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Derzeit ist Geduld gefragt: für viele Traveller könnte der Fernreisetraum im nächsten Winter ein Traum bleiben. Bild: Adobe Stock

Langstrecken im Winter: die Felle schwimmen davon

Gregor Waser

Viele Reisebüros leben von den Langstreckenzielen. Doch die Ungewissheit für den kommenden Winter hält an. Wir haben nach den aktuellen Buchungseingängen gefragt.

«Sch..., sch..., sch..., anders kann ich die aktuelle Situation nicht beschreiben», sagt Michael Lanz von No Worries Travel in Langenthal BE. Travelnews wollte heute von einigen Reisebüros in Erfahrung bringen, ob die Reiseprofis wieder mit ersten Kundenanfragen rechnen können. Michael Lanz hat das Fazit vorweggenommen.

Von wegen No Worries. In Langenthal macht sich die dreiköpfige Reisebüro-Crew durchaus Sorgen. Denn den Langstrecken-Spezialisten schwimmen die Felle langsam davon. Treffen in anderen Jahren Mitte Jahr viele Buchungen für Südamerika, Nordamerika, Asien und Ozeanien ein, herrscht derzeit bei den Kunden die grosse Verunsicherung, ob und wann die Ferndestinationen wieder öffnen.

Den Galgenhumor verloren hat Lanz nicht: «Im Juli haben wir zwölf Dossiers, scheint mir ja richtig viel. Dies sind aber lediglich Europa-Buchungen, nach Mallorca, Kos, Berlin, Portugal und Tunesien. Doch weitere Anfragen kommen in diesen Tagen praktisch keine rein. In den letzten Tagen hatten wir eine Türkei- und eine Italien-Anfrage. Das war's. Auf den Fernstrecken geht nichts.»

Zahlreich seien indes noch jene Kunden bei No Worries, die zuwarten – die bereits anfangs Jahr Interesse zeigten, doch wegen der aktuellen Situation noch keine Buchung getätigt haben. Doch auch hier scheinen für die nächsten Monate die Felle davonzuschwimmen. Auch bei den existierenden Dossiers Richtung Australien und Neuseeland im kommenden Winter werden die Fragezeichen grösser.

«Wir schauen aber bereits auf das nächste Jahr. Doch auch für Abflüge im kommenden Frühling ist noch Vorsicht angebracht. Ich denke das Geschäft wird aber kurzfristig erfolgen. Wer will schon jetzt buchen, zahlen und bei Flugabsage dem Geld wieder hinterherrennen?»

«Wie bewegen uns auf 10 bis 15 Prozent des Vorjahres»

Thomas Schenker von b&b travel in Zürich schätzt den aktuellen Umsatz auf 10 bis 15 Prozent des Vorjahres, «die meisten Arbeiten drehen sich um Umbuchungen und Absagen. Jetzt geht halt auch der Bammel bei den Leuten los, was den Herbst und die Langstrecken betrifft.» Gerade im Herbst habe b&b als Generalvertretung von Hauser Exkursionen viele Buchungen in den Büchern. Doch bei Destinationen wie Nepal, Oman, Neuseeland und vor allem den südamerikanischen Ländern sei die Ungewissheit nach wie vor gross. «Wenn es so weitergeht, wird es schwierig mit den Langstreckenzielen im Winter».

Und Europa-Buchungen? «Ja, da ergibt sich das eine oder andere, mal Italien oder Spanien. Aber ansonsten arbeiten wir unter dem Damoklesschwert dieser Länderliste, die ständig angepasst wird.»

Eine weitere Sorge umtreibt Schenker: «Was nun dazukommen könnte, ist, dass die Schweiz auf Listen anderer Länder aufgeführt wird, spätestens dann wird es unkalkulierbar. Andere Länder, etwa Estland, haben die Zahl der Ansteckungen innerhalb der letzten zwei Wochen tiefer angesetzt als die Schweiz.»

Zwar käme die kleine b&b-Crew derzeit über die Runden. Doch was passiert, wenn sich die Situation bis ins nächste Jahr hinzieht, fragt sich Thomas Schenker.

«Bei den Fernreisen läuft derzeit gar nichts»

«Es läuft sehr wenig», sagt Jeanette Matchim von Hampis Travel Service in Horn SG. «Es kommen einzelne Offertanfragen rein und die eine oder andere Buchung für eine Pauschalreise, unter dem Strich aber sehr wenig.»

Die Arbeit drehe sich derzeit um Stornierungen. «Vermehrt haben wir Kunden, die den Arbeitgeber als Grund nennen, die anstehende Auslandreise nicht anzutreten und lieber stornieren.»

Und bei den Fernreisen laufe derzeit gar nichts, ausser einer Malediven-Anfrage für das nächste Jahr. Sehr ungewiss sei zudem, was mit dem einen USA-Dossier für Abflug im September passiere.

«Noch nicht kostentragend»

«Die eine oder andere Buchung trifft ein, wenngleich dies noch nicht kostentragend ist», sagt Franz Beckmann vom Reisebüro Mondial in Hochdorf LU. Die Nachfragen bezögen sich auf günstigere, landbezogene Reisen, mal eine Ferienwohnung in Frankreich, dann zwei Nächte im Tessin.

«Eine Nachfrage in diesen Tagen registrieren wir auch von Balkan-Schweizern, die derzeit ihre Familien wegen den Reiserestriktionen nicht besuchen können – und die buchen nun alternative Ziele, etwa in Frankreich.»

«Vom Volumen her bewegen wir uns in diesen Wochen zwischen 10 und 20 Prozent eines normalen Jahres». Die Ungewissheit bei den Reiseeinschränkungen sei derzeit für die Kunden ein Hinderungsgrund zu buchen oder etwa die wieder stärkeren Massnahmen, die am Donnerstag in Mallorca getroffen wurden. «Man weiss derzeit halt nicht, ob plötzlich das angepeilte Reiseland auf der Liste der Risikoländer landet», beschreibt Beckmann die Unsicherheiten im Reisebüro.