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Der Nationalrat hat sich mit 19:3-Stimmen für einen Rechtsstillstand ausgesprochen. André Lüthi erhofft sich nun einen Zeitgewinn für die Reisebranche, um die Krise zu meistern. Bild: TN

Einwurf Mit Jammern erreicht unsere «vergessene Branche» in Bern nichts!

André Lüthi

André Lüthi, CEO Globetrotter Group und Leiter Politik beim Schweizer Reise-Verband, äussert sich zur Kritik am Verband und er macht Hoffnung: der Rechtsstillstand für die Reisebranche könnte in Bern doch noch gutgeheissen werden!

Die Coronakrise führt auf dem ganzen Planeten zu Fragen und Herausforderungen, die uns bis jetzt unbekannt waren. Die Krise hat auch den Tourismus und seine Akteure mit einer Situation konfrontiert, die alle schlichtweg überfordert.

In den letzten Wochen wurde die Kritik im Zusammenhang mit dem Vorgehen als Branche in Bundesbern immer lauter. Kritik, die zum Teil berechtigt war und ist. Auch ich vermisse das Gemeinsame, die Solidarität unter den verschiedenen Organisationen, aber auch unter den «grossen» und «kleinen» Marktteilnehmern im Outgoing-Tourismus.

Selbstkritisch müssen wir sagen, dass die Krise die Schwächen unserer Branche aufzeigt. Nach dieser Krise gilt es vieles zu überdenken, neu zu gestalten, um unter neuen Parametern die Zukunft als Chance sehen.

«Die Outgoing-Branche ist in Bern ein Thema und sollte es für die Zukunft auch bleiben»

Zur aktuellen Lage auf der politischen Seite: Hinter den Kulissen wurde in den letzten vier Wochen intensiv und in unzähligen Stunden gearbeitet. Für die ganze Branche – nicht für einen einzelnen Verband. Hinter den Kulissen, weil die Komplexität und die Situation der Krise eine Kommunikation kaum ermöglichte. Innerhalb von 24 Stunden änderte sich die Ausgangslage immer wieder. Zusammen mit dem SECO haben wir nach verschiedenen Lösungsansätzen für die spezielle Situation unserer Branche gesucht. Und dies war unter Einbezug vieler Akteure wie des EJPD (bezüglich Pauschalreisegesetz) und des Finanzdepartements und dem Konsumentenschutz nicht ganz einfach.

Aktuelles Beispiel am letzten Wochenende: Ich führte Gespräche mit verschiedensten Parlamentarierinnen und Parlamentariern, wie wir den abgelehnten, aber dringend nötigen Rechtsstillstand für die Reisebranche (damit wir Zeit bekommen, um nachhaltige Lösungen zu erarbeiten) nochmals in den Bundesrates bringen.

Und es gibt einen ersten Teilerfolg! Gestern hat die Rechtskommission des Nationalrates mit 19:3 dem Antrag, den Rechtsstillstand für die Reisebranche doch noch zu gewähren, zugestimmt. Als nächster Schritt befindet die Ständerätliche Rechtskommission und dann das Parlament in der Sondersession von nächster Woche darüber. Die Outgoing-Branche ist also ein Thema in Bern und sollte es für die Zukunft auch bleiben.

«Schauen wir gemeinsam vorwärts – statt in Selbstmitleid zu versinken»

Ich habe zum Teil Verständnis für die Stimmen, welche die Arbeit des SRV kritisieren – und ich bitte um Verständnis, dass auch wir in dieser ausserordentlichen Zeit Fehler machen und dass wir unsere Ziele nur mit vernünftigen Argumenten und Verständnis für die verschiedenen Akteure erreichen.

Nur mit Jammern, dass wir die «vergessene Branche sind» erreichen wir in Bern nichts. Weil wir an diesem Umstand zum Teil mitschuldig sind. Schauen wir gemeinsam vorwärts – statt in Selbstmitleid zu versinken und mit gegenseitiger Kritik wertvolle Zeit zu verlieren, erarbeiten wir besser Lösungsvorschläge.