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Schweizer Reisebüros erleben aktuell ruhige Tage, doch der Buchungsstau könnte sich auch schnell wieder lösen. Bild: TN

Das spricht jetzt für die Pauschalreise

Gregor Waser

Wann sich der aktuelle Buchungsstau in den Schweizer Reisebüros lösen wird, ist offen. Klar ist: sobald sich die Stimmung verbessert, haben Schweizer Reisebüros gute Trümpfe in der Hand.

Heute Morgen war es sehr ruhig in den Schweizer Reisebüros, was Neubuchungen betrifft, morgen und übermorgen wohl auch noch. Wie lange die aktuelle Unsicherheit wegen der Corona-Krise andauert, ist schwierig abzuschätzen. In zwei, drei Wochen könnte sich die aktuelle Stimmungslage aber schnell wieder aufhellen und sich der Buchungsstau lösen.

Die Touroperators haben für Neubuchungen von Pauschalreisen bereits den Teppich ausgerollt mit kulanten Stornobedingungen und damit den Schweizer Reisebüros einen Steilpass geliefert, heute schon Buchungen an Land zu ziehen.

«Wir begrüssen die Umbuchungsmöglichkeiten der Veranstalter, was Pauschalreisen betrifft», sagt Jonas Sulzberger vom Reisebüro Sulzberger in Neuhausen SH und verweist auf den Unterschied von Pauschalreisen mit Charter-Flügen und dynamisch zusammengestellten Reisen, die auf Linienflügen basieren. «Die Anfragen von dieser Woche können wir zwar an einer Hand abzählen, aber wir verweisen aktiv darauf, dass es bei Pauschalprodukten flexible Stornobedingungen gibt. Zudem verweisen wir auch auf unserem eben verschickten Kunden-Newsletter darauf».

Kulante Stornobedingungen lancierte zunächst Bentour Reisen, weitere Reiseveranstalter sind dieser Avance gefolgt. Bentour-Chef Deniz Ugur erläutert den Schritt: «Ein Veranstalter mit einer gewissen Grösse und guten Geschäftsbeziehungen kann mit seinen Lieferanten flexible Stornobedingungen aushandeln. Bei dynamisch zusammengestellten Produkten sind die Möglichkeiten limitiert. Und diese Möglichkeit geben wir nun weiter als vertrauensbildende Massnahme.» Gefruchtet habe die Massnahme durchaus, das aktuelle Wochenminus belaufe sich nur auf fünf Prozent. Ugur glaubt, die Massnahme habe Schlimmeres abgefedert.

Bei Helvetic Tours beträgt der Anteil verkaufter Pauschalreisen mit Charterflügen rund 60 Prozent. Bei Kuoni – die Produkte sind mehrheitlich im Baukastensystem zusammengesetzt – ist der Anteil von Reisen mit Linienflügen höher. «Um diese ausserordentliche Situation als Branche zu meistern, sind wir darauf angewiesen, dass die Leistungsträger zu den getroffenen Kulanzregelungen für unsere gemeinsamen Kunden einen fairen Beitrag beisteuern», erklärt Markus Flick, Sprecher bei DER Touristik Suisse. Entsprechende Gespräche befänden sich derzeit im Gange.

«Bei der Buchung im Online-Portal fehlen die Kontaktmöglichkeiten»

Von einer aktuellen Zurückhaltung spricht Hotelplan-Sprecherin Bianca Gähweiler, auf eine Aufweichung der Stornobedingungen verzichtet Hotelplan Suisse aber, «da sehen wir aktuell keinen Grund dazu.» Buchungen würden trotzdem eintreffen, wenn auch weniger als im Vorjahr. Sie ist aber überzeugt, dass in der angespannten Zeit, Reisebüros mit guten Trümpfen aufwarten können: «Wir sind Profis an der Front. Da kann man viele Unsicherheiten im Gespräch ausräumen oder relativieren. Bei der Buchung im Online-Portal fehlen die Kontaktmöglichkeiten.»

SRV-Geschäftsführer Walter Kunz begrüsst die kulanten Stornobedinungen der Reiseveranstalter für Neubuchungen. «Wir respektieren unternehmerische Entscheide und begrüssen die Kulanz. Wichtig ist, dass die Branche gerade bei Ausnahmesituationen bei den bestehenden Buchungen möglichst einheitlich vorgeht und sich hier nicht einzeln profiliert.»

Kunz ist überzeugt, dass Reisebüros derzeit auch eine Chance haben: «Reiseprofis können verunsicherten Kunden mit Rat und Tat zur Seite stehen und etwa Ausweichziele darlegen. In einer Umbuchungssituation sind die Möglichkeiten hierzu in einem Reisebüro ungleich grösser, als wenn sich ein Direktkunde im Internet abmüht. Wir erleben derzeit diese Situation wohl alle selber, wenn es darum geht, unsere ITB-Berlin-Buchungen bei Airlines und Hotels abzusagen.» Nicht, dass eine Umbuchung im Reisebüro stets kostenfrei wäre, aber der Ablauf sei zweifellos vorteilhafter, unterstreicht Kunz.

Aktuell steht der SRV-Geschäftsführer übrigens mit dem WBF (Bundesamt für Wirtschaft, Bildung und Forschung) in Kontakt. «Wir setzen alles daran, am einberufenen Coronavirus-Krisengipfel von Bundesrat Parmelin teilnehmen und uns einbringen zu können. Denn einmal mehr wurde in Bundesbern die Outgoingbranche komplett aussen vor gelassen.»