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An der Ständeratsitzung am 16. September in Bern wurde entschieden, dass Selbständige Erwerbsersatz erhalten. Bild: siwss-images

Wer ist genau ein Härtefall?

Coronageplagte Selbstständige sollen auch nach Ablauf der Notverordnungen unterstützt werden. Dieser Meinung ist das Parlament. Um die Details der Finanzhilfen ist das Seilziehen noch im Gang.

Der Nationalrat hat am gestrigen Donnerstag das Covid19-Gesetz ein drittes Mal beraten. Es bestehen nur noch wenige inhaltliche Differenzen zum Ständerat. Deshalb standen insbesondere Präzisierungen der massgebenden Artikel im Zentrum der kurzen Debatte.

Fest steht: Wer durch die Corona-Krise nur eingeschränkt arbeiten kann, soll staatliche Hilfe erhalten. Konkret sollen Personen Erwerbsausfallentschädigung erhalten, die mit einer Umsatzeinbusse von mindestens 60 Prozent im Vergleich zu den Jahren 2015 bis 2019 zu kämpfen haben. Es geht um Betroffene, die etwa wegen Veranstaltungsverboten blockiert sind, sowohl Selbstständigerwerbende als auch Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung.

Der Nationalrat will im Gesetz zusätzlich den Passus verankern, dass der Bundesrat Massnahmen zur Abfederung von Schwelleneffekten treffen soll. Es dürfe nicht sein, dass Selbstständige mit Einbussen von 59 Prozent auf der Strecke bleiben, während solche mit Einbussen von 60 Prozent von Finanzhilfen profitieren könnten, lautete der Tenor.

Das Parlament verzichtet auf eine Einkommensgrenze und einen Maximalbetrag. Der Bundesrat soll in der Verordnung über die Höhe und die Bemessung der Entschädigung entscheiden. Entschädigungen sollen auf der Grundlage des selbst deklarierten Erwerbsausfalls ausgerichtet werden. Die Regelung soll nahtlos die am Mittwoch (16. September) ausgelaufene Notverordnung ablösen und bis Ende Juni 2021 gelten.

Offene Definition von Härtefällen

Weniger konkret als der Ständerat will der Nationalrat die Härtefälle für Unternehmen der Event-, Reise- und Tourismusbranche und für Schausteller definieren. Hier geht es um Finanzhilfen zur Deckung von Betriebskosten. Stillschweigend stimmte der Nationalrat dem offen formulierten Kriterium zu, wonach sich ein Härtefall nach den Kriterien der Umsatzeinbusse und des Insolvenzrisikos bemessen soll.

Nach Ansicht der kleinen Kammer liegt ein Härtefall dann vor, wenn der Jahresumsatz unter 60 Prozent des mehrjährigen Durchschnitts liegt. Zu berücksichtigen sei auch die Gesamtvermögenssituation. Anspruchsberechtigt sollen Unternehmen sein, die vor der Krise profitabel oder überlebensfähig waren und nicht bereits andere Finanzhilfen des Bundes erhalten haben. Ausgenommen sind Kurzarbeits- und Erwerbsausfallentschädigungen sowie Covid-Bürgschaftskredite. Möglich sind auch À-fonds-perdu-Beiträge.

Gefunden haben sich die Räte bereits bei den Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung. Demnach lässt das Gesetz Kurzarbeitsentschädigungen auch für Mitarbeitende auf Abruf in unbefristeten Arbeitsverhältnissen zu. Ursprünglich hatte der Nationalrat beschlossen, Mitarbeitende mit einem befristeten Arbeitsvertrag sowie Lernende ebenfalls zu berücksichtigen.

Das Covid19-Gesetz geht nun noch einmal an der Ständerat. Bestehen nach der dritten Beratung noch Differenzen, befasst sich die Einigungskonferenz damit. Beim Covid19-Gesetz handelt sich um ein sogenanntes dringliches Bundesgesetz, das am Samstag kommender Woche (26. September) in Kraft treten soll und in weiten Teilen Ende 2021 wieder ausläuft.

Geld ist vorhanden

Der Bundesrat will mit der Vorlage die Corona-Notverordnungen, die er seit dem Frühjahr erlassen hat, wo notwendig in ordentliches Recht überführen. Das Parlament folgte zusammengefasst dem Credo: Was bisher möglich war, soll auch weiterhin möglich sein.

Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass bisher erst ein Bruchteil der vom Parlament gesprochenen ausserordentlichen Corona-Kredite ausgeschöpft worden ist. Das gilt insbesondere für den Erwerbsersatz.

(TN)