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Das Chaos um Thomas Cook weitet sich täglich aus. Bild: TC

Thomas-Cook-Pleite: die jüngsten Entwicklungen

Thomas Cook streicht alle Reisen bis Ende Oktober. – Der SRV ist an Kaera, die Schadenabwicklung der Zurich Versicherung herangetreten. – Reisebüros plädieren für Versicherungen. – Auch die Banken ziehen einen Schuh voll raus. – Untersuchungen gegen das Thomas-Cook-Management. – Zurich Versicherung hilft Hoteliers.

Alle Thomas-Cook-Reisen bis Ende Oktober annulliert

Bis zum 31. Oktober 2019 können die Reisen der deutschen Thomas-Cook-Veranstalter nicht angetreten werden, schreibt Thomas Cook. Dies gelte neben den Thomas-Cook-Marken auch für dynamische Pauschalreisen.

Betroffene Gäste werden per E-Mail informiert. Betroffen sind Pauschalreisen und Einzelleistungen wie Nur-Hotel- und Nur-Flug-Buchungen. In Ausnahmefällen fänden Nur-Flug-Buchungen statt.

Für Reisen mit Antrittsdatum ab dem 1. November werde nun in Abstimmung mit der Insolvenzversicherung die weitere Vorgehensweise geprüft, schreibt Thomas Cook. Buchungen könnten derzeit nicht geändert oder storniert werden.

Riesige Abschreiber bei den Banken

Einige Banken dürfte die Pleite des Reiseanbieters Thomas Cook teuer zu stehen kommen, auch die Credit Suisse. Es drohen hohe Abschreibungen auf ausstehenden Anleihen und Krediten. Gemäss der «Financial Times» sei auch die Credit Suisse betroffen. Die Abschreibungen dürften sich auf bis zu 1,8 Milliarden britische Pfund belaufen, gemäss Schätzungen des Beratungsunternehmens AlixPartners. Neben der Credit Suisse sollen auch Barclays und Morgan Stanley betroffen sein.

Dabei müssten die Gläubiger von Anleihen Abschreibungen von 900 Millionen bis 1 Milliarde Pfund und die Kreditgeber zwischen 550 und 825 Millionen in Kauf nehmen. Die tatsächlich abzuschreibenden Beträge dürften dabei eher am oberen Ende der Bandbreiten zu liegen kommen, sagte ein Experte gegenüber der Zeitung.

SRV setzt sich aktiv ein

Der Schweizer Reise-Verband (SRV) ist mit einem Schreiben an Kaera herangetreten, die für die Schadenabwicklung der Zürich Versicherung in Frankfurt zuständig ist. Darin erklärt der SRV die Situation in der Schweiz: «Im Gegensatz zu Deutschland existiert in der Schweiz kein Direktinkasso. Der Veranstalter Thomas Cook und seine Tochterfirmen sind deshalb auch nicht im Besitz der Kundenadressen. Wir beantragen deshalb, dass die Ansprüche, der über Schweizer Reisebüros gebuchte Pauschalarrangements nicht vom Konsumenten direkt, sondern nur über die Vertriebspartner eingereicht und geltend gemacht werden können.»

Um die Sache operationell zu vereinfachen, bittet der SRV, zu prüfen, ob diese Eingaben allenfalls auch beim Passivmitglied Kaera in Beckenried eingereicht werden könnten. «Wir wären auch bereit, ein einheitlich gestaltetes und strukturiertes Eingabeformular oder einen Leitfaden an die Reisebüros zu versenden.»

Auch die IGUR bietet neue Versicherungsleistungen

Das mag ein Nebenschauplatz sein, ist aber wichtig: Gestern kündigte schon FAIR Reisegarant an, dass neue Versicherungsprodukte in Zusammenarbeit mit Helvetic Assistance ab sofort angeboten werden. Dasselbe vermelden nun auch die IGUR-Mitglieder. Allen deren Kunden wurde bereits eine Airline-Insolvenzversicherung angeboten; neu wird die Versicherung aber auch inklusive Leistungsträger-Insolvenz angeboten. Diese deckt bis 2000 Franken pro Person alles ab, falls eine Airline, ein Reiseveranstalter, ein Hotel oder sonst ein Leistungsträger insolvent wird und Zusatzkosten entstehen - egal ob pauschal, Nur-Flug oder individuell.

Wenn alle Reisebüros solche Versicherungen anböten, könnten sie damit erst recht einen massiven Vorteil gegenüber dem Internet und Buchungen im Ausland ins Feld führen, der da lauten würde: Im unabhängigen Reisebüro verliert (künftig) niemand mehr sein Geld. Wobei natürlich die 2000 Franken pro Person nicht in jedem Fall reichen dürften, aber immerhin.

Formelle Untersuchungen gegen das Management werden eingeleitet

Im britischen Parlament wurde schon früh über die Rolle der Thomas-Cook-Manager und deren Bonuszahlungen diskutiert. Gestern nun wurde eine formelle Untersuchung angekündigt. Dabei soll untersucht werden, inwiefern «Manager-Gier» zum Kollaps des Unternehmens beigetragen hat, also wie das Unternehmen geführt wurde, wie das Topmanagement bezahlt wurde und wie die Bilanzen von Auditoren vorbereitet und genehmigt wurden. Darüber hinaus wurde eine Taskforce gebildet, welche den Opfern der Riesen-Pleite zur Seite stehen soll.

Ausschlaggebend für die Lancierung der Untersuchung sind erste Zahlen, welche das Ausmass des Debakels deutlich vor Augen führen: Für die Rückführung der 150'000 britischen Feriengäste stehen Kosten von über 100 Millionen Pfund im Raum; für die Rückzahlung an Kunden, deren Buchungen nicht honoriert werden können, fallen nochmals gegen 420 Millionen Pfund an.

Wie diese Zahlen in Deutschland aussehen, ist noch nicht bekannt. Allerdings wird die versicherte Summe von 110 Millionen Euro mit Sicherheit klar überzogen.

Zurich will Hotels helfen

Um Konflikte über die Bezahlung von Ferienunterkünften zu vermeiden, will die Zurich-Versicherung (Deutschland) bei Thomas-Cook-Pauschaltouristen im Ausland rasch handeln. Auf Basis der Buchungsinformationen und ohne Vorlage von Rechnungen sollen die Hotels in den Ferienorten nunmehr 50 Prozent der ausstehenden Zahlungen erhalten.

Dies sagte ein Unternehmenssprecher der Nachrichtenagentur DPA in der Nacht auf Freitag. «Dies gilt sofort und unter der Voraussetzung, dass Thomas-Cook-Reisende von diesen Hotels ab sofort weder zur individuellen Zahlung von Hotelrechnungen aufgefordert oder anderweitig genötigt werden», sagte der Sprecher weiter.

Die Versicherung reagierte damit auf Berichte von Hotelgästen, die nach eigenen Angaben gezwungen worden waren, ihre Unterkünfte vor Ort selbst zu bezahlen. Einige Touristen hatten demnach mehr als 1000 Euro auf den Tisch legen müssen.

Wie viele Hotels betroffen sind, werde am heutigen Freitag mit dem insolventen Reiseanbieter abgestimmt, sagte der Versicherungs-Sprecher. Nach Angaben vom Donnerstag waren allein aus Deutschland noch 70'000 Thomas-Cook-Pauschalreisende unterwegs.

(JCR/GWA)