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Hätte der Konkurs von STA Travel anders ablaufen können? Zwischen dem Reiseveranstalter und dem Trade gehen die Meinungen auseinander. Bild: diethelmkeller.com

STA Travel: «Einen geordneten Konkurs gibt es leider nicht»

Hätte der Reiseveranstalter sein Geschäft nicht besser abwickeln können? Offenbar stehen zahlreiche Kunden mit Forderungen an und wissen nicht wie weiter. Bei STA Travel sagt man, es sei nicht anders gegangen.

Am 20. August meldete die STA Travel Holding in Zürich Insolvenz an - die Schweizer Ländergesellschaft mit bis dahin 12 Filialen wurde zwei Wochen später, am 3. September, als insolvent angemeldet. In der Schweiz waren rund 40 Arbeitsstellen betroffen, weltweit rund 1500.

So weit die Fakten. In Corona-Zeiten sind Pleitemeldungen, auch von Traditionsunternehmen, nicht mehr so überraschend. Dennoch schwebt ein Vorwurf in der Luft: Zahlreiche Kunden, die noch STA-Arrangements hatten, wurden hängen gelassen. Die Websites sämtlicher STA-Ländergesellschaften sind längst offline, die Reisebüros verwaist, es ist unmöglich, irgend jemanden zu erreichen. Deshalb suchen viele Kunden Hilfe bei anderen Reiseunternehmen. Und Travelnews weiss, dass der Fall STA Travel auch den Garantiefonds der Schweizer Reisebranche intensiv beschäftigt. In vielen Fällen bezahlt der Garantiefonds allerdings nicht, da Kunden oder Reisebüros von STA Travel nur Einzelleistungen eingekauft hatten. So oder so: Es ist Schaden bei Kunden, beim Vertrieb und auch bei den (Schweizer) Mitarbeitenden entstanden.

Die grosse Frage im Raum lautet demnach: Wieso konnte STA Travel keinen «geordneten Konkurs» durchführen, bei welchem frühzeitig ein Datum bekannt gegeben wurde, per wann Reisen nicht mehr möglich sind, bzw. ein Datum, ab welchem keine Buchungen mehr entgegengenommen werden? Und hätte nicht die Dachgesellschaft finanziell so lange einspringen können, um einen solchen geordneten Konkurs über die Bühne zu bringen? Musste die Insolvenz so abrupt verkündet und umgesetzt werden?

Darauf angesprochen, erklärt Ilona Ausprung, Sprecherin der Diethelm Keller Management Ltd.: «Das Geschäft von STA Travel lief gut, bis COVID19 die Branche sehr unerwartet und substanziell traf. Im Frühjahr 2020 waren die Implikationen der globalen Pandemie nicht absehbar; keiner wusste, wie lange diese Krise dauern wird, wo und wie Lockdowns beschlossen würden, welche Auswirkungen COVID19 auf welche Branche haben könnte, wie die Pandemie auf politischer Ebene gemanagt wird und welche Branchen Staatshilfen erhalten. Seien Sie versichert, dass bei STA Travel kein Stein auf dem anderen blieb und wir einschneidende Massnahmen dezidiert umgesetzt haben, um einen nachhaltigen Betrieb über die Krise hinaus sicherzustellen.»

Mit anderen Worten: STA Travel glaubt lange daran, rauskommen zu können. Die Geschäftsprognosen mit steigenden Umsätzen im Juli/August waren laut Ausprung «vielversprechend», doch dann führte die zweite Welle zu weiteren Lockdowns, etwa in den für STA Travel wesentlichen Märkten Australien und Neuseeland, und die internationale Reisebranche kam erneut fast komplett zum Erliegen. «In solch einer völlig unerwarteten Krise war es nicht mehr möglich, den Betrieb weiter zu führen und der Gang in den Konkurs war unvermeidlich», schliesst Ausprung, «einen geordneten Konkurs gibt es nicht, leider.»

Die Frage, ob denn die schwerreiche Diethelm Keller Holding nicht hätte helfen können, wird nicht beantwortet. Die STA Travel Group gehörte zur DK Travel Holding AG, welche zu 85% der Diethelm Keller Group gehört. Mit der börsennotierten DKSH, die hie und da ins Feld geführt wird bei dieser Vorwurfsäusserung, hat STA Travel jedenfalls nichts zu tun.

(JCR)