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Reisebüros müssen bis am 26. April 2020 geschlossen bleiben. Reisebüro-Inhaber sollten mit dem Vermieter des Ladenlokals das Gespräch suchen und über eine mögliche Mietzinsreduktion oder einen Mieterlass sprechen. Bild: TN

Das Feilschen um eine Mietreduktion

Gregor Waser

Schweizer Reisebüros müssen bis mindestens 26. April 2020 geschlossen bleiben. Doch was heisst dies für die Mietzinszahlung?

Wann kehrt die Normalität zurück? Wann lässt sich die Geschäftstätigkeit wieder aufnehmen? Zwar deuten die aktuellen Coronazahlen in der Schweiz auf eine baldige Abflachung der Kurve hin und der Bundesrat zieht eine schrittweise Lockerung der Massnahmen ab dem 26. April in Erwägung. Doch die Normalität liegt noch weit entfernt.

Für die rund 1200 Schweizer Reisebüros läuft derzeit ein Rennen gegen die Zeit. Die Ladenlokale müssen bis mindestens 26. April noch geschlossen bleiben. Bis neue Umsätze in die Kasse strömen, dürften noch einige Wochen vergehen. Zwar macht die Mehrheit der Schweizer Reisebüros von der Möglichkeit der Kurzarbeit Gebrauch. Doch der Liquiditätsabfluss ist damit noch nicht gestoppt. Der nächstgrössere Posten ist die Ladenmiete. Und hier herrscht derzeit ein Wirrwarr und keine einheitliche Handhabe.

Auch die gestrige Bundesrats-Pressekonferenz hat keine neue Klarheit gebracht. Wirtschaftminister Guy Parmelin sprach sich gegen die Anwendung von Notrecht aus, was das Thema Mieten betrifft: «Lösungen zwischen Mietern und Vermietern müssen bilateral gesucht werden, unter normalem Recht». Damit ruft der Bundesrat auf, bei diesem heiklen Thema auf Dialog und Kompromisse zu setzen.

Kulanz der Vermieter

«Macht dies unter euch selber aus», lautet die Devise von oben somit. Damit ist nun aber ein Wildwuchs garantiert. Restaurants etwa stellen sich auf den Standpunkt, die vertraglich vereinbarte Nutzung des Lokals basiere auf dem Betrieb eines Restaurants – und dieser Betrieb sei ja derzeit nicht möglich, also sei der Vertrag nichtig. Bei Reisebüros siehts verzwickter aus. Zwar dürfen sie keine Kunden ins Lokal lassen, die Büroinfrastruktur lässt sich – unter Einhaltung der Distanzregeln – aber durchaus noch nutzen.

Immerhin zeigen sich nun einige der grössten Vermieter im Land kulant. Die Lebensversicherung Swiss Life, grösste Immobilienbesitzerin im Land, gewährt neben Mitstundungen auch Mietzinsreduktionen für Kleinunternehmen. Auch die Helvetia-Versicherung geht diesen Weg. Und der Flughafen Zürich verzichtet auf die vertragliche geschuldete Mindestmiete für die Zeit der verordneten Schliessung.

Einen interessanten Ansatz verfolgt FDP-Nationalrat und Franz-Carl-Weber-Mitbesitzer Marcel Dobler. Er könne sich vorstellen, dass Mieter, Vermieter und Bund je einen Drittel der Mieten übernehmen, sagt er der «Aargauer Zeitung»: «Wenn man die KMU als systemrelevant einstuft und ihre Existenz bedroht sieht, ist Hilfe nun schlicht notwendig.»

SP-Politikerin Jacqueline Badran geht noch weiter. Sie findet, dass Immobilienbesitzer den Mietern die Kosten zu 100 Prozent erlassen müssen. Für jene Eigentümer, die sich das nicht leisten können, soll ein Härtefallfonds eingerichtet werden, sagt sie zum «Tages-Anzeiger». Von der Mitstundung hält sie wenig: «Diese Art der Verschuldung ist gefährlich. Die Schulden von heute sind die fehlenden Investitionen von morgen.»

Hoher Gesprächsbedarf

Travelnews hat sich bei den führenden Schweizer Reiseunternehmen umgehört, wie sich derzeit die Mietsituation bei ihren zahlreichen Filialen gestaltet. In die Karten blicken lassen sie sich zwar nicht, sagen aber, dass es derzeit viele Gespräche mit Vermietern gibt.

«Wir sind in Kontakt mit allen Vermietern der verschiedenen Standorte und suchen mit ihnen individuelle Lösungen. Ein Grossteil der Vermieter zeigt grosses Verständnis und zeigt sich kulant», sagt Sandra Studer von Globetrotter Travel Service mit total 22 Filialen. «Wir stehen in Kontakt mit den Vermietern all unserer Geschäftsräumlichkeiten. Und wir sind zuversichtlich, dass die Vermieter aufgrund des hohen Betroffenheitsgrades der Reisebranche sowie langjähriger und guter Mietverhältnisse ihre Bereitschaft erklären, tragfähige Lösungen zu finden», antwortet Markus Flick, Sprecher von DER Touristik Suisse mit total 80 Reisebüros.

Für Hotelplan Suisse mit total 98 Filialen (Hotelplan, Travelhouse, Globus Reisen) dürfte sich die Situation angesichts der vielen Standorte unter dem Dach des Mutterhauses Migros einfacher gestalten, zu geschäftsinternen Informationen mag sich Hotelplan Suisse aber nicht äussern. Bianca Schmidt, Sprecherin von TUI Suisse, nimmt zur Mietsituation so Stellung: «Wir sind für alle 62 Filialen mit den Vermietern in Gesprächen bezüglich der Mietkosten. Die Gespräche verlaufen sehr unterschiedlich aufgrund der unterschiedlichen Standorte wie Shopping Centers – aber auch durchaus positiv. Es gibt keine One Fits All Strategie bei unseren Gesprächen, wir sind aber positiv gestimmt, dass sich überall eine Lösung finden lässt.»

Die angespannte Situation berücksichtigen

Auch für viele Einzelbüros und deren Inhaber stehen in diesen Tagen Gespräche und Verhandlungen mit ihren Vermietern an. Ob völlige Abfuhr, Mietstundung, teilweiser Mieterlass oder kompletter Mieterlass – Reisebüro-Inhaber dürften derzeit sehr unterschiedliche Antworten erhalten. Der gestrige bundesrätliche Auftritt hat nun aber nicht dazu beigetragen, die Position von Mietern zu stärken.

Immerhin kann der Verweis auf die Handhabe zahlreicher grosser Vermieter ein Gesprächsansatz sein. Zudem sollte nicht vergessen gehen: sollte sich ein Vermieter komplett stur stellen und auf den vollumfänglichen Mietkosten verharren, sollte diesem aber eben auch klar sein, dass bei einem allfälligen Reisebüro-Konkurs nicht gleich über Nacht ein neuer Mieter auf der Matte stehen wird. Vor diesem Hintergrund dürften Mietzinsreduktionen, um den bestehenden Mieter am Leben zu erhalten, von grösserer Bedeutung sein.