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Birgit Sleegers, Geschäftsleiterin von Rhyner Travel in Glarus, möchte sich am 26. November 2020 in den SRV-Vorstand wählen lassen. Bild: HO

«Ich möchte die Stimme der Retailer stärker vertreten»

Jean-Claude Raemy

Birgit Sleegers (Rhyner Travel Glarus) hat offiziell ihre Kandidatur für einen Posten im Vorstand des Schweizer Reise-Verbands (SRV) angekündigt. Was treibt sie an und wer ist sie überhaupt? Wir haben nachgefragt.

Im Mai dieses Jahres trat Birgit Sleegers, Geschäftsführerin des Glarner Reisebüros Rhyner Travel, erstmals öffentlich in Erscheinung – als Co-Initiantin der «Aktion Mayday». Letztere hat seither viel bewegt und von sich reden gemacht; erst kürzlich gelang Sleegers ein besonderer Coup, als über ihren Kontakt zum Glarner BDP-Nationalrat Martin Landolt ein Treffen einer Delegation der Schweizer Reisebranche - bestehend aus ihr selber, Walter Kunz (Geschäftsführer Schweizer Reise-Verband/SRV) und Natalie Dové (Nussbaumer Reisen/Vorstandsmitglied SRV) - bei Bundesrat Alain Berset vorsprechen konnte. Dass dieses Gespräch Früchte trägt, wurde an der Bundesrats-Medienkonferenz vom 21. Oktober deutlich, in welcher Berset etwa erstmals öffentlich Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Enreise-Quarantänen äusserte, angesichts der Tatsache, dass die Schweiz aktuell eine viel höhere Inzidenz habe als manche der von der Schweiz mit einer Quarantänepflicht belegte Staaten.

Inzwischen ist auch durchgesickert, dass Birgit Sleegers für einen Vorstandsposten beim SRV kandidiert. Wir haben bei der umtriebigen Reisebürofrau nachgefragt, was sie zu diesem Schritt veranlasst hat.


Frau Sleegers, was hat Sie konkret dazu bewogen, für ein Amt als SRV-Vorstandsmitglied zu kandidieren?

Birgit Sleegers: Zur Kandidatur bewogen hat mich das Jahr 2020 und dabei vor allem ein Schlüsselmoment: In unserem Posteingang ist ein Mail mit dem Titel «Gescheitert» eingetroffen und ich sass da und habe mir gedacht: «Das darf doch nicht sein.» Wir müssen etwas tun, die Branche darf nicht untergehen. Ich habe dann umgehend meine politischen Kontakte aktiviert. Diese und andere Momente haben mir aufgezeigt, dass in unserer Branche einiges im Argen liegt und es viele Themen gibt, die in Zukunft angegangen werden müssen.

Ich bin eine junge Person, die noch lange im Arbeitsleben sein wird, und diese Zeit möchte ich in der Reisebranche verbringen. Jetzt während der Krise aufzugeben, ist für mich keine Option. Ich glaube immer noch daran, dass die Branche gestärkt aus der Krise hinaustreten kann, sofern denn die Hausaufgaben gemacht werden. Es braucht uns und ich möchte gerne dazu beisteuern, die Branche weiterzuentwickeln. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass die vielseitige Reisebürolandschaft bestehen bleibt und für die Zukunft gerüstet ist.

Welches sind denn aus Ihrer Sicht die aktuell wichtigsten Anliegen der Reisebranche, und wie würden Sie sich dafür im SRV einsetzen?

Für mich gibt es unterschiedliche Punkte. Zum einen sind da die aktuellen Herausforderungen zur Bewältigung der Krise, welche die Branche und somit auch den Verband noch eine längere Zeit beschäftigen werden. Ebenfalls dringend sollte das Pauschalreisegesetz angegangen werden, welches für viele absolut unbefriedigend ist. Zusätzlich gibt es die brancheninternen Herausforderungen, welche ebenfalls angegangen werden müssen. Auch ich vertrete die Meinung, dass die Branche einen Dachverband haben sollte, unter welchem die jetzt bestehenden Verbände und Gruppierungen vertreten sind. Wir müssen unsere Kräfte bündeln und gegen aussen mit einer starken Stimme vertreten sein.

Die Aktion Mayday, welche sie mitgegründet haben, vertritt die Ansicht, dass es jüngere Repräsentanten der Branche im SRV-Vorstand braucht, und vor allem auch mehr Frauen. Was bringen denn aus Ihrer Sicht «mehr Frauen und mehr Unabhängige» dem SRV-Vorstand konkret?

Ich finde es wichtig, dass ein Verband auch die Branche widerspiegelt. Dies ist im Vorstand momentan nicht der Fall. Es sollen alle Kräfte anteilsmässig vertreten sein und auch deren Ansprüche, Sorgen und Wünsche einbringen dürfen. Unsere Branche hat viele Jungunternehmer, einen hohen Frauenanteil und viele unabhängige Retailer. Diese müssen im Verband eine entsprechende Vertretung haben, denn sie haben andere Bedürfnisse oder Sorgen als die grossen Veranstalter.

Es gibt die Ansicht, dass die «Big 5» überrepräsentiert seien im SRV-Vorstand, etwa in Bezug auf die geleisteten Beiträge. Sehen Sie das auch so?

Das sehe ich absolut so. Die unabhängigen Retailer werden aktuell nur von Natalie Dové vertreten. Mit ihr bin ich bereits seit Anfang der Krise in Kontakt und sie versucht sich mit all ihren Möglichkeiten für die unabhängigen Reisebüros einzusetzen. Ich möchte sie gerne bei dieser Arbeit unterstützen und die Stimme der Retailer anteilsmässig stärker vertreten. Unsere Branche ist so vielseitig! Ich finde es schade, dass dies im Vorstand des SRV nicht genügend berücksichtigt wird.

«Ich sehe kein Problem, wenn ich mich sowohl im Verband wie auch bei Mayday engagiere.»

Die Aktion Mayday hat sich wiederholt kritisch gegenüber dem SRV geäussert. Werden Sie bei einer Wahl auch weiterhin Mitglied der Aktion Mayday bleiben?

Die Aktion Mayday ist, wie in der Öffentlichkeit bereits mehrfach betont, politisch unabhängig. Wir sind allesamt Mitglieder in den verschiedenen Verbänden und sehen uns dabei als Verbindung zwischen der Reisebüro-Basis und den Verbänden. Wir konkurrenzieren die Verbände nicht und wir haben auch bereits mehrfach eine Zusammenarbeit angeboten. Ich sehe kein Problem, wenn ich mich sowohl im Verband wie auch bei Mayday engagiere, da wir am Ende des Tages alle das Gleiche wollen. Wir wollen die Schweizer Reisebürolandschaft durch die Krise bringen und es ist daher wichtig, dass wir alle mit einer Stimme sprechen. Aber die Stimme muss auch von den unabhängigen Retailern kommen und die Bedürfnisse müssen ernst genommen werden.

Sollte es denn tatsächlich zu einer Kampfwahl kommen: Welches sind Ihre Argumente in Bezug auf Ihre Person und Ihre Fähigkeiten?

Ich bin jung, ich bin eine Frau und ich bin eine kreative Macherin. Ich sitze jeden Tag am Counter und kenne die Bedürfnisse der unabhängigen Reisebüros. Ich habe die Fähigkeit, Zusammenhänge schnell zu erfassen, bin kommunikativ, weltoffen und repräsentiere somit die Schweizer Reisebürolandschaft perfekt. Ich setze mich mit all meiner Kraft für die Reisebranche ein und ich würde mich freuen, dies auch in Zukunft im Rahmen der Verbandsarbeit tun zu dürfen.