Reiseanbieter

Thomas Meier (Manta Reisen) ist aktuell meistens allein im Büro: «Die Zuversicht auf eine wenigstens teilweise Erholung bis Ende Jahr ist vorhanden», gibt er sich kämpferisch. Bild: GWA

«Alle Stakeholder im Tourismus sollen sich nun auf Qualität statt Volumen besinnen»

Jean-Claude Raemy

Thomas Meier, der Geschäftsführer des Spezialisten Manta Reisen, spricht im Interview mit Travelnews über seine Sorgen und Zuversicht inmitten der Coronavirus-Krise.

Manta Reisen, einer der Spezialisten unter dem Dach der DER Touristik Suisse, vermeldete neulich die Rückkehr des letzten im Ausland befindlichen Kunden. Travelnews hat nun bei Geschäftsführer Thomas Meier nachgefragt, wie die Lage ist - er pendelt aktuell noch tageweise zwischen Homeoffice und dem sonst leeren Büro und nahm sich Zeit, die Situation für uns zu analysieren.


Herr Meier, wie haben Sie den Monat März erlebt, mit diesem «Steigerungslauf» der Krise? Was waren besondere Herausforderungen?

Die rasante Entwicklung im März hat auch uns ganz schön ins Schwitzen gebracht. Begonnen hat dies ja bereits im Februar, als die ersten Länder Einreisebeschränkungen für italienische Gäste oder Flüge ab Italien publiziert haben. Nach und nach hat sich die Situation verschärft, immer mehr Länder führten immer rigorosere Kriterien ein. Eine grosse Herausforderung war, stets über aktuelle und verlässliche Informationen zu verfügen, offene Lücken schliessen zu können, um unser Team und die Kunden möglichst proaktiv mit relevanten Informationen zu versorgen. Als erste Inselresorts im Indischen Ozean unter Quarantäne gestellt wurden, mussten im Nu Übersichtslisten betroffener Buchungen erstellt werden, zwecks Kundeninfo, Umbuchung, Anpassung der Fluglösung etc.

Mitte März dann, als wir durch die Einreiseverbote und Flugstreichungen mit proaktiver Umbuchung oder Stornierung beginnen mussten, galt es, die Gäste möglichst effizient zu informieren, Kunden vor Ort zu betreuen und deren Ansprüchen gerecht zu werden, sowie die Dossiers abzuarbeiten. Die Evakuationsphase war gesamthaft eine Herausforderung an sich. Diese konnten wir dank unermüdlichem Einsatz aller Beteiligten bereits nach einer Woche abschliessen. Hier zeigte sich einmal mehr der grosse Vorteil, über ein eigenes Reiseleiter-Team auf den Malediven zu verfügen.

Wie viele Gäste hatte Manta denn zunächst noch im Ausland?

Am 17. März waren noch über 200 Gäste von uns unterwegs. Nicht nur im Indischen Ozean, auch in allen Ecken Indonesiens, auf den Philippinen und natürlich in Ägypten.

Die Mehrheit wollte die Ferien eigentlich planmässig beenden. Nur war das nicht mehr in allen Fällen möglich und die Organisation vorzeitiger Rückreisen wurden notwendig. Darauf reagierten unsere Kunden alles in allem verständnisvoll und anerkannten unsere Anstrengungen, diese vorzeitige Heimkehr zu organisieren. Die letzten Manta-Gäste landeten am 26. März in Zürich.

Welche firmeninternen Massnahmen wurden getroffen, um die Krise möglichst gut abzufedern?

In der Krisenbewältigung hat sich einmal mehr die Stärke des Verbundes von DER Touristik Suisse gezeigt. Koordination und Umsetzung übergreifender Themen wurden von fokussierten Bereichen der Gruppe wie Krisenmanagement, IT, HR, Communications oder Ticketshop geleitet. So musste Manta nicht selbst Kurzarbeit beantragen oder neue Tools zur Kommunikation oder gar Telefonlösungen fürs Homeoffice evaluieren, sondern konnte sich primär aufs Operative konzentrieren. Natürlich haben wir intern diverse Massnahmen zur Planung und Kostenkontrolle umgesetzt, weitere sind in Planung und Diskussion.

«Den Reisebüros werden die Rechnungsbeträge vollständig per LSV vergütet.»

Wie sieht es eigentlich «forward looking» aus, hinsichtlich Buchungen/Nachfrage?

Der Sommer wird zäh, ganz zäh – da bin ich überzeugt. Doch noch glaube ich fest daran, dass wir ab Herbst, zur Hochsaison im Indischen Ozean, wieder zahlreiche Kunden ins Paradies begleiten dürfen. Neben all jenen Gästen, die jetzt auf die zweite Jahreshälfte umbuchen, haben wir auch täglich die eine oder andere Neubuchung. Die Zuversicht auf eine wenigstens teilweise Erholung bis Ende Jahr ist also nicht nur bei mir vorhanden.

Ein grosses Thema sind Gutscheine, um den Liquiditätserhalt zu ermöglichen. Die Airlines machen mit dem Zurückhalten der Rückzahlungen etwas ähnliches, wenn auch nicht vergleichbares. Wie stehen Sie zu diesen Massnahmen?

Wo immer wir mit Direktkunden eine Einigung zur Rückzahlung per Gutschein treffen können, tun wir dies. Den Reisebüros jedoch werden die Rechnungsbeträge vollständig per LSV vergütet.

Wie wird Ihrer Meinung nach die Reisebranche als Ganzes, und Manta im Besonderen, nach Ausgang dieser Krise dastehen? Wird sich das Reisen fundamental verändern?

Prognosen sind momentan unmöglich. Aber ich glaube schon, dass sich manches grundlegend ändern wird. Und einiges hoffentlich auch zum Guten. Die Vorteile einer Buchung über Reisebüros und spezialisierte Veranstalter mit persönlicher Betreuung, Servicebereitschaft, Agilität und Flexibilität sowie erhöhter Sicherheit werden beim Kunden hoffentlich wieder mehr Gewicht erhalten. Und ich wünsche mir, dass alle Stakeholder im Tourismus sich nun vermehrt auf Qualität, Verantwortung und Nachhaltigkeit besinnen, statt auf Volumen und Marktanteile zu jedem Preis…