und Einschränkungen desselbigen gerade auch in zeitlicher Hinsicht verhältnismässig bleiben müssen. Aus diesen Gründen lehnt er die Motion ab.

Der STV unterstützt auch hier die Motion. Viele touristische Betriebe haben ein Bilanzbild, welches auf der Aktiv-Seite nebst dem Umlaufvermögen nur geringe Anlagewerte aufweist. Mit den Covid-Krediten des Bundes wurden diejenigen Kosten abgedeckt, die durch den abrupten Lockdown nicht analog zum Umsatzeinbruch reduziert werden konnten. Damit sichern die Covid-Kredite zwar die Liquidität, verhindern aber nicht die Überschuldung, wenn die Eigenkapitalreserven nicht genügend gross sind.

(JCR)