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Die meisten Reisebüros sehen in den Katalogen noch immer ein wichtiges Marketing- und Verkaufstool. Bild: Adobe Stock

«Ein guter Reisekatalog kann sich auch in Zukunft positiv von der Flut des Internets abheben»

Wir haben uns zum Thema Kataloge in Reisebüros umgehört - und teils ziemlich unterschiedliche Antworten erhalten, mit einem jedoch deutlichen Anteil «pro Katalog».

Letzte Woche hat Travelnews das Reisekatalogwesen durchleuchtet. Dabei haben die befragten Reiseveranstalter argumentiert, dass sich die hohen Investmentkosten für sie lohnen, weil der Katalog im täglichen Reisebürogeschäft eben immer noch ein wichtiges Arbeitstool ist. Ebenso hörten wir vom Mailinghouse Flühmann, dass es durchaus Reibungsfläche zwischen Veranstaltern und Reisebüros gibt, etwa beim Initialversand - aus Sicht der Reisebüros werden dabei oft zu viele Kataloge verschickt, aus Sicht der TOs eher zu wenige, weil Nachbestellungen teuer sind.

Was sagen denn die Reisebüros selber? Ist für Sie der Katalog ein wichtiges Arbeitstool? Welche Zukunftschancen geben sie selber dem Reisekatalog? Wie haben uns umgehört und zwei Kategorien von Antworten erhalten.

Die Zuversichtlichen

Die Mehrheit der Befragten spricht sich eindeutig für Kataloge aus. So etwa Beat Künzler (Arotur, Arosa): «Viele Kunden schätzen die Kataloge noch immer - zum mal ‹schnoigga›, dann weglegen und wieder in die Hand nehmen. Was wo im internet gefunden wurde, weiss kaum jemand am nächsten Tag noch. Somit ist der Katalog ein bewährtes und gutes Hilfsmittel in der persönlichen Beratung.» Bei den Initialversänden sieht es Künzler jedoch differenzierter: «Diese könnte man abschaffen. Wenn wir eine Bestell-Liste im Vorfeld erhalten würden, könnten wir das viel zielgerichteter erledigen. Wir wissen recht gut, welche Kataloge oft und welche selten gebraucht werden. Hier könnten wir sicher einen kleinen, aber mit wenig Aufwand verbundenen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Wichtig wäre jedoch, dass man bis kurz vor Ablauf der Kataloge immer vernünftige Mengen nachbestellen kann.» Insofern sieht Künzler für die Kataloge noch lange eine Berechtigung, wobei nicht ohne Veränderungen: «Die Entwicklung der letzten Jahre, wonach die Kataloge etwas dünner werden und beispielsweise pro Hotel weniger Platz im Katalog gebraucht wird, macht Sinn, denn die Details und Bilder schauen sich die Kunden sicherlich auch im Internet an.»

Ähnlich klingt es bei Alex Bähler (Media Reisen/LCC Reisebüro, Basel). «Allen Unkenrufen zum Trotz ist der Katalog auch heute noch ein wichtiges Marketing-Instrument», sagt er, «dies einerseits als Teaser lange vor dem Kaufentscheid, während andererseits der Reiseveranstalter die Möglichkeit hat, seine Philosophie und seine Auswahlkriterien darzustellen. Der Katalog unterstreicht die Wertigkeit des Angebotes des nicht greifbaren Produktes ‹Ferien› oder ‹Reisen› – schwierig genug im digitalen Zeitalter.» Bezüglich Initialversand meint Bähler, sein Reisebüro erhalte von meisten Katalogen die jeweils richtige Anzahl, doch scheue er sich nicht, auch mal fürs kommende Jahr vorzusorgen und Korrekturen vorzunehmen, wenn er merke, das der eine oder andere Katalog nicht so gut laufe. Oft sei die Anzahl der versandten Kataloge ja auch ein Spiegelbild der Trends und da gibt’s eben von Jahr zu Jahr Unterschiede. «Ärgerlich ist es, wenn ein Veranstalter euphorisch einen neuen Katalog gestaltet und ungefragt eine grosse Menge liefern lässt, wir aber vielleicht gar nicht die Kunden haben, welche auch nach diesem Produkt oder dieser Destination fragen - da wäre vielleicht etwas mehr aktive Kommunikation seitens der Agentenbetreuer hilfreich», fügt Bähler an, «Agentenbetreuer kommen etwas zu oft mit News zu uns und erklären, was es zu pushen gäbe, fragen jedoch zu wenig, wo wir Chancen und
Trends sehen, obwohl wir ja oft näher am Markt und den Kunden sind als die Veranstalter.» Auf die Zukunftschancen des Katalogs angesprochen, entgegnet Bähler: «Gerade in der digitalisierten Welt ist der Katalog eines der USPs der klassischen Reiseveranstalter, eine Visitenkarte gegenüber den Menschen, welche zu einer Buchung durch einen bestimmten Veranstalter bewegt werden sollen.» Der Katalog dürfe ruhig
Informationsquelle sein und «muss nicht einfach als weiteres Reisemagazin daherkommen», schliesst Bähler.

Auch für Claudia Ulrich (Rilex Altdorf) sind die Kataloge weiterhin sehr wichtig und täglich im Gebrauch - «ob für das Vorlegen an den Kunden oder für das Erstellen von Offerten, in den Katalogen gibt's immer sehr viele Infos und viele emotionale Fotos, gute Erklärungen und Hinweise», sagt sie und schliesst: «Es ist nach wie vor schöner, einen Katalog in den Händen zu halten als alles am PC anzuschauen.» Ein Problem bei den Initialversänden sieht sie nicht, zumal Rilex teilweise die Mengen selber bestimmen kann («das klappt ganz gut»). Für sie sind Kataloge deshalb auch in Zukunft nicht aus dem Reisebüro wegzudenken.

Eine spezielle Sicht hat natürlich Christian Sigg, Retail-Chef bei Rolf Meier Reisen, denn die Neuhauser Firma ist ja auch Veranstalter mit eigenen Katalogen. Er findet gedruckte Kataloge nach wie vor sehr wichtig: «Im Katalog sind viele Informationen schön aufbereitet und in der Regel brauchbar zusammengefasst. Gerade auch bei Rundreisen sind die Programmpunkte der einzelnen Tage oder eine Karte sehr nützlich. Bei den Hotelbeschreibungen sind die wichtigsten Punkte schnell ersichtlich und die Unterkünfte können gut miteinander verglichen werden. Die Angaben auf den Interntseiten sind zwar meist schön, doch braucht es einfach viel Zeit, bis man die relevanten Informationen gefunden hat.» Auch im Kundengespräch sei die Vorlage eines Katalogs ideal. Hinsichtlich der Initialversands-Menge begrüsst Sigg die von gewissen TOs gegebene Möglichkeit, diese anzupassen. «Die beste Menge ist in meinen Augen 10 Stück – dies ist aber schwierig pauschal zu sagen, denn je nach Veranstalter und Katalog benötigen wir eine unterschiedliche Anzahl», nennt Sigg eine (tiefe) Basismenge. Und wird auch in zehn Jahren noch mit Katalog beraten? Dazu Sigg: «Gedruckte Kataloge wurden schon vor Jahren totgesagt und leben noch immer… Ich gebe dem gedruckten Reisekatalog nach wie vor gute Zukunftschancen. Ein gut gemachter Katalog kann sich auch in Zukunft sehr positiv von der Flut des Internets abheben.» Natürlich gebe es aber auch weniger gute Kataloge, welche nicht wirklich nützlich seien.

Die Kritischen

Einer, der es völlig anders sieht, ist etwa Patrick Wirth von Mawi Reisen in Bischofszell: «Die Kataloge dienen bei uns in erster Linie als Veranschaulichung für den Kunden. Nur bei wenigen Ausnahmen können die Preise aus dem Katalog eruiert und berechnet werden. Deshalb erachte ich die Kataloge nicht mehr als sehr wichtig. Man kann gut auf Online-Alternativen wie etwa PDF-Kataloge ausweichen.» Aus diesem Grund ärgert er sich auch, dass viel zu viele Kataloge automatisch per Initialversand verschickt werden. Immerhin sieht er in der DER Touristik ein Vorbild: «Jedes Reisebüro kann die Anzahl der Kataloge persönlich auf die jeweiligen Bedürfnisse und Kundensegmente reduzieren oder erweitern.» Aber Einzelstücke - anstatt komplette 5er bzw. 10er Packungen - wären wünschenswert.

Wirths Fazit: «Ich denke, der klassische Reisekatalog von gestern hat bald einmal ausgedient. Allein schon mit all den dynamischen Preisen ist ein Katalog zur Berechnung einer Reise nicht nutzbar. Die Preise nützen uns in den wenigsten Fällen und der massenhafte Abfall wird reduziert, da die Kataloge nicht mehrmals im Jahr ausgetauscht werden müssen.» Ein Türchen lässt er aber offen: «Ein klug erstellter Katalog kann im Verkauf schon hilfreich sein, um gewisse Emotionen beim Kunden auszulösen. Hierfür können aber auch Jahres- oder Zweijahreskataloge eingesetzt werden. Ohne Preise, dafür aber mit viel Infomaterial und Bilder.»

Eine spezielle Sichtweise hat auch Nathalie Sassine von Webook: «Als Online-Reisebüro ist die Katalogfrage bei uns einfach nur noch mühsam. Es gibt TOs, bei denen kann man die Kataloge schlicht nicht abbestellen. Wir als Remote-Team ohne Schalter arbeiten fast ausschliesslich online. Kataloge liegen bei uns also unausgepackt rum, bis sie ins Altpapier gebracht werden.» Beim täglichen Job ohne Schalter, also Laufkundschaft, geht es also auch gut ohne Kataloge. Doch dies ist nicht der einzige Störfaktor für Sassine: «Auch aus Umwelt-Gründen macht es für mich überhaupt keinen Sinn mehr. Auch bei den Katalogen sollte die Branche sich überlegen, wie nachhaltig sie funktioniert.»

(JCR/NWI)