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Sie luden zum Candlelight Talk ins Widder: Achim Schneider (CEO Vtours, l.) und Thomas Stirnimann (CEO Hotelplan Group). Bild: JCR

Hotelplan verdient trotz weniger Umsatz und Pax wieder mehr Geld

Jean-Claude Raemy

Die Hotelplan Group hat im abgelaufenen Geschäftsjahr im Interesse einer besseren Marge einen klaren Umsatzrückgang hingenommen. Der EBIT hat sich gegenüber dem Vorjahr aber verbessert. Und für 2020 ist Gruppen-CEO Thomas Stirnimann nicht zuletzt dank der Akquisition von Vtours optimistisch.

Aus dem Feuer wurde ein Flämmchen: Nach den «Kaminfeuergesprächen» in den Vorjahren lud Thomas Stirnimann, CEO Hotelplan Group, zur Präsentation der Gruppen-Geschäftszahlen in diesem Jahr zu einem «Candlelight Talk» ins Zürcher Hotel Widder. Sein eigenes Feuer fürs Unternehmen scheint allerdings nicht kleiner geworden zu sein und auch trotz der auf den ersten Blick ernüchternden Zahlen konnte Stirnimann viel Gutes berichten, so dass man nicht in Versuchung kommt, Feuer-Metaphern wie «Feuer im Dach» zu bemühen.

Die Gesamtzahlen für die Gruppe lesen sich zunächst nicht besonders positiv. Im Geschäftsjahr 2018/2019, welches Ende Oktober 2019 abgeschlossen wurde, resultierte ein Rückgang von 3,8 Prozent beim Umsatz und gar von 6,8 Prozent bei den Passagieren. Dies wurde so hingenommen; die Hotelplan Group fokussierte sich nämlich auf qualitativ hochwertige Reisen. Oder anders formuliert: Es wurden weniger Risiken eingegangen – etwa bei Chartern oder bei Hotel-Commitments –, so dass weniger Abverkaufsdruck herrschte und die Durchschnittspreise stabil gehalten wurden. Hinzu kam laut Stirnimann, dass die Renaissance der Türkei oder Ägyptens natürlich zulasten von Zielen wie etwa Spanien oder Griechenland ging, wo der Umsatz pro Pax deutlich höher ist – nicht jedoch der Gewinn pro Pax.

Stirnimann's Fazit wollen wir an dieser Stelle vorziehen: «Die Divisionen Hotelplan Suisse, Holiday Homes und Finass haben bessere Resultate erzielt als im Vorjahr; bei BTA und Bedfinder wird noch investiert, derweil Hotelplan UK einmal mehr das Sorgenkind war. Ich will aber festhalten, dass die Hotelplan Group als Ganzes profitabel war, auch auf Stufe EBIT. Dieser ist deutlich besser ausgefallen als 2018.» Für 2020 sei er «recht optimistisch, denn alle Indikatoren stehen auf grün».

Anbei mal die wichtigsten Kennzahlen:

Hotelplan Suisse

Bei Hotelplan Suisse war bereits bekannt, dass Umsatz und Pax rückläufig waren, der Gewinn jedoch stabil blieb. Nun ist bekannt, dass der Rückgang in beiden Bereichen fast 5 Prozent betrug. Nebst den bereits erwähnten Faktoren wie dem Erstarken der Ziele im östlichen Mittelmeer war das Geschäftsjahr überdies «durch eine verstärkte Sensibilisierung auf die globale Klimaerwärmung sowie durch das gute Sommerwetter in Europa» geprägt. Dass infolge von Airline-Konkursen oder auch dem Konkurs von Thomas Cook wiederum Passagiere gestrandet seien, unterstreiche die Wichtigkeit der sorgfältigen Auswahl von Reiseveranstalter, Reisebüro und Airline. Bei Hotelplan Suisse sei der Fokus im abgelaufenen Geschäftsjahr deshalb auf der Verbesserung der Bruttomarge, Servicequalität, Beratungskompetenz und einer effizienteren Bewirtschaftung der Risiken gelegen.

Zum Stichwort Klima fügte Stirnimann an, dass tatsächlich mehr und mehr CO2-Kompensationen mit den Reiseprodukten verkauft werden - allerdings mit riesigen Differenzen pro Verkaufskanal: Während im Offline-Verkauf bereits 28 Prozent der Kunden eine CO2-Kompensation buchen, liegt dieser Anteil bei Online-Buchungen bei gerade mal 1 Prozent. Soll noch einer sagen, die Reisebüros können nicht steuern...

Und doch ist auch der Online-Umsatzanteil weiter gewachsen und beträgt laut Stirnimann inzwischen bereits 25 Prozent. Stirnimann geht davon aus, dass sich die Branche weiter konsolidieren wird.

Darüber hinaus wagt Stirnimann einen Ausblick auf das aktuelle Geschäftsjahr: Dieses sei «recht gut gestartet» - Hotelplan und insbesondere Migros Ferien seien gut unterwegs. «Erstmals seit Jahren verzeichnen wir wieder Wachstum im Badeferiengeschäft», freut sich der CEO. Das Langstreckengeschäft sei auf Vorjahresniveau. Überraschenderweise liege dagegen das Kreuzfahrtgeschäft bislang deutlich, rund 10 Prozent, unter dem Vorjahreswert.

Hotelplan UK

Wie im Vorjahr war das Geschäft in Grossbritannien wiederum das grosse Sorgenkind. So spürte die britische Tochtergesellschaft auch im letzten Geschäftsjahr die Brexit-Unsicherheit. Weiter hatte die Insolvenz von Thomas Cook ebenfalls einen negativen Einfluss auf das Ergebnis, da das Unternehmen einer der wichtigsten Vertriebs- und Flugpartner von Hotelplan UK war. «Wir mussten kurzfristig alles nochmals einkaufen, konnten dafür jedoch nicht die Kunden belasten», so Stirnimann, «dazu haben wir mit dem Wegfall der Thomas-Cook-Reisebüros Lücken in der Distribution.» Letztere wurden zwar von Hays Travel übernommen, doch verfolge dieser eine andere Vertriebsstrategie. Insgesamt rechnet Stirnimann damit, dass die Thomas-Cook-Pleite bei Hotelplan ein Loch von rund 3-5 Millionen Franken verursacht hat.

Trotzdem sei es Hotelplan UK gelungen, mit straffer Kostenkontrolle die Effizienz zu steigern. Unter anderem kam es zu einer geplanten Kapazitätsreduktion der Chalet-Hotels in den Alpen, mit denen früher mehrjährige Verträge vorhanden waren. Da man diese nun quasi saisonal haben könne und es wenig Konkurrenz in diesem Bereich gebe, ist Stirnimann zuversichtlich, dass sich die Situation bald zum Besseren wenden wird. Dazu tragen die Übernahme von Flexiski sowie kontinuierliche Investitionen im Online-Bereich zum künftigen Wachstum bei.

Holiday Home Division

Obwohl auch im Ferienwohnungsvermittlungs- sowie Geschäftsreisen-Business ein Umsatzrückgang hingenommen werden musste, sei das Ergebnis in diesen Business-Units sehr gut. Eigentlich sei das Geschäft überall gut gelaufen, nicht jedoch in Deutschland. Der Fokus der Holiday Home Division mit den Ferienhausvermittlern Interhome und Interchalet lag im abgelaufenen Geschäftsjahr auf der Einführung eines einheitlichen Betriebssystems. Daraus resultierte eine deutliche Margenverbesserung.

«Das Geschäft ist zeitgemäss und hat Zukunft», so Stirnimann, «und die Winter-Vorausbuchungen sind gut.» In diesem Bereich stehen also alle Ampeln auf grün.

Bedfinder

Etwas Sorgen bereitet weiterhin Bedfinder. Im vierten Jahr nach der Gründung sei die Firma immer noch ein «Investment Case» und die Strategie musste abermals geändert werden. Das Start-up hat sich aus dem stark umkämpften Hotel-Only B2C-Business zurückgezogen, unter anderem wegen massiven Betrugsversuchen (Kreditkartenbetrug und dergleichen) und konzentriert sich neu auf den Verkauf von Packages mit White Label-Partnern. Hierbei wird etwa mit Travelzoo oder Weekend.com kooperiert. Das Investment sei in dieser Form tragbarer und Stirnimann bezeichnet Bedfinder weiterhin als ein «spannendes Labor». Dennoch: Mit gerade mal 13,2 Millionen Franken Umsatz ist Bedfinder weiterhin meilenweit von den ursprünglich gesteckten Umsatzzielen entfernt.

Business Travel

Gegenüber dem vorangegangenen Geschäftsjahr besteht die Division Business Travel neu aus zwei Geschäftseinheiten. BTA First Travel gelang es 2018/2019, das Kundenportfolio mit namhaften Neukunden zu ergänzen. Zudem wurde das Online-Buchungstool «all4travel» entwickelt, auf welchem Kernleistungen wie Flug, Unterkunft sowie Mietwagen und Transfer unkompliziert und auf allen digitalen Kanälen ausgewählt und gebucht werden können. Das Projekt befindet sich aktuell in einer Pilotphase; dieses neue Digitalisierungstool ist laut Stirnimann ein signifikantes Investment.

Derweil konnte das erste Geschäftsjahr von Finass Reisen bei der Hotelplan-Gruppe sehr erfolgreich abgeschlossen werden. Aufgrund von günstigeren Preisen für Flugtickets musste trotz höherer Anzahl verkaufter Tickets allerdings ein Umsatzrückgang hingenommen werden. Der verrechnete Umsatz lag zum Ende des Geschäftsjahres bei 43,5 Millionen Franken (im Vorjahr noch bei 49,5 Millionen).

Vtours

Womit man beim jüngsten Baby der Hotelplan Group ist: Vtours (ausgesprochen offenbar «Vau Tours» und nicht «Wii Tours»). Dieser wurde per 1. November 2019 übernommen, wodurch der Umsatz von Vtours erst im aktuellen Geschäftsjahr hinzugerechnet wird. Dieser kann sich sehen lassen: Der Aschaffenburger Reiseveranstalter verzeichnete im letzten selbständigen Geschäftsjahr einen Umsatz, der mit 490 Millionen Franken ausgewiesen ist. Nachdem Vtours Deutschland einen Umsatz von rund 390 Millionen Euro bekanntgab, kann man also davon ausgehen, dass die Firma Vtours International mit Sitz in Glattbrugg ZH somit rund 70 Millionen Franken generierte. Der Sitz gleich um die Ecke von Hotelplan war ja auch entscheidend dazu, dass es zu ersten Kontakten und letztlich zum Deal kam. «Dieser Zukauf katapultiert Hotelplan in eine neue Dimension», schwärmt Stirnimann.

Achim Schneider, der CEO von Vtours, war im Widder ebenfalls zugegen und konnte so den 2004 gegründeten «pure online player» vorstellen. Vtours ist ein dynamischer Reiseveranstalter, in diesem Bereich gar ein Pionier, der abenteuerliche Wachstumsraten verzeichnete. Inzwischen ist dynamische Paketierung kein USP mehr und Vtours ist klassischer unterwegs, etwa mit Volumenverträgen, aber weiterhin ohne gedruckten Katalog. Vtours wird als Marke nicht in die Schweiz kommen; die Zusammenarbeit ist strategisch und im IT-Bereich: So wird Vtours auch Technologie von Hotelplan integrieren, um mehr im Individualbereich zu können, und macht im deutschen Markt wiederum Paketierung ausschliesslich für Hotelplan. Oder wie es Stirnimann formuliert: «Vtours öffnet uns den Absatzmarkt Deutschland. Unser Konkurrenzumfeld besteht ohnehin nur noch aus deutschen Firmen... So können wir dort Produkte anbieten, während Produkte von Vtours in der Schweiz angeboten werden können. Die beiden Produktangebote sind sehr komplementär und es sind auch Kostensynergien möglich.»

Wann die Systeme vereinheitlicht sind und die beiden Unternehmen vollständig integriert, ist nicht klar; Stirnimann glaubt jedoch, dass dies noch 2020 umgesetzt werden kann. Im IT-Bereich sei Hotelplan seit Jahren stark und habe als einziger Reiseveranstalter europaweit dieselben Systeme im Einsatz.

Fazit

Für das laufende Geschäftsjahr 2019/2020 erwartet die Hotelplan-Gruppe eine positive Entwicklung - nicht nur wegen dem zugekauften Umsatz von Vtours. «Wir sind mit vollem Tatendrang ins neue Geschäftsjahr gestartet und die Weichen für die Zukunft von Hotelplan Group sind richtig gestellt», so Stirnimann, «die Akquisition von Vtours verstärkt den Badeferien-Bereich signifikant. Und trotz der nach wie vor anhaltenden Unsicherheit in Zusammenhang mit dem Brexit sind wir zuversichtlich, dass Hotelplan UK zurück zum Wachstum finden wird.»

Auf die Gerüchte eines Globus-Verkaufs durch den Mutterkonzern und die deshalb möglichen Auswirkungen auf die Marke Globus Reisen angesprochen, sagt Stirnimann abschliessend noch: «Die Marke Globus haben wir aktuell lizenziert. Sollte es zum Verkauf von Globus kommen, würden wir das Gespräch mit dem neuen Eigentümer suchen. Wir würden jedenfalls die Marke gerne weiterführen.»

Dass die Migros gar über einen Verkauf von Hotelplan nachdenken könnte, dementiert Stirnimann klar. Dies stehe aktuell nicht zur Diskussion.