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Stefan Gutknecht: «Schauinsland-Reisen ist ein fairer und verlässlicher Partner der Reisebüros und wird diese nicht konkurrenzieren.» Bild: JCR

«Wir sind konkurrenzfähig, aber wir sind keine Billigheimer»

Jean-Claude Raemy

Mit Stefan Gutknecht erhielt Schauinsland-Reisen am 1. Juni ein bekanntes Gesicht für die Intensivierung der Schweizer Marktbearbeitung. Im Interview mit Travelnews erzählt Gutknecht, wie Schauinsland-Reisen tickt, wie sich die Nachfrage entwickelt und was 2020 auf dem Tapet steht.

Herr Gutknecht, Sie sind seit nunmehr einem halben Jahr für Schauinsland- Reisen in der Schweiz tätig. Wie fällt ihre Bilanz bislang aus?

Ich bin wirklich zufrieden. Mit dem Wintergeschäft bin ich sogar sehr zufrieden. Vor einigen Wochen ist auch der Verkauf für den Sommer 2020 angelaufen – die Kataloge werden in diesen Tagen an die Reisebüropartner ausgeliefert. Verglichen zum selben Zeitraum im Vorjahr sind wir im kommenden Sommer bislang deutlich besser unterwegs als damals.

Welche Ziele sind besonders nachgefragt?

Alle Zielgebiete liegen im Plus, es gibt keinen «abfallenden» Markt und somit auch kaum «Pendelbewegungen». Was sich sagen lässt: Die Kanaren werden nach einer kleinen Schwäche in diesem Jahr wieder sehr gut nachgefragt.

Was sind denn Ihre Zielvorgaben hinsichtlich des Wachstums?

Da muss ich etwas ausholen. Der Grund für den grossen Erfolg von Schauinsland-Reisen liegt darin, dass das Unternehmen ein solider, verlässlicher Partner für die Reisebüros ist. Was viele nicht wissen: Wir sind eine reine B2B-Unternehmung, mit einer einzigen Marke; es gibt also keine anderen, unterschiedlich positionierten Marken in unserem Portfolio und auch keinen Direktverkauf, mit welchem wir die Reisebüros konkurrenzieren. Wir bewegen uns in klassischen Badeferienmärkten, mit einem soliden, sorgfältig ausgewählten, aber nicht ausufernden Portfolio. Wachstum ist selbstverständlich ein Thema, aber es muss zur Strategie des Gesamtkonzerns passen. Wir wollen nicht mit hohen Risiken schnell wachsen, sondern gesund und nachhaltig. Das gilt auch für unsere Pläne in der Schweiz.

Gibt es überhaupt keinen Direktvertrieb?

Auf der Schauinsland-Reisen-Website lassen sich unsere Produkte schon buchen. Das ist aber mehr «Convenience» und kein strategisches Ziel, der Anteil ist dementsprechend minim. Vielleicht kann ich diese Philosophie mit einem Beispiel veranschaulichen: Als ich bei Schauinsland-Reisen anfing, sprach ich in der Firmenzentrale in Duisburg vor und hatte ein pfannenfertiges, ausgereiftes Projekt im Direktvertrieb mit dabei. Inhaber und Geschäftsführer Gerald Kassner und Vertriebschef Detlef Schroer schauten sich dieses freundlicherweise an, fanden es auch gut, winkten aber sogleich ab. Das ist einfach nicht das, was das Unternehmen will.

«Wir wollen nicht mit hohen Risiken schnell wachsen, sondern gesund und nachhaltig.»

Beständigkeit und nachhaltiges Wachstum sind gut, gerade in Zeiten von Verunsicherung beim Kunden. Allerdings gibt es jetzt mit der Pleite von Thomas Cook auch ein Vakuum, welches es zu füllen gilt.

In Deutschland ist dies sicher der Fall, in der Schweiz eher nicht. Ich sage es mal so: Wachstumsmöglichkeiten sind auch in der Schweiz in der Kapazitätsplanung berücksichtigt.

Was sind denn konkret Ihre Aufgaben im Schweizer Markt?

Zur Hälfte bin ich für Vertrieb bzw. das Vertriebsmarketing in der Schweiz zuständig. Hierbei muss ich präzisieren, dass das Gros der Schweizer Reisebüros von Nadine Jansen mit Sitz in Duisburg betreut wird. Ich nehme hier so etwas wie ein Key Account Management wahr und betreue die 20 grössten Kunden persönlich.

Zur anderen Hälfte bin ich für die Flugplanung, den Flugeinkauf und auch etwas für die Steuerung zuständig. Will heissen: Ich sitze mit den Airlines hier im Markt Schweiz zusammen und garantiere, dass wir ein für die Bedürfnisse des Schweizer Marktes adäquates Flugprodukt bieten können. Die Kontingentsplanung erstelle ich selber, natürlich in Absprache mit der Flugabteilung in Duisburg. Mit dem dortigen Yield Management schauen wir auch, was wo nötig ist und wo zusätzlicher oder allenfalls reduzierter Bedarf besteht. Diese Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Schauinsland-Reisen ist froh über dieses zusätzliche Know-how in der Schweiz. Viele Aufgaben wurden und werden weiterhin in Duisburg erledigt, aber ich kann eine spezifische Schweizer Sicht einbringen. Da werden Feinjustierungen gemacht und Verhandlungen vor Ort sind natürlich ideal.

Mit welchen Airlines arbeiten Sie denn?

Grundsätzlich mit allen, wobei ich natürlich im Bereich der Kontingentsplätze stark mit Edelweiss, Swiss oder auch Chair arbeite. In diesem Winter haben wir die Kooperation mit Edelweiss insbesondere auf Langstrecken forciert, denn für Erfolg braucht es Direktverbindungen.

Für den Sommer 2020 haben wir ein grosses Angebot und bieten sämtliche Ziele mit verschiedenen Flügen an. Wir sind vor allem auch in Basel stark präsent, wo unser Angebot fast gleich gross wie in Zürich ist. Dort kooperieren wir stark mit den Platzhirschen Easyjet und TUIfly und können natürlich auch viel länderübergreifendes Geschäft aus dem Dreiländereck generieren. Deshalb sind wir dort auch offensiver gewachsen als in Zürich.

Die Romandie ist kein Thema?

Wir haben kein französisches Produkt. Man kann mit uns aber auch ab Genf fliegen, allerdings nur mit Linienflügen.

«Wir sind in Basel stark präsent, wo unser Angebot fast gleich gross wie in Zürich ist.»

Kommen wir nochmals auf Ihre Rolle im Vertrieb: Was sind die Kernargumente für ein Reisebüro, um Schauinsland zu verkaufen?

Wie zuvor bereits erwähnt: Schauinsland-Reisen ist ein fairer und verlässlicher Partner der Reisebüros und wird diese nicht konkurrenzieren. Darüber hinaus sind wir sehr gut buchbar, im CETS oder über Touronline, wo die Abfrage und die Antworten schnell erfolgen und sauber gepflegte Daten vorliegen. Weiter haben wir ein qualitativ ausgereiftes Produkt, welches aus meiner Sicht optimal zum Schweizer Markt passt: Es hat keine Ramsch-Produkte, nur sauber ausgewählte Angebote, für welche wir einstehen können. Preislich sind wir absolut konkurrenzfähig, aber wir sind keine Billigheimer.

Mit anderen Worten: Sie konkurrieren mit den Hauptmarken im Schweizer Markt?

Das kann man so sehen, also mit den grossen Marken und weniger mit deren Günstig-Töchtern. Allerdings konkurrieren wir auch gegen in höheren Segmenten positionierte Marken, da haben wir etwa mit unserem «High Class»-Katalog konkurrenzfähige Produkte. Im reinen Luxusbereich sind wir aber nicht tätig.

Das klingt alles sehr mittelständisch...

Das ist so, und das ist auch gut so. Schauinsland-Reisen ist ein inhabergeführtes Familienunternehmen mit rund 480 Mitarbeitenden, die meisten davon in Duisburg. Gut zu wissen: Die Firma ist sehr gut kapitalisiert, hat also eine hohe Eigenkapitalquote, und ist somit sehr solid. Trotzdem ist sie auch schlank aufgestellt, d.h. die Entscheidungswege sind kurz und es wird durchaus auch mal etwas ausprobiert. Am modernen Hauptsitz in Duisburg habe ich auch erlebt, wie hoch die Mitarbeitermotivation ist und wie nahe sich Management und Mitarbeitende stehen.

Apropos: Stellen Sie bald Mitarbeitende in der Schweiz ein?

Das ist derzeit nicht vorgesehen.

«Schauinsland-Reisen ist sehr gut kapitalisiert, hat also eine hohe Eigenkapitalquote, und ist somit sehr solid.»

Sehen Sie denn klare Nachfrage-Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz?

Es gibt gewisse Nachfrageunterschiede, das ist klar. Allgemein fällt mir aber vor allem auf, dass der Schweizer Markt bzw. Konsument Online-affiner ist. Von den Systemen her ist aber wiederum die deutsche B2B-Reisevertriebslandschaft besser aufgestellt als jene in der Schweiz. Das merkt man beispielsweise im Kundendienst in Duisburg, wo teilweise Anfragen aus Schweizer Büros bearbeitet werden, welche es aus Deutschland nicht gibt. Auch da kann ich bei einer gewissen Justierung mithelfen.

Der Schweizer Konsument ist nicht direkt im Visier von Schauinsland-Reisen, sondern die Vertriebslandschaft, also die Reisebüros und OTAs. Wie gelangen Sie an diese?

Nebst den persönlichen Besuchen gibt es von Duisburg aus organisierte Webinare. Darüber hinaus habe ich mir kürzlich die Schauinsland-Roadshow – auch bekannt als «Sonnenseiten-Roadshow» – in Österreich angeschaut. Im Herbst 2020, wenn die Kataloge herauskommen, werde ich auch in der Schweiz eine «Sonnenseiten-Roadshow» oder Präsentationen auf die Beine stellen, voraussichtlich mit Fokus auf Zürich und Basel. Das Ziel ist klar: Schauinsland-Reisen soll eine Topmarke und erste Alternative im Schweizer Reisebüro-Vertrieb sein. Wir suchen bzw. unterhalten Kooperationen mit unabhängigen Reisebüro-Ketten sowie Filialketten oder auch OTAs wie Ebookers, Holidaycheck und dergleichen. Wobei die Verhandlungen mit Letzteren zentral geführt werden, für den gesamten Präsenzraum von Schauinsland-Reisen, also Deutschland, Schweiz, Österreich und Niederlande.

Und dafür bieten Sie ein attraktives Kommissionsmodell…

Ja, wir übernehmen das Kommissionsmodell aus Deutschland, situativ mit feinen Justierungen in der Schweiz. Schauinsland-Reisen bietet ein attraktives, zeitgemässes Kommissionsmodell.

«Im Herbst 2020 werde ich auch in der Schweiz eine «Sonnenseiten-Roadshow» auf die Beine stellen»


Zur Firma

Die Schauinsland- Reisen GmbH ist ein 101-jähriges Touristikunternehmen mit Sitz in Duisburg. Das mittlerweile fünftgrösste Reiseunternehmen Deutschlands schloss das Geschäftsjahr 2017/2018 mit einem Umsatz von 1,34 Milliarden Euro ab und beförderte 1,61 Millionen Personen. Schauinsland-Reisen ist zu 50% an der Stralsunder Fluggesellschaft Sundair beteiligt und hat sich gerade letzte Woche am früheren Thomas-Cook-Partner Alpha Tours beteiligt.