Reiseanbieter

Hat das Hotelzimmer Stufen? Ist die Duschbrause erreichbar?

Gregor Waser

Procap Reisen ist das spezialisierteste Reisebüro der Schweiz. Die Zielgruppe: Menschen mit Behinderung.

Im vergangenen Dezember hat das Oltner Reisebüro, das der Schweizer Selbsthilfe- und Mitgliederorganisation Procap angehört, das 20-jährige Jubiläum gefeiert. Mittlerweile hat sich Procap Reisen nicht nur bei Behinderten und deren Angehörigen einen Namen gemacht, auch bei vielen Reisebüros, die ihre Kunden zu Procap vermitteln oder in Olten um Rat fragen.

Hat das Hotelzimmer eine Stufe zum Balkon? Ist die Duschbrause erreichbar? Sind die Ausflüge auf einer Kreuzfahrt für einen Rollstuhlfahrer geeignet? Ist das Hotel tolerant gegenüber verhaltensauffälligen Gästen? Der Fragenkatalog, den das sechsköpfige Team von Procap Reisen erreicht, ist sehr gross.

„Wir funktionieren wie jedes andere Reisebüro“, sagt Helena Bigler, Ressortleiterin Procap Reisen & Sport, „wir sind Mitglied beim SRV, im Garantiefonds, stehen im Kontakt mit den Touroperators und Airlines. Der Unterschied ist, dass der Aufwand einer Beratung zwei- bis viermal so gross ist“. Denn es stellen sich gleich mehrere Herausforderungen: Die barrierefreien Destinationen gilt es erst einmal zu finden und kennen. Dann tauchen unzählige Detailfragen auf, zur Abwicklung am Flughafen, bezüglich dem Transfer, im Hotel oder für den Ausflug.

Im Katalog von Procap Reisen figurieren Städtereisen, zahlreiche Badeferien, aber auch Fernreisen. Behindertenfreundlich seien die Mittelmeerländer aber nur in beschränktem Mass, sagt Helena Bigler, in Italien und Frankreich seien nur wenige Angebote zu finden, in anderen Ländern wie Kroatien sei es noch schwieriger. „Zwar verfügen viele Hotels über ein einzelnes rollstuhlfreundliches Zimmer, aber ist man mit einer Gruppe unterwegs, beschränkt sich das Angebot. Zwar gibt es auch im Ausland Reha-Zentren, die man buchen kann, die liegen aber meist abgelegen und entsprechen nicht dem Bedürfnis, Ferien am Meer zu machen."

Für acht Teilnehmer zwei Begleitpersonen

Dass sich bei Procap der Jahresumsatz mit 1,8 Millionen Franken in Grenzen hält, ist ein Indiz dafür, wie gross der Aufwand pro Dossier ist. Der Reisepreis ist grundsätzlich nicht höher. Was eine Reise verteuert, sind die Begleitpersonen und die Assistenz. „Für acht Teilnehmer benötigen wir in der Regel zwei Begleitpersonen und das schlägt sich auf den Reisepreis nieder“, erklärt Helena Bigler. Im Unterschied zur Feriendestination Schweiz, für die man auf Subventionen zählen kann, gibt es für Auslandreisen keine Unterstützung.

Ob Zerebralgelähmte, Blinde oder psychisch Behinderte, Procap vermittelt Reisen für jede Art der Behinderung. Und spricht man mit Helena Bigler über einzelne Reisen wird schnell klar: da ist viel Vorwissen gefragt, auch mal eine Rekognoszierung vor Ort, dann sind vor allem auch Begleitpersonen benötigt, die an der Destination den Weg ebnen können.

Und auf einen Wunsch Richtung Ferienindustrie angesprochen, sagt Helena Bigler: „Mittlerweile werden wir immerhin ernst genommen. Vor zehn Jahren hatte ich oft noch das Gefühl, wenn wir mit der Reisebranche im Kontakt standen, dass die Leute dachten, dass wir selber einen Zacken weg haben. Das ist heute schon anders. Ich wünschte mir aber noch mehr Engagement bei Sozialthemen.“ Ihr sei klar, Auslandreisen seien kein Menschenrecht und man könne auch keine Spenden generieren. „Aber auf Unterstützung der Reiseindustrie sind wir angewiesen, sei es auch nur schon beim Support einer Reko-Tour“.