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Willi Dünnenberger beschreibt die aktuelle Stimmungslage in der Bevölkerung von Ecuador als bedrückt. Bild: zVg

«Es gibt bisher kaum Pläne, um dem Tourismus wieder auf die Beine zu helfen»

Nina Wild

Willi Dünnenberger lebt seit mehr als einem Vierteljahrhundert in Ecuador und betreibt dort seine eigene Incoming-Agentur «Positiv Turismo». Travelnews hat nachgefragt, welche Auswirkungen die Pandemie auf sein Unternehmen hat, welche Rolle der Staat beim Tourismus-Restart übernimmt und wie die Situation vor Ort ist.

Das südamerikanische Land Ecuador hat seine Grenzen bereits seit Juni wieder geöffnet. Für die Einreise von ausländischen Gästen war aber lange Zeit eine 14-tägige Quarantäne nach der Ankunft notwendig. Vor einigen Tagen hat die Regierung jedoch beschlossen, dass nun ein negativer PCR-Test, der nicht älter als 10 Tage ist, für das Passieren der Landesgrenzen genügt und Reisende somit nicht mehr in Selbstisolation gehen müssen. Aktuell ist das Land auch nicht auf der Quarantäne-Liste des BAG.

Hier gilt es jedoch anzumerken, dass die Fallzahlen in Ecuador wieder gestiegen sind und mit 100 Ansteckungen pro 100'000 Einwohnern in den letzten 14 Tagen den Grenzwert vom BAG (dieser liegt bei 60) klar überschritten haben. Das Land könnte also jeden Moment auf die Liste kommen. Travelnews hat beim Auslandschweizer Willi Dünnenberger, der in Ecuador seit mehr als 25 Jahren seine eigene Incoming-Agentur «Positiv Turismo» betreibt, nach der Situation vor Ort gefragt.


Herr Dünnenberger, wie sieht die Lage in Ecuador bezüglich Coronavirus-Infektionen aus?

Willi Dünnenberger: Die Fälle sind immer noch leicht am Steigen. Offiziell haben wir fast 130'000 Fälle, doch ist die richtige Anzahl wohl um einiges höher. Leider gab es doch etwa 10'000 Tote zu beklagen, doch ist diese Anzahl wohl eher um die 30'000, da im Vergleich zum Vorjahr bedeutend mehr Tote im gleichen Zeitraum registriert wurden. In Guayaquil hatten wir das Virus ja zuerst, dort ist seit gestern der Autoverkehr generell wieder erlaubt, mit Maske. In Quito können wir nur drei Mal pro Woche ohne Sonderbewilligung zirkulieren plus seit letzten Sonntag wieder alle Autonummern. Versammlungen sind weiterhin verboten, Bars und Restaurants ohne Sicherheitsmassnahmen ebenfalls.

Ecuador hat die Grenzen bereits per 1. Juni wieder für ausländische Gäste geöffnet - wie verhält sich der Tourismus im Land?

Der nationale Tourismus fängt sich langsam wieder an zu bewegen. Da der nationale Busverkehr lange gesperrt war, gab es wenig Tourismus im Lande. Seit zwei Wochen ist der Busverkehr in den meisten Regionen wieder geöffnet, sofern der Kanton nicht noch auf der roten Ampel steht, was nur noch bei wenigen Regionen der Fall ist. Galapagos war lange gesperrt und wir haben erst seit September wieder Touristen, vor allem nationale, auf wenigen Booten. Der Flugverkehr dorthin ist nach wie vor eingeschränkt, da die nationale Fluglinie Tame in Konkurs gegangen ist und die beiden anderen Fluglinien Avianca und Latam in den USA um Stundung nachgesucht haben. Ausländische Touristen sieht man nach wie vor kaum, da auch die Flüge in den Dschungel ausgesetzt wurden. Der Incoming-Tourismusbetrieb ist nach wie vor fast hundertprozentig stillgelegt.

«Viele Restaurants, zirka 40 grössere Hotels und einige Tourismusbetriebe mussten schliessen.»

Wie ist die allgemeine Stimmungslage in der Bevölkerung und bei den touristischen Betrieben?

Die Stimmungslage in der Bevölkerung ist bedrückt, da das Virus nicht nur viele Betriebe zum Schliessen brachte, und damit die Einkommen von vielen Familien zerstört hat. Die ganze Wirtschaftslage ist wegen der grossen Auslands-Verschuldung und der noch zunehmenden Korruption schlecht. Der Staat lebt fast nur von Auslandskrediten vom IMF, von der Weltbank und den Chinesen. Der Tourismus liegt am Boden, leider gibt es vom Staat keinerlei Kredite, da kein Geld vorhanden ist. Viele Restaurants, zirka 40 grössere Hotels und einige Tourismusbetriebe mussten schliessen.

Auch der Flugverkehr nach Ecuador war mehrere Monate ausgesetzt und der Reiseverkehr stillgelegt - welche Auswirkungen hatte dies auf Ihr Unternehmen?

Sagen wir, wie es ist: katastrophale Auswirkungen für alle. Wir haben seit Mitte März keine Touristen mehr, absolut keine. Ich konnte die Firma über Wasser halten, da die Mitarbeiter nur 50 Prozent von ihrem Lohn kriegen seit Juni und für den IESS (AHV) ab Juli auch nur noch die Hälfte bezahlt werden musste. Deshalb arbeiten wir nur zwei Tage pro Woche im Büro und machen noch etwas Heimarbeit. Im Moment habe ich bis Ende Jahr eventuell noch zwei Touristen im November, sonst wurde alles abgesagt und einiges wurde auf 2021 verschoben.

Wie sehen die Pläne der Regierung aus, um den Tourismus wieder anzukurbeln?

Da die Regierung kein Geld hat, gibt es bisher auch kaum Pläne, um dem Tourismus wieder auf die Beine zu helfen. Es liegt alles an der Privatwirtschaft, sich wieder aufzurappeln…

«Ich habe bis Ende Jahr eventuell noch zwei Touristen im November.»

Wie sieht es aktuell mit Flugverbindungen ab der Schweiz aus?

Soviel ich weiss, gibt es vier Flüge pro Woche von KLM, und Iberia hat einen sehr eingeschränkten Flugbetrieb mit ebenfalls vier Flügen wöchentlich wieder aufgenommen. Man kann ins Land einreisen mit einem gültigen RT-PCR-Test, der nicht älter als zehn Tage sein darf. Für eine Einreise nach Galapagos darf das PCR-Examen nicht älter als 96 Stunden sein. Natürlich können sich diese Bestimmungen laufend ändern.

Sind Sie zwischenzeitlich auch einmal in die Schweiz zurückgekehrt?

Ich war im Januar/Februar noch in der Schweiz, nicht wie sonst im März wegen der ITB, die ja dieses Jahr nicht stattfinden konnte.

Was sind Ihre Hoffnungen für die Zukunft?

Am 7. Februar 2021 gibt es Wahlen für eine neue Regierung und im März gibt es die eigentlichen Präsidentschaftswahlen zwischen den beiden Gewinnern aus der ersten Wahl. Vorher wird sich kaum etwas Grosses tun, und es ist zu hoffen, dass nach 12-jähriger Misswirtschaft und Korruption eine andere Regierungspartei an die Macht kommen wird. Doch wie viele Male hatten wir schon diese Hoffnung?

Es wäre von grossem Wert und hilfreich, eine internationale Förderung des Landes zu haben und aufrechtzuerhalten, aber dafür werden wirtschaftliche Ressourcen benötigt.

In der Zwischenzeit teilen wir ein Sonderangebot für Galapagos über Weihnachten oder Neujahr: Der Segelkatamaran Nemo III bietet zwei sehr interessante Routen an während diesen Daten. Wir wissen, dass die Situation bei euch wie fast weltweit sehr schwierig ist, doch hoffen wir, dass sich die Sicherheitslage bis dahin verbessert und eine solche Reise machbar werden lässt.