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Das Wetter wird immer schlechter, doch im Gegensatz zu anderen Jahren zieht es aktuell nur wenige Schweizer an die Sonne - wehalb auch für die Reisebranche vorerst mal Schlechtwetterstimmung herrscht. Bild: AdobeStock

Dieses Wintergeschäft kann man vergessen

Bei den Reisebüros herrscht in Sachen Wintergeschäft weitgehend Flaute. Wenige Ziele sind offen, jedoch nur solche, für die es grössere Budgets braucht. Wir haben uns zur aktuellen Lage bei einigen unabhängigen Reisebüros umgehört.

Das Ende der ungeliebten Risikoländerliste des Bundesamt für Gesundheit korrelierte mit einer «Zweiten Welle» an Corona-Infektionen in der Schweiz sowie europaweit. Nachbarländer im Quasi-Lockdown, unwillkommene bzw. einer Quarantänepflicht unterliegende Schweizer, sowie zahllose abgesagte Events im In- und Ausland. Wo kann man als Reisebüro noch Geschäft machen? Wie präsentiert sich die aktuelle Lage?

Travelnews hat bei einigen Reisebüros nachgefragt und zumeist ernüchternde Antworten erhalten. Winterreisen werden nur sehr spärlich gebucht, und dann sehr kurzfristig, über den Winter hinaus bewegt man sich in planerisch nicht verlässlichem Territorium. Nachfolgend die Aussagen der befragten Reisebüros.

Christian Granwehr, Reisebüro Buchs AG, Buchs SG

«Die Anfragen sind da, aber unsere Kunden sind noch sehr vorsichtig. Es ist nicht so, dass unsere Kunden sich schon fixieren möchten für Reisen in den kommenden Monaten. Sie fragen eher nach, wie wir das als Reisebüro sehen, wenn sie gewisse Destinationen bereisen möchten und sich dafür interessieren. Diese Situation zeichnet sich sicher bei 90 Prozent unserer Kunden ab. Was wir aktuell viel haben, sind Anfragen von Leuten, welche normalerweise zu dieser Zeit nach Thailand reisen und dort für längere Zeit bleiben. Diese warten jetzt schon seit längerem darauf, dass sie wieder in Thailand einreisen können. Aktuell haben sie mit einem Longstay nun auch wieder die Möglichkeit dazu. Auch Leute, welche wieder zurück nach Hause nach Brasilien möchten, fragen uns an, da wir uns ja in diesem Drei-Länder-Eck befinden, wo es viele Brasilianer hat. Anfragen für den reinen Ferientourismus fallen aktuell spärlich aus.

Im Moment empfehlen wir nur Destinationen, die man auch wirklich ohne Beschränkungen bereisen kann, sofern der Kunde natürlich auch bereit ist, ein gewisses Budget freizugeben. Dazu gehören sicherlich die Seychellen. Aktuell haben wir auch Leute in Tansania. Die Kunden haben schon früh gebucht und die Reise konnte nun gottseidank auch durchgeführt werden. Es ist wunderschön dort und wir haben auch ein super Feedback erhalten. Südafrika wird in diesem Winter sicher auch ein Thema, sofern das Land offen bleibt und die Fallzahlen heruntergehen.

Im Moment ist es wirklich schwierig, die Kunden aktiv für Ferien zu begeistern. Wir haben das ganze Jahr über Kontakt mit unseren Klienten und sie fragen immer wieder, wie es aktuell aussieht mit dem Reisen. In den letzten Monaten haben wir immer wieder einen Schritt vorwärts und dann wieder zwei zurück gemacht. Es waren viele Erwartungen von unseren Kunden im Raum und schliesslich mussten wir sie wieder enttäuschen, weil es doch nicht ging um zu reisen aufgrund der Beschränkungen oder Quarantänemassnahmen. Deshalb raten wir im Moment auf Nummer sicher zu gehen, sodass sich die Reisebeschränkungen während der Reisezeit unserer Kunden nicht ändern werden.

Eine Planungssicherheit kann vermittelt werden, wenn die Tourismusminister eine einheitliche geltende Lösung finden können. Ich gehe aber davon aus, dass dies erst Anfang nächstes Jahr der Fall sein wird. In diversen Ländern hängen X-Millionen Arbeitsstellen am Tourismus und ich glaube, dass das Interesse genug gross sein dürfte, eine einheitliche Vorgehensweise zu finden, damit Kunden mit möglichst wenig Einschränkungen verreisen können. Dies könnte zum Beispiel ein obligatorischer Schnelltest sein, der bei jeder Reise zu machen ist. Aber abgesehen davon kann der Kunde die Ferien dann unbeschwert geniessen. Bei zu vielen Einschränkungen wird schlicht nicht gereist. Wenn die Tourismusminister einheitlich geltende Regelungen garantieren können, dann sind sicher auch viele Menschen wieder bereit zu reisen. Wir merken, dass es den Leuten unter den Fingernägeln brennt.»

Jasmin Willi, Willi Travel AG, Dübendorf ZH

«Seitdem die Quarantäneliste fast gänzlich aufgehoben wurde, verzeichnen wir wieder eine etwas grössere Nachfrage. Dies vor allem für Fernreisen, weil es in Europa momentan zu kalt ist. Beliebt sind die Malediven, Dominikanische Republik und Mexiko. Das sind die drei Destinationen, bei denen ich das Gefühl habe, dass man dort aktuell hinreisen kann. Wir verzeichnen auch Anfragen für die Seychellen, konkrete Buchungen wurden aber noch nicht getätigt, weil man bei der Ankunft zuerst fünf Tage in Quarantäne muss, bevor man die Anlage verlassen kann zusätzlich zum zweiten PCR-Test vor Ort. Viele Buchungen konnten wir in den letzten Tagen noch nicht abschliessen, aber immerhin erhielten wir Anfragen und durften Offerten verschicken. Ich selbst finde es selber schwierig zu entscheiden, ob man jetzt schon buchen sollte, wenn jemand im Februar verreisen möchte. Ich achte dann auf gute Annullationsbedingungen oder buche nur Pauschalreisen.

Wir versuchen derzeit nicht, unsere Kunden zum Verreisen zu animieren. Alle Anfragen die wir erhalten kommen von den Kunden selbst. Ab und zu publizieren wir ein Angebot auf unserem Instagram-Account. Über 20 Minuten Radio verlosen wir derzeit wöchentlich Gutscheine, aber nicht mit dem Gedanken, dass diese sofort eingelöst werden, sondern dann, wenn die Krise vielleicht im nächsten Jahr durchgestanden ist.

Ich glaube, mit flexiblen Annulationsbedingungen kann eine gewisse Planungssicherheit geschaffen werden. Aktuell eine Reise zu buchen, bei der 100 Prozent der Kosten verrechnet werden macht keinen Sinn. Es ist wichtig, dass die Touroperatoren flexible Stornobedingungen schaffen. Das ist in der jetzigen Zeit wichtiger denn je.»

Roly Petermann, Jet Reisen, Luzern

«Die Nachfrage ist aktuell nicht einmal auf Sparflamme. Sie ist wirklich sehr gering. Wenn Anfragen kommen dann für die Türkei, Südafrika und die Dominikanische Republik. Jedoch sind auch diese Anfragen sozusagen gleich Null. Ausserdem fragen Kunden sehr kurzfristig an, beispielsweise für übernächstes Wochenende. Auch fürs 2021 sieht es nicht gut aus in Moment. Unsere Auftragsbücher für kommendes Jahr fast leer. Eigentlich sollten die voll sein, wie in den vergangenen Jahren.

Um auf die Reisen aufmerksam zu machen, senden wir unseren gewöhnlichen Newsletter raus. Dieser wird auch angeschaut aber es passiert nicht viel, weil die Leute noch immer verunsichert sind. Ich verstehe dies ja auch irgendwo, aber das hilft uns nichts. Nach monatelanger Propaganda des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), nicht zu Reisen, ist es verständlich, dass dies bei den Leuten ankommt. Und wir in der Reisebranche haben jetzt das Fiasko.

Wir haben wirklich schlicht keine Planungssicherheit. Mal kann man hier nicht einreisen mal sind die Schweizer da nicht mehr willkommen. So wie Südafrika: Hier ist es auch ein hin und her. Wenn wir als Experten es nicht verstehen, wie soll dann der Kunde die Situation verstehen?»

Ueli Stocker, Reisebüro Tramax AG, Zug

«Zurzeit empfehlen wir unseren Kunden Madeira, die Kanarischen Inseln, das Rote Meer, Costa Rica, die Dominikanische Republik und die Malediven. Im Newsletter stellen wir unseren Kunden die möglichen Reiseziele dar, die klimatisch passen.

Aktuell geht es bei den Fragen des Kundes weniger ums Budget und die Ängste einer Infizierung, sondern vielmehr um die fehlende Planbarkeit. Was geschieht, wenn die Grenzen schliessen oder der Flug nicht geht? Wann zahlt die Versicherung? Wie komme ich innert 48 Std zu einem Corona Test? In solchen Fällen beraten wir optimistisch, vermitteln aber keine Planungssicherheit. Das ist weder möglich noch fair. Der Kunde wird von uns ehrlich informiert, aber er muss sich an den Restrisiken beteiligen.»

René Loosli, Loosli Reisen, Bern

«Aktuell kommen vielleicht 1-2 Personen pro Tag in unser Reisebüro, meist mit Fragen, leider selten mit konkreter Buchungsabsicht. Wenn etwas gebucht wird, dann meistens kurzfristig. Viele Möglichkeiten gibt es nun für den Winter kaum noch; wir verkaufen etwas Ägypten und verkauften bis vor Kurzem auch die Seychellen, doch die Situation dort ändert ja ab nächster Woche wieder, was Kunden abschreckt. Das Problem ist, dass es für geringe Budgets kaum frei bereisbare Ziele gibt, ausser vielleicht in Ägypten und der Türkei. Auf der Langstrecke empfehlen wir die Dominikanische Republik oder Mexiko. Die üblichen Jahresendreisen, also Silvesterkonzerte, Weihnachtsmärkte und dergleichen fallen alle ins Wasser.

Aktuell sieht es also sehr ruhig aus, aber wir haben das Gefühl, dass die Kunden in den Startblöcken sind. Man kann nur hoffen, dass sich die Infektionslage in der Schweiz wieder verbessert und dass bald ein Impfstoff vorhanden ist, sodass das Reisen wieder planbar wird. Vorläufig versuchen wir einfach noch etwas Schweiz-Ferien zu pushen, wobei es für klassische Winterprogramme im Schnee noch etwas früh ist.

Wir halten unser Reisebüro täglich von 9 bis 5 offen, das kann ich mir als Selbständiger erlauben und ich muss ja eh den Mietzins aussitzen. Das hat sich aber auch schon gelohnt. Ein Kunde hat immerhin für 3000 Franken spontan bei uns gebucht, nachdem er bei anderen Reisebüros vor geschlossenen Türen gestanden hatte. Es gab auch schon das Problem, dass eine Buchung fast nicht zustande kam, weil der Kunde sofort und kurzfristig - auf die Seychellen - buchen wollte, wir aber den Reiseveranstalter nicht erreichen konnten. Ich finde, man sollte schon versuchen, die wenigen Anfragen sofort aufnehmen zu können; mit geschlossenen Türen und nicht erreichbaren Unternehmen tun wir unserer Reisebranche auch keinen Gefallen.»


Letztere Bemerkung von Loosli trifft es auf den Kopf. Travelnews hat spontan angerufen. Leider kamen wir teils nicht durch. Beim Reisebüro Metro in Luzern, welches ab 10 Uhr geöffnet hat, ging der Telefonanruf ins Leere. Ein Anruf bei Cat Travel in Basel wurde um 09.30 Uhr abgenommen und es wurde ein Rückruf versprochen; als wir um 11.05 nachtelefonierten, kam ein Tonband mit der Ansage, dass das Reisebüro geschlossen sei (inzwischen hat sich das Reisebüro aber bei uns gemeldet).

Man darf dies vielleicht nicht überbewerten und es ist klar, dass es schwierig ist, Kurzarbeit und extrem wenig Nachfrage vernünftig unter einen Hut zu bringen. Aber in einer buchungskargen Zeit, in der viele kurzfristig und spontan buchen, geht doch so möglicherweise noch etwas Geschäft flöten? Food for thought.

(JCR/NWI/NIM)