Reiseanbieter

Das Parlament tagt nicht im Bundeshaus, sondern im Bernexpo-Gelände, wo man die Corona-bedingten Hygienebestimmungen besser einhalten kann. Bild: Bernexpo

Hier werden wegweisende Entscheide für die Reisebranche gefällt

Jean-Claude Raemy

Die Sondersession des Parlaments ist auf dem Bernexpo-Gelände in Gang. Das müssen Sie hierzu wissen.

Das Bernexpo-Gelände ist sozusagen das neue Bundeshaus: Aktuell steigt dort bereits die ausserordentliche Session des Schweizer Parlaments statt, welche für die Zukunft der Schweizer Tourismusbranche wegweisend ist. Darüber hinaus werden dort auch die reguläre Sommersession (2.–19. Juni 2020) sowie die Sommersession des Grossen Rates des Kantons Bern (2.–11. Juni 2020) stattfinden. Detaillierte Durchführungskonzepte werden sicherstellen, dass die wichtigen politischen Entscheide in dieser ausserordentlichen Zeit unter idealen Bedingungen und unter Berücksichtigung der Sicherheits- und Hygienevorgaben getroffen werden können. Und für die Bernexpo Group schafft dies in der schwierigen Zeit etwas Entlastung.

Doch zurück zur aktuellen ausserordentlichen Session: Worüber befinden National- und Ständerat eigentlich? Was macht der Bundesrat? Nachfolgend die Übersicht über die für die Tourismusbranche entscheidenden Geschäfte der kommenden Tage.

Geschäft des Parlaments

Rechtsstillstand im Betreibungswesen - Ausnahmeregelung für die Reisebranche: Der Bundesrat wird beauftragt, den Rechtsstillstand exklusiv für die Reisebranche bis zum 30. September 2020 zu verlängern. Dies gilt ausschliesslich für die Kundenforderungen gegenüber den Reisebüros und Veranstaltern, jedoch nicht für andere Forderungen wie z.B. für die Miete. Das heisst, die Kunden können die Reisebüros bis zu diesem Zeitpunkt im Zusammenhang mit Rückerstattungsforderungen nicht betreiben oder gerichtliche Verfahren gegen sie einleiten. Der Bundesrat beantragt die Annahme der Motion. Die Outgoing-Reisebranche hat in den vergangenen Tagen auch schon ausgiebig dafür lobbyiert, dass diese Massnahme durchkommt. Es sieht dafür eigentlich gut aus.

Unterstützung angestellter Führungskräfte von Unternehmen: Der Bundesrat wird beauftragt, dafür zu sorgen, dass auch angestellte Führungskräfte von Unternehmen wegen der Auswirkungen des Coronavirus Anrecht auf Kurzarbeitsentschädigung haben und für sie dabei mindestens derselbe Höchstbetrag wie für Selbstständige im Rahmen der Erwerbsersatzordnung gilt. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion. Die Tourismusverbände im Incoming- wie im Outgoing-Bereich begrüssen dagegen die Motion, da es im Tourismus zahlreiche Unternehmen gibt, bei denen «der Chef angestellt ist». Die Führungspersonen sind ebenso auf Kurzarbeitsentschädigung angewiesen wie die Mitarbeitenden, da sie sonst aufgrund der Schliessung des Betriebs gänzlich ohne Einkommen dastehen würden.

Smart Restart: Der Bundesrat wird beauftragt, mit der Änderung der COVID2-Verordnung einen klaren Plan für die etappierte Rückkehr in die Normalität zu erstellen. Für Branchen, die auch nach dem 11. Mai aus gesundheitspolitischen Überlegungen nicht zurück in den normalen Betrieb können, bezeichnet der Bundesrat Tätigkeiten, welche ab dem 11. Mai von diesen Branchen angeboten werden können (z.B. Verpflegung im Restaurant). Der Bundesrat beantragt die Annahme der Motion. Die Tourismus-Allianz unter dem Dach des Schweizer Tourismus-Verbands (STV) fordert die Öffnung möglichst vieler touristischer Betriebe, welche die Hygiene- und Distanzvorschriften einhalten können, ab dem 11. Mai. Diverse Schutzkonzepte wurden von der Branche bereits erarbeitet. Spätestens am 8 Juni müssen jedoch alle touristischen Betriebe wieder öffnen können, selbstverständlich nach wie vor unter Einhaltung der Vorschriften.

Etappierte Aufhebung des gastgewerblichen Stillstands: Der Bundesrat wird beauftragt, die COVID2-Verordnung so zu ändern, dass die gastronomischen Betriebe ab 11. Mai ihre Geschäftstätigkeit gemäss nachfolgender Etappierung und unter Berücksichtigten der epidemiologischen Situation wiederaufnehmen dürfen, sofern sie die Empfehlungen des BAG betreffend Hygiene und sozialer Distanz einhalten. Ihre Geschäftstätigkeit wiederaufnehmen dürfen: 1. Etappe: Restaurants, Cafés/Bistros und Gartenbeizen; 2. Etappe: Bars und Pubs; 3. Etappe: Diskotheken; 4. Etappe: Konzertlokale, Shisha Lounges und Streetfoodfestivals. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

Verlängerung der Rückzahlungsfrist für die vom Bund verbürgten Kredite: Der Bundesrat wird beauftragt, im Rahmen der Covid-19-Botschaft die Dauer der Solidarbürgschaften von höchstens fünf auf höchstens acht Jahre und die Frist für die Amortisation der nach dieser Verordnung gewährten Kredite von fünf auf acht Jahre zu verlängern. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion. Der STV dagegen begrüsst diese Erleichterung für die touristischen Betriebe. Die Verlängerung der Rückzahlungsfrist trägt zur Verbesserung der Situation eines Unternehmens bei.

Beibehalt des Nullprozentzinses für die vom Bund verbürgten Kredite: Der Bundesrat wird beauftragt, im Rahmen der Covid-19-Botschaft dafür zu sorgen, dass der in Artikel 13 Absatz 3 Buchstabe a der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung vom 25. März 2020 (SR 951.261) festgelegte Zinssatz auch nach dem ersten Jahr bei 0,0 Prozent liegt. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung. Sicherung des Nullzinses für Kredite an krisenbetroffene Unternehmen: Mit dieser Motion wird der Bundesrat beauftragt, im Rahmen der Covid-19-Botschaft dafür zu sorgen, dass der in Artikel 13 Absatz 3 Buchstabe a der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung vom 25. März 2020 (SR 951.261) festgelegte Zinssatz auch nach dem ersten Jahr bei 0,0 Prozent liegt. Wenn aber ein Unternehmen den Kredit nach Absatz 3 Buchstabe a nicht innert 5 Jahren zurückzahlen kann, passt das EFD für die zwei folgenden Jahre bis zur Rückzahlung den Zinssatz an die Marktentwicklungen an. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion. Der STV dagegen sieht im Beibehalt des Nullprozentzinses eine potenzielle Verbesserung der Situation vieler Tourismus-Unternehmen.

Miete im Gastgewerbe - Die Mieter sollen nur 30 Prozent der Miete schulden: Der Bundesrat wird beauftragt, Massnahmen zu ergreifen, damit Betreiber von Restaurants und weiteren vom Bundesrat geschlossenen Betrieben gemäss Art. 6 Abs. 2 der COVID-19-Verordnung 2 ihrem Vermieter grundsätzliche nur 30% der Miete schulden während der Zeit, in welcher sie aufgrund der behördlichen Massnahmen geschlossen bleiben müssen. Gleichzeitig soll der Bundesrat prüfen, ob ein Härtefallfonds für Vermieter geschaffen werden kann mit einem Betrag von 20 Mio. Franken. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

Geschäftsmieten: Der Bundesrat wird beauftragt, im Bereich der Geschäftsmieten mehrere Massnahmen zu ergreifen. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

Keine Dividenden bei Kurzarbeit: Der Bundesrat wird beauftragt, eine Regelung zu treffen, um Unternehmen ab einer bestimmten Grösse, welche aufgrund der Covid-19-Krise Kurzarbeitsentschädigung beziehen, im laufenden und kommenden Jahr die Ausschüttung von Dividenden zu verbieten. Der Bundesrat wird zudem ersucht, eine analoge Regelung zu treffen für Unternehmen, welche im laufenden Jahr bereits eine Dividende gesprochen oder ausgeschüttet haben. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

Geschäft des Bundesrats

Massnahmenpaket zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen: Der Bundesrat hat am 20. März 2020 zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Ausbreitung des Coronavirus ein umfassendes Massnahmenpaket in der Höhe von 32 Milliarden Franken beschlossen. Mit den bereits am 13. März beschlossenen Massnahmen sollen über 40 Milliarden Franken zur Verfügung stehen. Der nächste Schritt ist nun der Einbezug des Parlaments. Ziel der auf verschiedene Zielgruppen ausgerichteten Massnahmen ist, die Beschäftigung zu erhalten, Löhne zu sichern und Selbständige aufzufangen. Auch im Tourismusbereich wurden Massnahmen ergriffen, um Konkurse zu verhindern und einschneidende finanzielle Folgen abzufedern.

Dringliche Änderung des Luftfahrtgesetzes angesichts der Covid-19-Krise: Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. April 2020 entschieden, die Fluggesellschaften Swiss und Edelweiss bei der Überbrückung von Liquiditätsengpässen mit Garantien zu unterstützen. Für die Wiederaufnahme des Flugverkehrs sind die Fluggesellschaften auf die Dienstleistungen der flugnahen Betriebe an den Landesflughäfen angewiesen. Darum sollen auch diese Betriebe bei Bedarf Unterstützung erhalten, sofern die strengen Bedingungen des Bundes eingehalten werden können. Der Bundesrat beantragt dem Parlament Verpflichtungskredite von insgesamt knapp 1,9 Milliarden Franken.