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Von 98 auf 86 Filialen reduziert Hotelplan Suisse. Bild: HP

Kommentar Die Auswirkungen des Hotelplan-Einschnitts

Jean-Claude Raemy

12 Filialen werden geschlossen, 170 Leute müssen gehen. Hotelplan Suisse stellt sich neu auf, insbesondere das Touroperating.

Der 25. Juni 2020 wird als dunkler Fleck in der Geschichte von Hotelplan in Erinnerung bleiben: Konzernweit werden über 400 Stellen abgebaut, allein in der Schweiz deren 170. Ein harter Schlag für das Unternehmen. Aber man muss auch sagen: Das ist wohl nur die Spitze des Eisbergs - und Hotelplan hatte immerhin den Mut hinzustehen und die Kurskorrektur auf einen Schlag zu verkünden, statt im Stillen Filialen zu schliessen und Personal abzubauen.

Im heutigen «Blick»-Interview spricht Thomas Stirnimann (CEO Hotelplan Group) Klartext. Ihm zufolge wird es zwei Jahre dauern, bis sich die Lage wieder stabilisiert. Deshalb auch der Personalabbau: «Wenn man davon ausgeht, dass es zwei Jahre bis zur Erholung dauert, ist Kurzarbeit keine Option. Man tut auch den Mitarbeitenden keinen Gefallen.»

Hotelplan will sich zum Personalabbau noch nicht detaillierter äussern; verständlicherweise will man zuerst intern aufgleisen und informieren. Einige Fragen tun sich aber schon auf. Viel gesprochen wurde darüber, dass 12 Filialen geschlossen werden. Allerdings war schon lange im Raum, dass Hotelplan möglicherweise über zu viele Filialen verfüge. Die Corona-Krise hat nun zum schonungslosen Aufräumen animiert. Stirnimann selber spricht in besagtem Interview von «regionalen Überlappungen» und von «Konsolidierung». Schritte, die von der Corona-Pandemie gewiss beschleunigt wurden, aber eigentlich doch schon fällig waren. Stirnimann sagt zwar, er glaube nicht an weitere Schliessungen, und betont: «Wir haben ein gutes Zusammenspiel zwischen online suchen und dann offline, also im Reisebüro, buchen.» Die Situation kann sich aber schnell ändern. Wir titelten noch im März 2020 in einem Interview mit Hotelplan-Vertriebschef Olivier Eck, dass eine Reduktion der Hotelplan-Filialen kein Thema sei...

Und was ist mit dem Touroperating? Dort soll das Gros des Stellenabbaus vonstatten gehen. Rechnet man im Schnitt vier Personen pro Filiale, kommt man bei 12 Filialen auf weniger als 50 Mitarbeitende. Sprich, am Hauptsitz in Glattbrugg verlieren 120 Personen ihren Job. Obwohl alle Departemente betroffen sind, dürfte das Gros auf das Touroperating bei Hotelplan und Travelhouse entfallen, dazu noch einige bei BTA First Travel. Was bedeutet das für die zukünftige Produktion?

Zunächst einmal darf man wohl davon ausgehen, dass es bei der Produktgestaltung 2021 zu wenigen Veränderungen kommen wird: Das bisherige Angebot dürfte neu aufgelegt und von den verbleibenden TO-Mitarbeitenden (das dürften die «Gestandenen» sein) einfach neu kalkuliert werden; möglicherweise werden die Katalogumfänge etwas reduziert, um weitere Kosten zu sparen. Denkbar ist auch, dass die separate Produktion von Travelhouse und Hotelplan aufgegeben wird, und die beiden Marken generell von einem Einkaufs- und Verkaufsteam betreut werden (das wird teilweise bereits umgesetzt, etwa im Bereich Nordamerika). Möglicherweise wird auch noch verstärkt auf dynamische Paketierung von Pauschalreisen gesetzt - ein Unternehmen mit viel Know-how und Power darin hat man seit letztem Jahr mit Vtours.

Abbau auch bei den Mitbewerbern wohl unausweichlich

Hinsichtlich des Abbaus im Touroperating ist die Ausgangslage bei den direkten Hotelplan-Mitbewerbern Kuoni und TUI etwas anders. Das Touroperating wurde dort - mit Ausnahme der Spezialisten im Fall der DER Touristik Suisse - längst nach Deutschland verlagert, mit einigen wenigen verbleibenden Rollen in den Schweizer Organisation. Was nicht heisst, dass die aktuelle Corona-Krise nicht weitere Überlegungen mit sich führt. Und es ist auch dort zu erwarten, dass es weiteren Stellenabbau und auch Filialschliessungen gibt. Das wäre nichts als logisch.

Aussagen der Konzernsprecher im «Blick» deuten jedenfalls in diese Richtung. Markus Flick (DER Touristik Suisse) wird so zitiert: «Wir prüfen eine coronabedingte Anpassung unserer Organisations- und Kostenstruktur.» Und für TUI Suisse sagt Milica Vujcic: «Wir ziehen Kostensparmassnahmen in Betracht, einen Stellenabbau können wir nicht ausschliessen.» Die Frage ist wohl eher Wie, wann und wo als Ob, und dazu in welcher Form (Kahlschlag oder Salamitaktik).

Parallel dazu muss man sich auf einige Schliessungen im unabhängigen Vertrieb vorbereiten. Die Kurzarbeitsentschädigung für Selbständige wird erst im September wieder diskutiert. Bis dahin dürfte es einige schon «gelupft» haben. Diverse Reisebüros haben bereits ihre Türen stillschweigend geschlossen, wie schon aus unserem Interview mit Christina Renevey (Traveljobmarket) hervorging. Die «harte Konsolidierung» der Branche steht wohl noch bevor, was angesichts der Lockerungen, Grenzöffnungen und Restart-Hurrahs etwas vergessen geht. Stirnimann selber sagt, «2021 wird nochmals eine Durststrecke». Weitere schmerzliche Schritte - natürlich nicht nur bei Hotelplan - dürften folgen. Und 2022, wenn sich hoffentlich der Pulverdampf dann endlich vom Schlachtfeld verzogen hat, wird die Reisebranche anders dastehen. Was für jene, die dann noch da sind, eigentlich nicht schlecht sein muss.