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Lichterlöschen am Thomas-Cook-Platz in Oberursel. Bild: Thomas Cook

Thomas Cook Deutschland meldet Insolvenz an

Das Desaster rund um Thomas Cook weitet sich aus. Für Hoteliers im Mittelmeerraum wird die Lage extrem ungemütlich. Die Preise dürften im Winter in den Keller rasseln.

Gestern Abend schien etwas Licht ins Desaster rund um die Thomas-Cook-Pleite zu kommen: Condor durfte vermelden, dass die deutsche Bundesregierung 380 Millionen Euro Überbrückungskredit freimacht.

Und nun das: Thomas Cook Deutschland hat heute (25. September) einen Insolvenzantrag gestellt. Zunächst werden Insolvenzanträge für die Thomas Cook GmbH, die Thomas Cook Touristik GmbH und die Bucher Reisen & Öger Tours GmbH gestellt werden. Ob auch weitere Gesellschaften betroffen sind, wird in den nächsten Tagen geprüft und in Abstimmung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter entschieden werden. Betroffene Kunden können sich für Informationen zum weiteren Vorgehen an den von der Zurich Insurance plc Niederlassung für Deutschland beauftragten Dienstleister Kaera AG wenden.

Der reguläre Geschäftsbetrieb ist also eingestellt, jeglicher Verkauf von Reisen aus dem Portfolio der Thomas Cook-Veranstalter ist gestoppt, wie das Unternehmen mitteilt. Dazu zählen: Thomas Cook Signature, Neckermann Reisen, Bucher Reisen, Öger Tours und Air Marin. Wie die «FVW» mitteilt, will Thomas-Cook-Chefin Stefanie Berk das Geschäft von Neckermann, Öger Tours und Bucher Reisen versuchen zu sanieren und fortzuführen. Das ist insofern möglich, als der Insolvenzantrag Voraussetzung für ein sanierendes gerichtliches Verfahren sei. Ziel einer Sanierung sei es, das profitable, aber schon länger durch das schwache  Geschäft von Thomas Cook in Grossbritannien belastete Geschäft des deutschen Veranstalters selbstständig fortzuführen.

Thomas Cook reisst im Mittelmeerraum riesige Löcher auf

Das wird ein extrem schwieriges Unterfangen werden. Rund 250 Thomas-Cook-Reisebüros in Deutschland stehen erst einmal vor dem nichts – darüber hinaus hört man bereits, dass sich bisherige Franchise-Partner von Thomas Cook nach anderen Partnern umsehen.

Die Kunden derweil müssen sich nun um ihre Rückführung kümmern – wobei immerhin Condor ja noch fliegt. Auch gibt es Nachrichten, wonach Kunden von Hoteliers (nochmals) zur Kasse gebeten werden. Kein Wunder, wenn man sich vor Augen führt, was etwa in der Türkei gerade passiert: Dem Vernehmen nach soll Thomas Cook (als Ganzes) dort Ausstände von 300 Millionen Euro haben – einzelne Hotels gar allein von 4 Millionen Euro. Rund 200‘000 Transfers seien noch noch bezahlt, wurden aber alle im Juli und August durchgeführt. Da Thomas Cook in vielen Fällen erst 60 Tage nach der Abreise des Kunden bezahlt, ist nun also ein Grossteil der Hochsaison unbezahlt; die letzte Zahlung geht auf Juni zurück. Für Hoteliers und sonstige Dienstleister ein Riesenproblem. Osman Ayik, Chairman der türkischen Hotelvereinigung Turofed, erklärte gegenüber Reuters, dass mit dem Ausfall von Thomas Cook bis zu 700'000 Touristen jährlich fehlen könnten und dass zahlreiche kleine Unternehmen - vor allem in Mugla, Dalaman und Fethiye - wegen der Thomas-Cook-Pleite direkt bedroht sind.

In den populären Destinationen wie eben der Türkei oder Spanien und Griechenland droht somit vielen Thomas-Cook-Partnern nun die Insolvenz. Allein auf den Kanaren verzeichnete Thomas Cook im letzten Sommer 3,6 Millionen Kunden – man stelle sich das mal vor, welche Löcher da entstehen. Die spanische Gewerkschaft UGT befürchtet, dass über zehn Prozent der rund 130'000 Tourismus-Arbeiter allein auf den Kanaren wegen dem Kollaps von Thomas Cook ihren Job verlieren könnten. Ähnliche Befürchtungen werden in Griechenland und dort insbesondere auf Kreta vorgetragen. In Zypern hat der stv. Tourismusminister Savvas Perdios wissen lassen, dass er mit Verlusten in Höhe von 50 Millionen Euro für die zypriotische Hotellerie rechnet. Auch hier stehen Hochsaison-Zahlungen von Thomas Cook noch aus.

Sinken nun die Preise?

Mit der Pleite von Thomas Cook kommt nun eine schreckliche Abwärts-Spirale ins Rollen. Jene Hoteliers, welche nun nicht mehr auf grosse Herbst- oder Winterkontingente von Thomas Cook zählen können, werden alles versuchen müssen, um die Zimmer noch zu füllen – voraussichtlich durch eine starke Reduktion der Preise. Das belastet nicht nur ihr eigenes Geschäft weiter, sondern natürlich die gesamte Wertschöpfungskette.

Ob TUI, FTI, DER und Konsorten einen Grossteil des Thomas-Cook-Geschäfts absorbieren können, ist noch unklar. Versuchen werden sie es sicherlich. «Gewinner» in diesem Desaster bisher noch nie dagewesenen Ausmasses sind allenfalls jene Touristen, die nun günstige Winterferien machen können, sowie die Hedge Funds, welche auf eine Pleite von Thomas Cook gewettet hatten. Der Rest der Branche freut sich überhaupt nicht über den Niedergang des Konkurrenten: Das kreiere auch in eigenen Reihen zunächst grosse administrative Probleme, andererseits wird damit die ganze Reisebranche in Mitleidenschaft gezogen - so der Tenor am gestrigen Knecht Golf Cup, wo die Pleite von Thomas Cook natürlich auch das Top-Gesprächsthema war.

(JCR)