Reiseanbieter

Seit November 2018 leitet Martin Fehrlin Imbach Reisen, den Spezialisten für Wanderferien mit über 150 Reisedestinationen weltweit. Bild: Imbach

«Der aktuelle Rückstand lässt sich nicht mehr aufholen»

Gregor Waser

Martin Fehrlin, Geschäftsleiter von Imbach Reisen, nimmt Stellung zur aktuellen Krise und nennt drei Optionen im Fall einer Annullation.

Herr Fehrlin, wie gestaltet sich die aktuelle Krisensituation bei Imbach Reisen?

Martin Fehrlin: Der Monat März war bei uns zwar noch nicht die absolute Hochsaison. Abreisen im April und Mai sind nach jenen im September bei uns am wichtigsten. Insofern trifft uns diese Krise nun voll. Bis jetzt haben wir alle Reisen bis und mit 7. Mai annulliert. Bei Reisen ab dem 9. Mai informieren wir Kunden spätestens 30 Tage vor der geplanten Abreise. Wir sind derzeit ziemlich gefordert, ob organisatorisch oder strategisch. Gleichzeitig freut es uns, dass wir zahlreiche positive Kundenrückmeldungen zu unserer Informationspolitik und Kulanz erhalten.

Hat oder hatte Imbach Reisen gestrandete Gäste an einer Destination?

Rückblickend haben wir richtig entschieden, dass wir am Donnerstagnachmittag, kurz vor dem Wochenende vom 14./15. März, wo vielerorts der Lockdown ausgesprochen wurde, schon sieben Reisen wohlweislich absagten, obwohl unser Entscheid an jenem 12. März – an dem das Reisen noch grundsätzlich möglich war –, bei einigen Reisenden und Partnern vor Ort auf ein gewisses Unverständnis stiess. So hatten wir nur noch eine Gruppe unterwegs, auf einem Kameltrekking in der Wüste Marokkos. Die Gruppe mussten wir frühzeitig nach Marrakesch holen, weil der vorgesehene Rückflug vom 21. März schon storniert war. So konnten wir die Gruppe auf einen früheren Edelweiss-Flug umbuchen. Die letzten beiden Tage in Marrakesch, so habe ich von der Reiseleiterin gehört, hab es der Gruppe in der schon völlig verlassenen Stadt aber gut gefallen. Einzig die vielen besorgten Anrufe und SMS von zuhause hätten sie gestört. Ab dem 14. März haben wir dann alle weiteren Abreisen bis am 24. April gecancelt und die Kunden informiert.

Wie gehen Sie bei Absagen vor? Können Sie die Kunden für ein späteres Datum gewinnen?

Wir gehen drei Optionen durch. Zunächst schlagen wir eine Umbuchung vor, etwa für einen Reisetermin im Herbst ans gleiche oder an ein anderes Ziel und offerieren einen Umbuchungsrabatt. Die zweite Option ist, dass wir für den einbezahlten Betrag einen Gutschein ausstellen und diesen auch noch mit einem zusätzlichen Betrag ergänzen als Anreiz. Die dritte Option ist die Barrückzahlung – sagen dazu aber, dass wir und unsere lokalen Partner schon sehr froh wären, wenn wir eine Umbuchung oder eine Gutscheinausstellung vornehmen könnten.

Und welche Optionen werden gewählt?

In der ersten Woche des Lockdowns, als die Schockstarre noch etwas grösser war, haben fast alle Kunden auf die Geldrückzahlung gepocht. Mittlerweile ist der Anteil jener, die umbuchen oder sich mit einem Gutschein einverstanden erklären, grösser geworden.

«Der Stau und die Reiselust wird bei den Leuten immer grösser»

Kommen sie mit allen eingeleiteten Massnahmen nun einigermassen über die Runden?

Wir haben natürlich praktisch keine Einnahmen bis im Mai. Und die Kosten laufen weiter, zumindest 50 Prozent der Lohnkosten bei Kurzarbeit, die Miete und weitere laufende Betriebskosten. Zwar haben wir die Werbung ziemlich runtergefahren, doch hier schlugen sich im Januar und Februar drei Viertel der Werbeausgaben in den Büchern schon nieder. Die Krise trifft uns nun schon. Es schmerzt zudem, dass der März auch ein wichtiger Buchungsmonat ist, nun sind kaum noch Buchungen reingekommen. Rote Zahlen sind für dieses Jahr absehbar, aber zum Glück haben wir in den vergangenen Jahren gut gearbeietet und schauen optimistisch in die Zukunft. Der aktuelle Rückstand lässt sich aber dieses Jahr nicht mehr aufholen.

Mit welchem Szenario rechnen Sie für das restliche Jahr?

Stand heute ist es schwierig vorstellbar, dass Auslandreisen im Juni und Juli schon wieder anlaufen. Andererseits kann es auch schnell gehen und der Moment kann kommen, wo Kunden sagen, jetzt haben wir es überstanden, lass uns auf eine Insel fliegen, um zu wandern.

Dann dürfte die Reiseform Imbach in die Karten spielen?

Authentische Reisen draussen in der Natur werden künftig sicherlich gefragt sein. Ein Fragezeichen müssen wir aber schon hinter die Form der Gruppenreise setzen. Der Transport erfolgt im Flugzeug und zusammen im Bus. Insofern sind Wanderreisen in der Schweiz wohl verstärkt ein Thema. Aber wir hoffen schon, dass unsere Reisen im September und Oktober wieder auf grossen Anklang treffen. Schliesslich darf man nicht unterschätzten, dass der Stau und die Reiselust bei den Leuten immer grösser wird.

Wie erleben ihre Reiseleiter und Partner die aktuelle Phase?

Die Reiseleiter haben die zusätzlichen Massnahmen des Bundesrates enorm geschätzt. Sie sind ja bei uns nur befristet angestellt und kamen zunächst nicht in Frage für Kurzarbeit, nun aber schon. Und betreffend Partnern: da sitzen wir alle im gleichen Boot. Bei vielen ist das Verständnis da, dass keine Kosten verrechnet werden. Sehr gut ist die Zusammenarbeit mit der LH Group. Wir konnten unkompliziert und kurzfristig die Gruppenbuchungen ändern, was nicht selbstverständlich ist.