Reiseanbieter

In der Nacht vom 22. auf den 23. September meldete Thomas Cook Insolvenz an – und löste damit ein Erdbeben aus. Bild: TN

Im Schatten der Thomas-Cook-Pleite

Jahresrückblick, 2. Teil – Reiseanbieter: Der zweitgrössste Reiseveranstalter Europas geht pleite? Nie im Leben. Doch dann geschah es doch.

Rote Zahlen waren nichts Neues beim britisch-deutschen Reiseunternehmen Thomas Cook. Mitte Mai meldete der zweitgrösste Reiseveranstalter Europas einen Nettoverlust von 1,7 Milliarden Euro für das erste Halbjahr. Der Schweizer CEO Peter Fankhauser nannte den Brexit und ein schwaches Wintergeschäft als Gründe. Im Juli sah es dann danach aus, dass die chinesische Holding Fosun zuhilfe eilt mit 750 Millionen Euro. Doch bekanntlich kam es nicht so weit.

Am 23. September war es Tatsache. Thomas Cook ist pleite, nachdem die Verhandlungen über eine zusätzliche Finanzierung gescheitert waren. Die Auswirkungen dieser Insolvenz waren und sind dramatisch. Zu jenem Zeitpunkt waren rund 600'000 Flugreisende mit Thomas Cook unterwegs. Viele der Gäste wurden vor Ort von Hoteliers gezwungen, die Rechnung zu begleichen. Rückholaktionen setzten ein. Auch in der Schweiz waren rund 300 Buchende von der Pleite betroffen. Viele Reisebüros und Veranstalter holten auf eigene Kosten die Gäste zurück.

Während in Grossbritannien der Staat für die Bezahlung der Kundengelder einsprang, sah die deutsche Insolvenzversicherung eine Deckelung bei 110 Millionen Euro vor, ein Betrag der nicht mal einen Drittel des Schadens abdeckt – dieser wird vom Versicherer Zurich mit 347 Millionen Euro beziffert. Mittlerweile hat die deutsche Regierung bekanntgegeben, die Differenz zu begleichen, wohl um möglichen Klagen zuvorzukommen. Woher das Geld stammen soll, ist aber noch unklar.

Schweiz kommt glimpflich davon

Unklar ist auch, wieviele Hoteliers im Mittelmeerraum auf der Strecke bleiben. Denn viele spanische, griechische oder türkische Hoteliers gewährten Thomas Cook ein Zahlungsziel von 60 Tagen bis nach der Abreise. Viele mussten zig- oder gar hunderttausende Euro ans Bein streichen, weil eben auch die Zahlungen für die Hochsaison-Buchungen ausblieben.

Enorm ist auch die Anzahl Jobs in der Reisebranche, die in Grossbritannien und Deutschland mit der Thomas-Cook-Pleite verloren gingen. Geschätzt die Hälfte der 22'000 Mitarbeitenden europaweit dürften zwar einen Tourismusjob andersweitig gefunden haben, viele sind nun aber weiterhin noch ohne Job. In der Schweiz standen nach dem 8. Oktober und der Insolvenz der Thomas Cook Service AG in Pfäffikon AG 17 Personen ohne Job da.

Während die Pleite in der Schweiz verhältnismässig glimpflich über die Bühne ging, steht Deutschland noch mitten in der Schadensbewältigung – die Pauschalreise hat in unserem Nachbarland einen nachhaltigen Imageschaden erlitten, umso mehr eine Insolvenzversicherung à la Schweizer Garantiefonds noch nicht gefunden ist.

Jahresrückblick 2019 – Teil 1: Die ausufernde Liste gestrauchelter Airlines

(GWA)