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Chinesische Touristen vor dem Pariser Triumphbogen: Solche Bilder sind weiterhin möglich - vorerst aber keine grossen chinesischen Gruppen mehr. Bild: Mika Baumeister

Die Coronavirus-Krise trifft in der Schweiz vorwiegend das Incoming-Geschäft

Das chinesische Kultur- und Tourismusministerium hat alle Gruppen- und Pauschalreisen aus China heraus ab dem 27. Januar und bis auf Weiteres untersagt. Destinationen mit hohem chinesischem Besucheraufkommen haben berechtigte Sorgen. Aber auch die Anbieter von Reisen nach China verfolgen die Lage genau. Swiss bietet derweil bereits kostenfreie Annullationen für Flüge nach China.

Noch immer spricht die ganze Welt von der drohenden Coronavirus-Epidemie; per heute Montagmorgen gab es in China bereits 2744 bestätigte Erkrankungen, 80 Todesfälle, sowie laut WHO bislang 29 Fälle im Ausland, in der Regel von Personen, welche kurz zuvor in der Provinz Hebei unterwegs waren. Die chinesischen Behörden scheinen fest entschlossen, die Sache rasch in den Griff zu bekommen. Die jetzt beginnende Woche ist normalerweise eine der geschäftigsten Reisewochen in China, wegen der Neujahrsfeierlichkeiten. Doch die chinesische Regierung hat diverse Städte der Provinz Hebei, wo das Coronavirus zuerst nachgewiesen wurde, komplett unter Quarantäne gestellt und inzwischen auch sämtliche nicht zwingend notwendigen Reiseaktivitäten untersagt.

So hat die China Travel Service Association (CTSA) angekündigt, dass sämtliche Gruppen- und Pauschalreisen (in China «Hotel & Air Ticket Services» genannt) bis auf Weiteres nicht mehr gestattet sind. Bereits angetretene Reisen dürfen beendet werden, aber seit heute Montag (27. Januar) gehen zumindest temporär keine chinesischen Reisegruppen mehr ins Ausland. Dies folgt auf eine bereits am 24. Januar dekretierte Anweisung des chinesischen Ministeriums für Kultur und Tourismus. Inzwischen wurden die Neujahrsfeiertage um zwei Tage bis zum 2. Februar verlängert - um Massenbewegungen möglichst einzudämmen bzw. zeitlich auszudehnen.

Man stelle sich das mal vor: Im 1,4-Milliarden-Land China spricht man hier von Millionen Reisenden. Das werden beliebte Tourismusziele von Chinesen, darunter die Schweiz, deutlich zu spüren bekommen - umso deutlicher, je länger die Einschränkung gilt, also solange weiterhin Angst vor einer Coronavirus-Epidemie besteht. 2018 sorgten Chinesen für 1,73 Millionen Übernachtungen in der Schweiz, 2019 dürften es noch mehr gewesen sein. Gerade auch das Wintergeschäft wird getroffen, welches Schweiz Tourismus erst kürzlich gezielt in China anpries.

Noch lassen sich mögliche Folgen nicht sauber prognostizieren. Aber allein die Situation im chinesischen Territorium Macau zeigt, was abgeht: Dort sind die Besucherzahlen von Festland-Chinesen in der letzten Woche um 80 Prozent eingebrochen. Umgekehrt macht sich China natürlich grosse Sorgen um seinen eigenen Incoming-Tourismus: Die - wenngleich temporäre - Schliessung der Verbotenen Stadt in Peking, von Teilen der Grossen Mauer, der Disneyland-Parks in Shanghai und Hong Kong, um nur diese zu nennen, sind alles andere als gute Werbung. Als die SARS-Krise 2003 ausbrach, ging der Tourismus in China um 60 Prozent zurück. Das wollen die chinesischen Behörden dieses Mal unbedingt verhindern. Wie China und die Weltöffentlichkeit die Coronavirus-Krise in den kommenden Tagen und Wochen meistern, wird für die globale Tourismusindustrie von grosser Wichtigkeit sein.

In der Schweiz ist man bislang noch «gelassen aber aufmerksam»: Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) stehe mit Reiseveranstaltern in Kontakt, welche Gruppenreisen mit Gästen aus Asien in der Schweiz organisieren. Das Eidg. Department für auswärtige Angelegenheiten (EDA) verfolgt derweil die Lage in China im Zusammenhang mit dem Coronavirus und unterstützt Schweizer Staatsangehörige bei Bedarf im Rahmen des konsularischen Schutzes. Neuste Informationen zum Wissenstand rund um das Coronavirus und zu dessen Ausbreitung bietet die Website der Weltgesundheitsorganisation WHO. Auch Schweiz Tourismus informiert laufend über eine spezielle Landingpage über die eigenen Aktivitäten betreffend Coronavirus - darunter auch mögliche Annulllierungen von Events in China.

TOs suchen das Gespräch

Die Schweizer Reiseveranstalter mit China-Programmen halten sich bislang an diese Empfehlungen des EDA und der WHO, sprich: Bei Reisen nach China ist Vorsicht geboten und es kann mit Einschränkungen gerechnet werden. Von Reisen abgeraten wird indes nicht. Aus Sicht der Reiseveranstalter sind damit im Prinzip die Voraussetzungen für kostenlose Stornierungen noch nicht gegeben. Tourasia lässt immerhin wissen, dass mit allen Abreisenden nach China über den Zeitpunkt von vier Wochen in Verbindung getreten werde, um eine individuelle Beurteilung vorzunehmen.

In anderen Ländern scheint das anders auszufallen: In Frankreich hat der TO-Verband SETO laut «L'Echo» am Sonntag eine Krisensitzung einberufen; die Veranstalter mit China-Programmen stellen sich demnach auf den Standpunkt, dass China-Reisen aktuell nicht plangemäss durchgeführt werden können und haben Abreisen bis und mit 21. Februar abgesagt. Kunden können entweder dieselbe Reise zu einem späteren Zeitpunkt antreten oder kostenlos umbuchen.

Mengenmässig sind solche Massnahmen allerdings noch überschaubar: Aktuell ist für Reisen nach China Tiefsaison.

(JCR)