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Derzeit herrscht Flaute in den Schweizer Reisebüros. Bild: TN

Reisebüro-Umfrage: «Die Leute warten jetzt einfach ab»

Derzeit herrscht mehrheitlich Flaute in den Schweizer Reisebüros. Travelnews hat acht Reisebüros befragt – nach den aktuellen Buchungseingängen, möglichen Massnahmen und finanziellen Reserven.

Die Coronavirus-Situation lähmt derzeit die Welt. Airlines fahren die Kapazitäten runter, gewisse Länder erschweren die Einreise, in einzelnen Hotels und auf Kreuzfahrtschiffen sitzen Gäste in Quarantäne fest.

Wie geht es den Schweizer Reisebüros aktuell? Unsere Anrufe bei zahlreichen Reisebüros werden unmittelbar entgegengenommen, Reiseprofis sind derzeit gut verfügbar. Mit diesen Fragen haben wir angeklopft:

  • Welche Auswirkungen hat das Coronavirus auf die aktuelle Buchungssituation bei Ihnen?
  • Mit welchen Massnahmen versuchen Sie, die Buchungen aufrecht zu erhalten?
  • Gibt es bei Ihnen firmenintern Verhaltenshinweise ans Team?

Marco Gerwer, Reisebüro Maurer, Bern:

«Es herrscht Ruhe bei uns. Ein paar Buchung für den Herbst treffen zwar ein, kurzfristig läuft aber nichts - es ist ein trauriges Bild. Bei den meisten Kundenkontakten dreht es sich um Verschiebungen oder um Fragen nach Annullationsbedingungen. Viele Leute wollen nicht gehen. Wenn sie hören, was sie zahlen müssen, lassen sie die Buchung aber bestehen. Es scheint, der gesamte Tourismus bricht derzeit ein. Klar stellt sich dann bei uns auch die Frage, wie lange wir das stemmen können. Wir haben Reserven für einige Monate, aber dann? Da werden wir wohl nicht die einzige Branche sein. Massnahmen wie unbezahlte Ferien, das geht bei uns nicht, wir sind nur zu dritt.»

Jörg Waldvogel, Chrisway Reisen, St. Gallen:

«In den letzten zehn Tagen war der Einbruch der Nachfrage deutlich, im Vergleich zum Vorjahr sprechen wir von 30 Prozent weniger Umsatz. Dabei helfen uns sporadische grosse Dossiers, die immer noch reinkommen, zuletzt eine grosse Sea-Cloud-Kreuzfahrt 2021. Wir waren gut ins Jahr gestartet, mittlerweile rechne ich damit, dass 2020 klar schlechter als die guten letzten Jahre ausfallen wird. Die Auswirkung sind stärker als damals bei der SARS-Krise; man fühlt sich schon fast ans Swissair-Grounding erinnert. Das ist für uns aber alles nicht so schlimm: Wir haben Reserven und können auch über längere Zeit mit einer deutlich tieferen Nachfrage klarkommen und trotzdem noch normal geschäften und anständige Löhne bezahlen.

Bislang haben wir übrigens keine Annullierungen, ausser einer Geschäftsreise nach Singapur, hinnehmen müssen. Wir sind vor allem in Nordamerika stark und weniger auf Asien ausgerichtet, das kommt uns aktuell wohl entgegen. Natürlich machen wir uns aber auch Sorgen, ob es noch dicker kommt. Dass etwa Israel Schweizer nun in Quarantäne stellen will, ist keine gute Entwicklung, auch wenn Israel für uns ein Nischengeschäft ist. Umgekehrt startet bald eine Reisegruppe von uns mit Vögele nach Japan; dort gab es Rückfragen, aber die Gruppe wird reisen. Ich denke auch, das EDA und das BAG machen bislang einen hervorragenden Job.»

Daniel Amez-Droz, Reisebüro Monami, Klosters-Serneus GR:

«Buchungen für Italien, Frankreich und Kroatien fehlen komplett. Überraschenderweise haben wir aber sehr viele Buchungen für Fernziele wie Australien, Neuseeland oder Nordamerika. Aber dies ändert nun täglich und man weiss ja nicht, wie es weitergeht. Im Moment ergreifen wir keine speziellen Massnahmen. Heute hatte ich eine Buchungsanfrage für Südfrankreich und da versuche ich, die Buchung bei einem Veranstalter zu machen, der die Stornierungsbedingungen angepasst hat. Darauf schauen wir, damit wir die Kunden ein wenig beruhigen können. Viele unserer Kunden verlassen sich auf unsere Tipps und die Empfehlungen. Sie fragen dann zum Beispiel, ob wir die Destination auch bereisen würden. Bei uns im Büro haben wir Desinfektionsmittel und desinfizieren die Türgriffe regelmässig. Zudem gibt das den Kunden Sicherheit. Auf das Händeschütteln verzichten wir nicht, es sei denn, unsere Kunden möchten uns die Hand nicht geben, dann zwingen wir es ihnen auch nicht auf. Zudem waschen wir uns regelmässig die Hände.»

Werner Blum, Move Reisen, Zürich-Affoltern:

«Hier bei Move Reisen in Zürich-Affoltern ist es in unserem Retailing sehr ruhig. Angefangen hatte das Jahr durchaus gut, ganz leicht unter Vorjahr. Der März wird nun aber wohl schlecht ausfallen, Badeferien-Buchungen treffen keine ein. Wir versuchen, so gut wie möglich, die Fixkosten im Griff zu haben, um über diese Zeit zu kommen. Dagegen läuft unser zweites Standbein, Australasia am Schaffhauserplatz in Zürich, weiterhin gut. Dort treffen derzeit diverse Australien-Buchungen ein. Wobei wir mit den Flügen zu kämpfen haben, mit Absagen und Umbuchungen.»

Reto Battaglia, Aves Reisen, Uetikon ZH:

«Es ist eindeutig ruhiger geworden. Wir nehmen an, dass die Leute jetzt einfach abwarten, bis mehr Klarheit über die Krankheit herrscht. Wir buchen im Moment wenig. Derzeit unternehmen wir noch nichts, weil sich die Situation so schnell verändert. Wenn man beispielsweise Italien anschaut, wussten wir vor zwei Wochen noch nichts über die Risiken und nun sind es täglich mehr Infizierte und Tote. Wir warten deshalb einfach ab, bis das BAG einen Überblick hat. Wir empfehlen unseren Mitarbeitenden zurzeit, nicht in eine stark betroffene Gegend zu reisen. Ausserdem hat jeder unserer Angestellten ein Desinfektionsmittel auf dem Tisch.»

Carmen Schmid, Accotravel, Affoltern am Albis ZH:

«Unsere Kunden sind enorm zurückhaltend. Sie informieren sich zwar, aber warten mit Buchen leider ab. Kunden, die bereits gebucht haben, fragen nach den Stornobedingungen oder haben diverse Fragen zum Thema Versicherung. Die Unsicherheit ist zu spüren und wir sind froh um die Kulanz der Touroperator. Wir versuchen den Kunden die Ängste und Sorgen zu nehmen, indem wir die Sachlage erklären und sie darüber informieren, dass wir tägliche News über die aktuelle Lage erhalten. Auf das Hände schütteln verzichten wir und wir desinfizieren die Hände sowie unsere Arbeitsplätze regelmässig. Und wir halten uns und unsere Kunden über die aktuellen Informationen auf dem Laufenden.»

Jonas Sulzberger, Reisebüro Sulzberger, Neuhausen SH:

«Wie es geht? Ja, wir sind gesund, das ist ja mal das Wichtigste. Ansonsten ist es sehr ruhig hier. Die Anzahl Buchungen von dieser Woche können wir an einer Hand abzählen. Es herrscht Flaute. Am Mittwoch von letzter Woche hatte ich Kunden hier, die eigentlich buchen wollten, sie haben es sich nun übers Wochenende aber anders überlegt. Aktiv bewerben wir nun die Veranstalter-Offensive mit den kulanten Stornobedingungen für Neubuchungen, die Aktion haben wir in unserem monatlichen Kunden-Newsletter erwähnt. Wobei wir die bestehenden Kunden, die schon gebucht haben, nicht verärgern wollen – dies ist schon ein Spagat. Unser Verhalten haben wir nicht gross verändert. Wir sprachen aber eben darüber, wie wir unsere verfügbare Zeit nun nutzen können.»

Christine Ziegler, Lohri Reisen, Bern

«Die Neubuchungen fehlen aktuell klar, vereinzelt tröpfeln immerhin noch Buchungen für den Herbst oder den Winter herein. Immerhin werden bislang geplante und bestätigte Gruppenreisen noch durchgeführt – gerade heute ist eine Gruppe von uns nach Dresden abgereist, wo alles normal ist, die Semperoper ist offen. Die nächste grössere Gruppenreise geht im Mai. Natürlich gab es vereinzelte Annullationen, von Personen in Risikogruppen oder bei Reisen in potenziellen Risikogebieten. Wir beruhigen die Kunden, so gut es geht – die Anfragen zum Coronavirus halten sich aber in Grenzen. Als interne Massnahmen haben wir zunächst mal unsere Werbung komplett gestoppt – Reisen zu bewerben macht aktuell keinen Sinn – und ansonsten sind wir gut vorbereitet und haben einen Notfallplan erstellt.»

(JCR/GWA/NWI)