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Der totgesagte Flughafen Bern erlebt im kommenden Sommer dank FlyBair ein Revival. Bild: BRN

Das Wunder von Bern

Gregor Waser

Berner Reisebüros sind überaus stark in die Saison gestartet – mit ein Grund: die neue, virtuelle Airline FlyBair.

Was wollen die da genau? Mit einer Geldsammel-Aktion eine Airline gründen? Halb Zürich runzelte die Stirn, als am 1. November – vom Flughafen Bern initiiert – das Projekt FlyBair vorgestellt wurde. Nach dem Skywork-Grounding von August 2018 und den Fragen um den Bern Airport, ob es den überhaupt brauche, überraschte das Crowdfunding-Projekt überaus. 29 Tage später war die benötigte Startmillion beisammen. Mittlerweile stehen Mittel in der Höhe von 1'298'303 Franken zur Verfügung. Das erste Betriebsjahr ist gesichert, für eine langfristige Zukunft wird noch eine weitere Million benötigt.

Neben vielen einzelnen Privataktionären die sich im Rahmen von 250 bis 10'000 Franken am Berner Airline-Projekt beteiligen, kann die FlyBair nun auch auf die Unterstützung und den Vertriebspower der fünf Veranstalter TUI, Hotelplan, Belpmoos, Aaretal und Buchard zählen, die mittlerweile das gesamte FlyBair-Flugprogramm für den Sommer aufgeschaltet haben.

Genauso wichtig für das Projekt FlyBair: die Unterstützung der Reisebüros im Kanton. Travelnews hat sich mit vier Berner Retailern unterhalten, wie die Saison angelaufen ist und welche Bedeutung die FlyBair hat – und dabei auch in Erfahrung gebracht: von einer befürchteten Zurückhaltung im Badeferien-Bereich ist im Jahr nach der Thomas-Cook-Pleite nichts festzustellen.

«Wir verzeichnen das beste Quartal in der Geschichte»

Roger Müller, Inhaber der Ferie-Insle in Oberhofen bei Thun, sagt: «Seit November läuft es sehr gut. Wir verzeichneten den zweitbesten November in 25 Jahren. Auch der Dezember war überdurchschnittlich.» Die Ferie-Insle habe viele Stammkunden für Griechenland und sei spezialisiert auf Abflüge ab Bern.

Im vergangenen Jahr sei ein Vakuum dagewesen ohne Fluglösung ab Bern, weil Helvetic keine Maschine nach Bern abgestellt hatte. Nun sei dank FlyBair dieses Loch wieder geschlossen. «Die Nachfrage ist wirklich sehr gut», stellt Müller fest, «und dank den Touroperators, die hinter FlyBair stehen, ist die Lösung für uns ideal und risikofrei.» Fragezeichen setzt er einzig hinter dem geplanten Linienbetrieb im Winter, den FlyBair angedacht hat.

Paul Gosteli von Geo Tours in Thun stellt ebenfalls einen aktuellen Buchungsboom fest. «Bis im Oktober lagen wir 7 Prozent zurück und litten auch unter dem Thomas-Cook-Schaden, der uns rund 40'000 Franken gekostet hat – ob wir davon aus Deutschland noch etwas zurückkriegen, ist fraglich. Aber ab Oktober bis Dezember lief es überaus gut. Wir verzeichneten das beste Quartal in der Geschichte von Geo Tours.»

Auf was er das zurückführe? «Ich weiss es nicht genau. Klar haben wir viele Marketingaktionen angestossen. Aber vielleicht war es auch ein gewisser Thomas-Cook-Effekt. Möglich ist, dass das Sicherheitsbedürfnis die Leute wieder zurück ins Reisebüro spült, im Wissen, dass wir ja nicht Unsummen teurer sind. Und die Lancierung von FlyBair ist für uns extrem wichtig. Wir haben unmittelbar danach viele Newsletter verschickt und generieren einen grossen Rücklauf», sagt Gosteli, der selber Aktien der FlyBair gezeichnet hat.

Er glaube an FlyBair, schliesslich sei dies ein komplett anderes Projekt als die von Mäzenen getragene Skywork und ihren teuren Städteflügen. Das Badeferiengeschäft sei in Bern nie ein Problem gewesen.

«Das neue Airline-Projekt ist sehr wichtig für uns»

Auch Sergio-Maurice Vaglio, Inhaber und Geschäftsführer von Vaglio Reisen in Bern startet guten Mutes ins neue Jahr: «Wir sind auf Griechenland insbesondere die Kykladen spezialisiert und die Buchungsaison ist sehr gut angelaufen.» Im letzten Jahr ohne Griechenland-Flüge habe Vaglio Reisen einen massiven Umsatzeinbruch verzeichnet. Nun sei die Nachfrage nach Griechenland dank dem neuen FlyBair-Angebot seit Dezember sehr gut.

Martin Reber von Schär Reisen Bern-Bierhübeli sagt: «Das neue Airline-Projekt ist sehr wichtig für uns. Ich habe auch selber Aktien gezeichnet. Der Flughafen Belp ist für ein Berner Reisebüro natürlich ein grosser Faktor, die Leute wollen ab hier fliegen.»

Die Frage sei eher, ob die FlyBair-Lösung rentabel zu betreiben ist. «Die Airline muss sich schon erst beweisen, die verfügt ja nicht über einen eigenen Flieger, bloss um die Hülle.» Da setze er schon gewisse Fragezeichen, wenn etwa Betreiberin German Airways die Flieger plötzlich andersweitig beanspruchen würde, dann könnte FlyBair ohne Fluggerät dastehen. «Jedenfalls verkaufen wir aktiv das Angebot, die Kataloge sind draussen und die Nachfrage ist gut».