Reiseanbieter

Die TUI Group verfügt über ein grosses, eigenes Hotel-Portfolio. Bild: TN

Trennt sich TUI von seinen Hotels?

TUI denkt über den Verkauf von Vermögenswerten nach, um in der Krise zu bestehen. Besitzen müsse man Hotels ja nicht, um sie zu betreiben, sagt TUI-Chef Friedrich Joussen.

Der Vorstandsvorsitzende der TUI Group Friedrich Joussen will künftig verstärkt in die digitale Plattform investieren statt in Vermögenswerte wie Hotels, wie er in einem Interview mit der «Frankfurter Allgemeinen» (kostenpflichtig) sagt. Um die Corona-Krise überbrücken zu können, hatte der Konzern im April einen Hilfskredit der staatlichen KfW-Bank von 1,8 Milliarden Euro erhalten. Joussen bestätigt nun, dass das unter Umständen nicht reicht. «Wir arbeiten natürlich mit mehreren Szenarien und tun gut daran, in diesen Szenarien auch über weitere Finanzquellen nachzudenken». TUI habe die Kosten um 70 Prozent gesenkt, ausserdem seien die Reisewarnungen für viele Länder gefallen. «Aber kein Mensch weiss, wie es mit dem Virus weitergeht, wann es Medizin und Impfstoffe gibt.»

Als mögliche Finanzquelle gilt auch die eigene Hotelsparte, schliesslich stehen in der Konzern-Bilanz viele eigene Häuser. «Es sind unsere Marken, wir setzen und kontrollieren die Standards in Bezug auf die Qualität, Lage und Service», sagt Joussen. «Dazu müssen wir die Hotels nur in Ausnahmefällen besitzen.»

«Wann immer ein Land angeflogen werden darf und Hotels öffnen, kommen die Buchungen rein»

Zum anlaufenden Sommergeschäft zeigt sich Joussen «angespannt optimistisch», dass der Konzern in der Corona-Krise nicht doch noch in Existenznot kommt. «Ehrlich gesagt: Mitte März, mit dem Beginn der internationalen Reisewarnung, war ich nicht sicher, ob wir das hinbekommen», sagt er. Jetzt sei allerdings Land in Sicht. «Wann immer ein Land angeflogen werden darf und Hotels öffnen, kommen die Buchungen rein», sagt der Chef des grössten europäischen Reisekonzerns. Derzeit sei das Tui-Sommerprogramm zu rund 25 Prozent gebucht.

Da das Geschäft langsam wieder an Fahrt gewinne, nehme der finanzielle Druck ab. Durch die Öffnung in Europa flössen dem Reiseveranstalter wieder Mittel zu. Dabei dürften Ferien für die Kunden spürbar anders aussehen als bisher. «Reisen sind derzeit anders als gewohnt, auch weil die Urlaubsziele leerer sind», sagt Joussen. Dies habe aber auch Vorteile. So seien auf Mallorca derzeit so wenige Besucher wie vor 30 Jahren. «Im Fokus steht die wunderschöne Natur und eben nicht die vielzitierte Party am Ballermann.»

Der Konzern werde sich im laufenden Jahr auf seine Liquidität fokussieren. Nächstes Jahr werde TUI wieder vermehrt an der Profitabilität arbeiten. Dazu zählt auch der geplante Abbau von 8000 Arbeitsplätzen. Die Hälfte davon soll nach Joussens Angaben auf Stellen in den Zielgebieten entfallen. Ausserdem sind Einschnitte in Frankreich geplant.

(TN)