Reiseanbieter

Die gediegene Travel Lounge von TCTT im Zürcher Seefeld kann auch als Popup-Shop gemietet werden. Bild: TN

Die neuen Geschäftsideen der Reisebüros

Gregor Waser

Däumchen drehen ist nicht die Sache von Reiseprofis. Einige Reisebüros haben in der aktuellen Krise alternative Tätigkeiten aufgenommen und neue Einnahmequellen erschlossen. Wir präsentieren einige Ideen.

In den Schweizer Reisebüros läuft in diesen Wochen weiterhin nichts bis gar nichts. Viele Büros haben ihre Öffnungszeiten stark limitiert, die meisten Angestellten stehen noch in Kurzarbeit. Das bange Warten auf das Verschwinden der Pandemie prägt den Alltag.

Doch Däumchen drehen und gebannt auf die Eingangstüre starren, ob die sich eventuell doch plötzlich öffnet, scheint nicht jedermanns Ding zu sein. Hört und blickt man sich in der Reisebüro-Szene um, fallen einige innovative Ideen auf, was in dieser schwierigen Zeit sonst noch anzustellen ist. Schliesslich besteht die DNA vieler Reiseprofis aus Enthusiasmus und Ideenreichtum. Und viele sind schlicht auch aus wirtschaftlichen Nöten gezwungen, temporäre Geschäfsmodelle zu finden, die einige Franken in die Kasse spülen.

Seit einigen Jahren mit einer top Lage wartet TCTT auf. Der von Dawa Sigrist gegründete Zugreise- und Himalaya-Spezialist ist im Zürcher Seefeld angesiedelt, unmittelbar bei der Tramhaltestelle Höschgasse. Die aktuelle Phase nutzt TCTT nun auch für andere Tätigkeiten. Dawa Sigrists Gattin Annette hat kidscarpets.ch aufgebaut. Die Idee ist die, dass anhand von Kinderzeichnungen mittels tibetischer Knüpfkunst hochwertige Teppiche hergestellt werden. Zur Präsentation der Idee nutzt Kidcarpets nun einen Teil der Reisebüro-Räumlichkeiten. Weiter steht das TCTT-Team mit möglichen Interessenten im Kontakt, die stylishe Location auch als Popup-Store nutzen zu können – denn das geräumige Reisebüro erlaubt eine Unterteilung. So könnte das Team im hinteren Teil – samt separatem Eingang – weiterhin der Reisebüro-Tätigkeit nachgehen und der vordere mit Schaufenstern versehene Teil würde temporär vermietet.

«Das Business wird zurückkommen», sagt Dominic Eckert von Dreamtime Travel in Baden, «2021 müssen wir aber noch durchstehen mit Kurzarbeit und alternativen Aufgaben.» Mit dem Umzug vor einem Jahr in eine Industrie-Loft verfügt nun Dreamtime Travel über einen unerwarteten Joker. «Wir planen unsere Location auch für Events einzusetzen», verrät Eckert. Er denkt dabei etwa an Degustationen. Den grossen finanziellen Reibach erwartet er zwar nicht. Aber Eckert will die Krise mit gesamten Team überstehen und ist froh mit neuen Ideen wie den Events sein Team einzuspannen und im Kontakt mit den Stammkunden zu bleiben.

Kunden an der Stange halten oder gar Neukunden zu gewinnen, lautet auch die Devise von Reiseunternehmer Marcel Gsell, der neben Sunshine Reisen auch bei Avideas Reisen in Gossau beteiligt ist. Nachdem am Mittwoch die Fair-Generalversammlung in den Avideas-Räumlichkeiten über die Bühne ging – samt den Vorträgen einiger Gastreferenten –, hat Gsell nun auf das vergangene Wochenende hin kurzerhand eine Reisemesse durchgeführt, angereichert mit der im gleichen Gebäude angesiedelten Harley-Davidson-Vertretung.

Steuererklärungen, Second-Hand-Schuhe, Forellen

Die Corona-Zeit wird auch andersweitig genutzt. Aus Solothurn ist zu erfahren, dass sich die Mitarbeitenden bei El Travel temporär ebenfalls nach anderen Tätigkeiten umgesehen haben. Eine Mitarbeiterin arbeitet vorübergehend in einem Restaurant. Eine zweite widmet sich einem Second-Hand-Schuhgeschäft.

Der Blick an ein Reisebüro-Schaufenster an der Zürcher Birmensdorferstrasse zeigt weitere Ideen alternativer Tätigkeiten. Dani Reisen hat sich neben dem derzeit harzenden Verkauf von Flugreisen und Pauschalreisen weitere Standbeine aufgebaut. Ab 60 Franken werden Steuererklärungen ausgefüllt, auch Mobile-Abos werden angepriesen.

Und der Blick über die Grenze nach Deutschland verdeutlicht ebenso den Innovationsgeist von Reisebüro-Inhabern. Wie das Reisebüro-Magazin «Travel Talk» schreibt, verkauft das TUI Reise Center im bayerischen Gröbenzell derzeit Fisch. Jeden zweiten Freitag bietet das Reisebüro Forellen und Saiblinge an. Bis Dienstag müssen Kunden die Bestellungen abgeben, am Donnerstag fährt der Reisebüro-Chef an den Tegernsee und holt den frischen Fisch ab.

Dann gibt es aber auch noch diesen Zeitvertreib: bei Travel Worldwide im Zürcher Oberdorf sind die Fenster seit einigen Wochen blitzblank geputzt. Die buchungslosen Monate erlauben einem Reisebüro-Team eben auch mal, schon lang anstehende Putzarbeiten durchzuführen.


Kennen Sie weitere innovative Ideen von Reisebüros, die in dieser Corona-Zeit einen Zusatzverdienst erzielen oder andersweitig verblüffen? Danke für Ihre Ideen an redaktion@travelnews.ch oder via Social Media. Wir freuen uns, die alternativen Tätigkeiten publik zu machen.