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Die Taskforce Reisebranche mit (v.l.) Sonja Laborde (TPA), Walter Kunz (SRV) und Luc Vuilleumier (STAR) stellte sich den Fragen der Mayday-Mitglieder. Zentral war, was jetzt bevorsteht in Sachen politischer Entscheidungen. Bild: Screenshot Youtube

«Es gibt im Falle eines negativen Entscheids einen Plan B»

Beim Branchencall der Aktion Mayday mit den Vertretern der Branchenverbände ging es hauptsächlich um die Frage nach der Ausgestaltung der politischen Unterstützung für die Reisebranche. Die kommenden beiden Monate werden ganz entscheidend - und es wurde auch schon diskutiert, was passiert, wenn keine Hilfe kommt. Wir fassen die wichtigsten Punkte zusammen.

Am 3. August lud die Aktion Mayday zu einem weiteren Branchencall ein - und hatte dieses Mal die drei Geschäftsführer der Branchenverbände als Gäste dabei, also just jene Vertreter, die schon wiederholt im Visier der Aktion Mayday waren und welche seit März gemeinsam als «Taskforce Reisebranche» in Bern versuchen, auf politischem Parkett Hilfe für die Reisebranche zu erlangen. Der Call war jedoch kein Schlagabtausch, sondern es wurde vielmehr aufgerollt, was teils schon kommuniziert wurde, wobei es dabei durchaus auch zur einen oder anderen neuen Erkenntnis kam. Moderator Roland Zeller (Aktion Mayday) und Gast Walter Kunz (Schweizer Reise-Verband), mit denen sich Travelnews im Anschluss ans Gespräch unterhalten hat, waren mit dem Call durchaus zufrieden.

Zum Einstieg ging es, nach einer kurzen Präsentation der einzelnen Verbände, um die Frage, wie die Taskforce zusammenkam und wie sie funktioniert. Luc Vuilleumier (Präsident STAR) sprach dabei davon, dass die Taskforce inzwischen ein «eingespieltes Team» sei und die Verhandlungen in Bern «nicht einfach» seien, und eben auch bis zu einem gewissen Grad einer Geheimhaltung unterliegen. Letzteres ist für Zeller sonderbar und führe zu Unsicherheit bei der Basis, weil eben nicht genau bekannt sei, was gehe und was genau gefordert werde. Die Verbands-Chefs versuchten daraufhin den aktuellen Prozess nochmals aufzuzeigen. Im Video unten lässt sich die ganze Diskussion nachverfolgen; an dieser Stelle verdichten wir nochmals, was bereits passiert ist und noch bevorsteht:

  • Die Taskforce Reisebranche hat ein 25-seitiges Papier ausgearbeitet, in welchem diverse kreative Vorschläge enthalten sind, wie die Politik der Reisebranche helfen kann. Dieses Papier wurde dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) übergeben; flankierend gab es Gespräche mit Bundesräten, Parlamentariern und Vertretern von SECO und BJ (Bundesamt für Justiz).
  • Kunz legt Wert auf die Feststellung, dass in diesem Vorschlag die Forderung nach einer Verlängerung für den Erwerbsersatz für Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung nicht enthalten ist. Dass dies aber ebenfalls nochmals diskutiert wird, wurde separat eingefordert.
  • Die Hilfspakets-Varianten im genannten Papier dürfen nicht öffentlich diskutiert werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass es eine «à fonds perdu»-Finanzlösung hat, ebenso wie Varianten mit einer Alimentierung des Garantiefonds bzw. anderer Versicherungslösungen und dergleichen.
  • Das SECO hat nach Erhalt des Taskforce-Papiers eine externe Beratungsfirma beigezogen, welche die Vorschläge analysiert und dem SECO hierzu einen Bericht abgeliefert hat. Walter Kunz konnte sich mit Vertretern dieser Firma treffen; der Abschlussbericht zuhanden des SECO durfte ihm aber nicht ausgehändigt werden.
  • Das SECO leitet dieser Tage ein Papier an den Bundesrat weiter, in welchem die Hilfsvarianten detailliert werden. Es ist davon auszugehen, dass das SECO eine favorisierte Variante hervorhebt; die Taskforce weiss jedoch nicht, um welche es sich dabei handeln könnte.
  • Nach aktuellem Planungsstand sollte der Bundesrat am 19. August über die Vorschläge für ein Hilfspaket befinden. Der Termin ist aber nicht garantiert, und wann die damit zusammenhängenden Äusserungen bzw. der Entscheid des Bundesrats publik gemacht werden, ist nicht fix festgelegt. In der Regel erfolgt dies jedoch zeitnah nach der Behandlung in der Bundesratssitzung.
  • Der Bundesrat kann entscheiden, kein Hilfspaket zu gewähren, ebenso wie er die Verlängerung des Erwerbsersatzes nicht nochmals behandeln kann. Sollte es jedoch zu positiven Entscheiden zugunsten der Reisebranche kommen, also zu einer Genehmigung einer der Varianten durch den Bundesrat, so wird diese Genehmigung ans Parlament weitergereicht. Dieses kommt am 7. September zur nächsten Session zusammen und würde dann voraussichtlich im Rahmen dieser Session das Thema behandeln. Genehmigt auch das Parlament die Variante, könnte diese recht schnell umgesetzt werden. Die Hoffnung ist, dass die Reisebranche spätestens Mitte/Ende September Klarheit darüber hat, wie es in Sachen politischer Unterstützung aussieht.

«Wir setzen alle Hebel in Bewegung»

Luc Vuilleumier ermahnte im Rahmen des Calls, dass man jetzt zumindest bis zum Feststehen des Bundesrats-Entscheids «brav» sein sollte, also nicht zuviel Druckversuche startet. Kunz erklärte derweil, dass man alle Hebel in Bewegung setzen werde, dass bei einem positiven Bundesrats-Entscheid auch ein positiver Parlaments-Entscheid sichergestellt werden kann. Professionelle Lobbyisten gibt es bei der Taskforce nicht; diese ist aber gut vernetzt mit diversen Parlamentariern.

Was, wenn die Reisebranche mit komplett leeren Händen dasteht? Dann sind sich die Verbands-Vertreter mit den Mayday-Aktivisten einig: Dann muss nochmals richtig Rabauz gemacht werden. Kunz erklärt, es gebe bereits einen Plan B, falls der Bundesrat keine Hilfe vorsieht: «Dann müssen wir direkt das Parlament zu bearbeiten versuchen.» Das ist allerdings schwierig und noch langwieriger, als es die oben genannten politischen Prozesse ohnehin schon sind. Aber man werde nichts unversucht lassen, um möglichst viele Firmen und Arbeitsplätze in der gebeutelten Reisebranche zu retten.

Zeller hätte eine «Win-Lösung für alle» parat, mittels einem Zuschlag auf die Ticketabgabe, welche eine Refinanzierung eines Hilfspakets ermöglichen würde, und dabei Grüne (Fliegen wird teurer!), Linke (Arbeitsplätze bleiben erhalten!) und Rechte (Der Staat bezahlt nicht à fonds perdu, sondern erhält das Geld über einige Jahre zurück!) zufriedenstellen würde. Ob ein solcher Vorschlag überhaupt im SECO-Papier ist, ist unbekannt. Es ist also zunächst etwas Geduld gefragt. Sonja Laborde (TPA) monierte «Habt Vertrauen!» - etwas anderes kann die Branche aktuell gar nicht tun. Man darf hoffen, dass Hilfe kommt, sicher ist aber nichts.

Unter dem Strich bleibt hängen, dass es zahlreiche Hilfsvarianten gibt, über die man geteilter Meinung sein kann, und es leider nicht Platz für sämtliche Vorschläge und Ideen, die aus der Branchen kommen, gibt. Die eine, für alle gangbare Lösung gibt es ohnehin kaum und deshalb ist auch eine «einheitliche Stimme der Branche» schwierig, wenn nicht gar illusorisch. Dass es mehrere Verbände gibt, ist Bedarfs-bedingt und die Lage würde möglicherweise nicht durch einen «Einheitsverband» verbessert, so zumindest die Ansicht der Verbands-Vertreter, die auch wieder daran appellierten, man möge sich doch mit Anliegen direkt an sie wenden. Trotz der Differenzen war der Ton des Calls stets korrekt und sachlich - und wer weiss, falls Mitte August die Branche mit leeren Händen dasteht, werden Verbände und Aktion Mayday noch die Kräfte bündeln, um lauter als bisher für die Anliegen der Brance einzustehen.

Der Branchencall im Wortlaut

(JCR)