Reiseanbieter

«Die Umsätze der Massenprodukte werden noch weiter zurückgehen, aber wer die Kosten und Margen im Griff hat, kann dies etwas entspannter sehen»: André Lüthi, CEO Globetrotter Group, ist mit dem rückläufigen Umsatz 2019 dank gutem EBIT völlig entspannt. Bild: Globetrotter Group

Die Globetrotter Group erleidet einen Umsatz-Rückgang

Trotzdem ist CEO André Lüthi mit dem Resultat äusserst zufrieden. Im Gespräch mit Travelnews erläutert er dafür seine Gründe.

Die Globetrotter Group hat für das Geschäftsjahr 2019 einen Umsatz von 243 Millionen Franken (nicht konsolidiert) kommuniziert. Das entspricht gegenüber dem Rekord-Vorjahresumsatz von 264,3 Mio. Franken einem Umsatzrückgang von 8 Prozent. Nun ist bekannt, dass in ungeraden Jahren bzw. Jahren ohne Olympische Spiele die Umsätze jeweils kleiner sind: 2019 fanden keine Olympischen Spiele statt. Die Sportabteilung des Globetrotter Travel Service ist in den Olympia-Jahren für die Beförderung der Athleten, Betreuer und des SRF verantwortlich – alle zwei Jahre fehlt dieser Umsatz. Weiter wurden im vergangenen Jahr keine Rock&Blues Cruise (Music Cruise) und kein eigener Schiffscharter in die Antarktis (Background Tours) durchgeführt. Auch diese Reisen finden im Zweijahresrhythmus statt.

Doch ist das Resultat wirklich zufriedenstellend? Im Vergleich zum Jahr 2017, als es auch keine Olympischen Spiele gab, beträgt das Umsatzminus immer noch 4 Prozent. Die Zahl der Mitarbeitenden sank im Jahresverlauf zudem von 450 auf 429.

Gegenüber Travelnews versichert André Lüthi (CEO, Globetrotter Group), dass er mit dem Ergebnis sehr zufrieden sei: «Die Group hat einen soliden EBIT erwirtschaftet. Das ist das Wichtigste, nicht permanentes Wachstum. Zudem war schon im Frühjahr klar, dass das Jahr 2019 für die ganze Branche ein schwieriges Jahr sein würde. Insofern sind wir mit dem Ergebnis zufrieden.» Nachdem sich abgezeichnet hatte, dass es ein schwieriges Jahr würde, verordnete Lüthi den Geschäftsführern der 14 Unternehmen der Globetrotter Group einen Sparkurs. Da, wo Probleme erkannt wurden, wurden frühzeitig Massnahmen ergriffen, beispielsweise mit der Zusammenlegung von Linguista und Globo-Study. Ein Teil des Personalverlusts sei darauf zurückzuführen. «Wir haben Kosten herausgenommen und letztlich haben fast alle Unternehmen positiv zum EBIT beigetragen», bilanziert Lüthi. Wie hoch dieser insgesamt ausfiel, verrät er nicht, lässt jedoch durchblicken, dass dieser im branchenüblichen Bereich von 0-3 Prozent liegt - womit der EBIT sich irgendwo zwischen 2-7 Millionen Franken bewegen dürfte.

Erfreuliche Steigerungen gab es im Segment der Pensionierten und Frühpensionierten im Bereich Studien- und Politreisen sowie bei den Geschäftsreiseabteilungen. Auch die Nachfrage nach Bahn- und Trekkingreisen von Globotrain und Globotrek sowie für Bikereisen von Bike Adventure Tours habe 2019 merklich zugenommen, was wohl auch auf die Klimadebatte zurückzuführen sei. Zur genauen Umsatzaufteilung auf die einzelnen Marken schweigt sich Lüthi aus, lässt aber wissen, dass das klar grösste Gruppenunternehmen, die Globetrotter Travel Service, einen Umsatz von rund 150 Millionen Franken erwirtschaftet hat, also knapp über 60 Prozent des Gesamtumsatzes.

«Auf das klassische Retailing kommt die grösste Herausforderung heran»

Trotz dem an sich erfreulichen Resultat und dem runden Jahr 2020, in welchem wieder gewisse Umsatztreiber (Olympische Spiele, Music Cruise, Antarktis-Reise) in die Zahlen einfliessen werden, gibt es für die Unternehmen der Globetrotter Group keinen Grund, sich auszuruhen. Die Online-Portale, die Klimadebatte und der Overtourism und inzwischen auch die Coronavirus-Krise fordern die ganze Branche. «Hier müssen wir alle noch mehr Verantwortung übernehmen und Kunden wie Mitarbeitende in die Diskussion mit einbeziehen», so Lüthi, «und umso mehr wollen wir auch an der Schärfung der Positionierung aller 14 Firmen arbeiten.»

Denn gerade in den Spezialisten-Nischen mit ihren vielen USPs sieht er ein krisenresistentes Produkt, währenddem sich die klassische Reisebüro-Buchung immer mehr der erstarkten Online-Konkurrenz und verändertem Kundenverhalten ausgesetzt sehe. «Das Retailing ist in den kommenden Jahren sicher am stärksten gefordert», erklärt Lüthi. Seine Hilfs-Massnahme: Ein Grossteil des Marketings fliesst in den Kunden. Wie das? «Kundenzufriedenheit gibt neue Kunden, sprich die glücklichen Kunden sind unsere besten Werbeträger», so Lüthi, weshalb man besonderen Wert nicht nur auf das Fachwissen der Mitarbeitenden, sondern auch auf die Kundenpflege entlang der ganzen Customer Journey lege. Jüngstes Beispiel: Nach der Antarktis-Reise im Januar, für welche Paare im Schnitt rund 44'000 Franken hinblätterten, sind bereits Buchungen für die nächste Austragung 2022 eingegangen - und dies von Neukunden.

Interessant sind in diesem Zusammenhang die Parallelen zu Hotelplan: Dort wurde jüngst auch ein rückgängiger Umsatz entspannt betrachtet, mit Hinweis auf den guten EBIT. «Die Umsätze der Massenprodukte werden noch weiter zurückgehen, aber wer die Kosten und Margen im Griff hat, kann dies etwas entspannter sehen - wobei die Grundherausforderung natürlich bleibt», schliesst Lüthi.

Lüthi ist überzeugt, dass Spezial- und Nischenreisen vom Markt immer mehr gesucht werden und die Globetrotter Group deshalb strategisch sehr gut für die Zukunft aufgestellt sei. Froh ist Lüthi überdies über das Aktionariat, nebst ihm bestehend aus Walo Kamm und der Diethelm Keller Gruppe, welche ihm viel unternehmerische Freiheit gewähren: «Es ist befreiend, wenn die Resultate nicht von einem Excel-Taliban kontrolliert werden, der aus einem Büro heraus und lediglich im Interesse von Börde oder Bonus irgendwelche weltfremden Forderungen an Wachstum und Gewinn stellt.» Das führe aber auch zu höherer Verantwortung im Management, wo man eben Weitsicht beweisen muss, um den guten Lohn zu rechtfertigen.

Globetrotter Group: 14 Unternehmen, 23 Marken

(JCR)