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Nationalrätin Regula Rytz (ganz rechts 2.v.o.) im Mediencall der Verbände aus den Reise-, Event- und Schaustellerbranchen. Ebenfalls erkennbar: SRV-Präsident Max E. Katz (zuobert 2.v.r.), André Lüthi (Globetrotter, oben rechts), der frühere Wigra-Leiter Daniel Wyss (2.v.l. unten) sowie Ihr Travelnews-Vertreter (2.v.l., zweitunterste Reihe). Bild: Screenshot TN

«Die Kantone müssen jetzt Mut zeigen und à-fonds-perdu-Beiträge sprechen»

Jean-Claude Raemy

Grünen-Nationalrätin Regula Rytz hat den politischen Prozess im bevorstehenden Kampf um die Härtefallmassnahmen mit klaren Worten umschrieben. Klar ist: Es braucht weiterhin Druck von allen Seiten, damit Hilfe in zeitlich vernünftigem Rahmen kommt.

Bei der gemeinsamen Online-Medienkonferenz der Reise-, Event- und Schaustellerbranchen von heute Morgen gaben mehrere Persönlichkeiten dieser Branchen bzw. von deren Verbänden – für die Reisebranche gehörten SRV-Präsident Max E. Katz sowie Globetrotter-CEO André Lüthi zu den Rednern – ihren Ansichten Ausdruck, wonach den Unternehmen ihrer jeweiligen Branchen das Wasser bis zum Hals oder schon darüber stehe. Kernpunkt des Branchen-Schulterschlusses war die Erkenntnis, dass die Härtefall-Regelung im Covid19-Gesetz, an sich ein geschätzter «Rettungsanker» für viele Unternehmen, viel zu schleppend umgesetzt wird. Insbesondere der Schweizer Föderalismus, also der Einbezug der Kantone in die entsprechende Ausarbeitung, wurde hierbei als Hemmschuh für eine schnellere und vor allem einheitliche Regelung portraitiert.

Interessant war diesbezüglich ein am Ende des Anlasses vorgebrachtes Votum von Nationalrätin Regula Rytz (Grünes Bündnis/ Mitglied der Wirtschaftskommission des Nationalrates), die als Zuhörerin am Call teilnahm. Sie erklärte zum weiteren Vorgehen in Bundes-Bern nämlich Folgendes: «Diese engagierten Voten bestärken uns in der Politik, parteiübergreifend an Lösungen zu arbeiten. Am kommenden Dienstag [17. November, Anm.d.Red.] werden wir im Parlament ein Hearing zur Härtefall-Verordnung haben und sind froh um die klare Positionierung der Verbände. Falls wir wollen, dass der Bund in den Lead geht und mehr Verantwortung übernimmt für die Finanzierung dieser Härtefall-Regelung und dass es mehr Wettbewerbsgleichheit zwischen den Kantonen gibt, ist es dann sehr wichtig, dass das Parlament in der Dezember-Session das Angebot des Bundesrats aufnimmt, das Gesetz in einem dringlichen Verfahren in beiden Räten gleichzeitig noch abzuändern und zu verbessern. Man müsste also das Gesetz anpassen, und das ist eine sehr grosse Aufgabe, die vor uns ist. Ich will sie deshalb bitten, mit allen Parteien Kontakt aufzunehmen, damit wir das schaffen.»

Man sehe am Beispiel der Geschäftsmieten, wie schwierig und kontrovers konkrete Umsetzungen teils seien. Im Sommer sprach sich das Parlament noch für einen Mieterlass aus. Gerade heute hat aber die Rechtskommission des Ständerats sich dahingehend geäussert, dass für Geschäfte, die während des Lockdowns im Frühjahr schliessen mussten, keine Mieterlasse gewährt werden sollen. Die vorberatende Kommission des Ständerats schliesst sich ihrer Schwesterkommission an und empfiehlt, nicht auf das Geschäft einzutreten. Hier dürfte es also nichts geben.

Druck auf Kantone und den Bund ausüben

Die Empfehlung von Rytz ist demzufolge, weiterhin politischen Druck zu machen, damit das Tempo eingeschlagen werden kann, welches nötig ist, um die vorgebrachten Anliegen der Verbände bzw. derer Unternehmen durchzubringen. Die Rede ist also davon, dass im Dezember das Gesetz so abgeändert werden kann, dass der Bund mehr finanzielle Verantwortung übernimmt, während aber eine Regelung im Prinzip schon am 1. Dezember stehen sollte.

Geht das? Theoretisch schon. Ob 2020 noch Geld gesprochen werden kann, liegt nun vorläufig noch im Ermessen der Kantone, wie an der Herbstsession beschlossen. Dazu Rytz: «Es war aus meiner Sicht ein Fehler, die Kantone in den Lead zu nehmen. Ich weiss, dass viele Unternehmen bereits Kontakt zu den Volkswirtschaftsdirektionen der Kantone aufgenommen haben, dort muss man auch weiter aktiv sein. Die Kantone müssen jetzt Mut zeigen und à-fonds-perdu-Beiträge sprechen, sonst reicht es nicht mehr für viele Unternehmen. Dafür müssen die Kantone ins Risiko gehen und hoffen, dass dies dann nachträglich vom Bund abgegolten wird.»

Kurz: Die Kantone müssen den ersten Schritt machen, sonst gibt es 2020 keine Hilfe mehr. Ob der Bund dann mitzieht und nachgelagert mehr Geld spricht, steht nun noch in den Sternen bzw. braucht im Dezember eine dringliche Gesetzesänderung.

Dass der Bund durchaus gewillt ist, mehr Geld zu sprechen, sickert inzwischen aber langsam aus den Berner Wandelhallen heraus. «CH Media» liess heute morgen über seine Kanäle verbreiten, dass der Bund gewillt sei, weit über eine Milliarde Franken zu sprechen. Im Rahmen des Calls wurde mal von SRV-Präsident Max E. Katz die Zahl von 1,2 Milliarden Franken für die Härtefallbranchen genannt. Diese Bereitschaft des Bundes ist zumindest ein Hoffnungsschimmer für viele KMU – aber noch keine Gewissheit. Bundesrat Ueli Maurer hatte sich bislang eher kritisch gezeigt und argumentiert, dass die Gefahr bestehe, Geld in ohnehin nicht überlebensfähige Firmen zu stecken. Ebenso ist die genaue Aufteilung zwischen Bund und Kantonen weiterhin unklar. Und während der Kanton Zürich heute ein neues Corona-Hilfspaket spricht, drücken andere Kantone noch auf die Bremse.

Eben: Es braucht weiterhin den - durchaus gerechtfertigten - Druck, damit es gut kommt. Möglicherweise aber auch nochmals eine Portion Geduld. Den kompletten Videomitschnitt zur Medienorientierung von heute morgen, mitsamt dem Votum von Regula Rytz (ab Minute 45:40), gibt es unter diesem Link.