Reiseanbieter

Sie präsentierten die neusten Umfrageresultate (v.l.): Max E. Katz (Präsident SRV), Walter Kunz (Geschäftsführer SRV), Prof. Dr. Christian Laesser (IMP-HSG) und Olaf Nink (CEO Allianz Partners Schweiz). Bild: JCR

Verhaltene Prognosen für den stationären Reisevertrieb

Jean-Claude Raemy

Zum 20. Mal hat der Schweizer Reise-Verband (SRV) eine Umfrage bei Reisebüros durchgeführt. Fazit: Diese konnten zwar 2018 deutlich zulegen, für 2019 sind die Prognosen aber verhalten. Schwache Nettorenditen, sinkende Beratungshonorare und Overtourism belasten das Geschäft.

Zum bereits 20. Mal hat der Schweizer Reise-Verband (SRV) gemeinsam mit dem Institut für Systemisches Management und Public Governance der Universität St. Gallen seine grosse Umfrage bei Reisebüros durchgeführt. Die Resultate wurden, wie bereits Tradition ist, gemeinsam mit den Resultaten der Studie «Buchungs- und Reiseverhalten der Schweizer Bevölkerung» von Allianz Partners und dem Link Institut im Zürcher Hotel Schweizerhof präsentiert. Dieses Jahr wurde aber auch den aktuellen Themen «Klimawandel» und «Overtourism» viel Präsentationszeit gewidmet.

Starker Umsatzzuwachs 2018 und doch herrscht keine ungetrübte Freude

Von 605 Mitglieder-Reisebüros - Veranstalter wurden nicht angefragt - nahmen 325 teil (plus 6 Nicht-Mitglieder), was einer Rücklaufquote von 54 Prozent entspricht. Die Kernerkenntnis: Im Jahr 2018 hat der durchschnittliche Umsatz Schweizer Reisebüros im Vergleich zum Vorjahr erneut zugenommen, nämlich um 3,4 Prozent von 2,89 auf 2,98 Millionen Franken. Der durchschnittliche Umsatz pro Mitarbeiter steigerte sich ebenfalls zum zweiten Mal in Folge – von 0,91 auf 0,96 Millionen Franken. Aufgrund leicht erodierender Beratungshonoraren kamen die Bruttomarge (15%) sowie die Nettorenditen (1%) allerdings etwas unter Druck.

Trotz dieses an sich zufriedenstellenden Befunds herrscht keine Euphorie. Es wird im aktuellen Geschäftsjahr von eher kleiner werdenden Dossiers wie auch Umsätzen und Margen ausgegangen. Diese Einschätzung erfolgt vor dem Hintergrund eines bislang schleppenden Geschäftsganges in diesem Jahr, wobei natürlich das Herbstgeschäft noch ausstehend ist. Der Margendruck sei ein stetiger Begleiter und die Reisebüros sind als nunmehr ein Vertriebskanal von vielen permanent einem harten Wettbewerb ausgesetzt. Das Bild zur Entwicklung von Umsätzen und Nettorenditen kann sicher nicht als erfreulich bezeichnet werden; SRV-Geschäftsführer Walter Kunz spricht davon, dass dies «Sorge bereitet»:

Weiter betrüblich ist zudem der Umstand, dass der Ausblick auf das aktuelle bzw. kommende Geschäft wieder durchaus negativ ist, wie aus dem «SRV Sentiment Index» hervorgeht.

Charakteristik der Reisebüros

Grundsätzlich dominieren in der Schweizer Reisebürolandschaft weiterhin die auf «Leisure» ausgerichteten Reisebüros; Geschäftsreiseanbieter zählen dagegen eher zu den grossen Betrieben. In Bezug auf die Spezialisierung präsentiert sich das Bild folgendermassen:

Da auch die Beraterhonorare zurückgehen, steigt der Druck auf Margen und Rendite noch weiter. Kunz stellt als Praxisbeispiel den Durchschnittswert aller befragten Reisebüros in den Raum. Bei einem Umsatz von fast 3 Millionen Franken springen weniger als 30'000 Franken heraus. Das verdeutlicht die schwierige Situation in der Reisebranche.

Klimawandel und Overtourism als Buchungsfaktoren

Prof. Dr. Christian Laesser, Leiter des Instituts für Systemisches Management und Public Governance an der Universität St. Gallen, hält seinerseits fest, dass der Anteil Buchungen, bei denen der Klimawandel ein Faktor ist, weiterhin eine verschwindend kleine Rolle spielt. Bei zwei Dritteln der Reisebüros (66%) kommt das Thema «Klima» nur bei 5% oder weniger der Buchungen auf, nur bei 6 Prozent der Reisebüros kommt das Thema bei 15-20 Prozent oder mehr der Buchungen auf. Die Mehrheit der Reisebüros geht davon aus, dass dieser Anteil in Zukunft stagnieren oder tendenziell zunehmen wird.

Ein viel grösseres Thema scheint offenbar «Overtourism» zu sein. Bei drei Vierteln (75%) der Reisebüros ist dies in der einen oder anderen Form ein Thema. Etwa ein Drittel der Reisebüros geht diese Entwicklung eher reaktiv an (sprich: reagiert auf eine Thematisierung durch die Kunden). Bei einem weiteren knappen Drittel der Reisebüros ist dagegen ein eher proaktiver Umgang in dieser Frage feststellbar, indem beispielsweise alternative Reiseziele angeboten werden.

Dass das Klima-Thema wichtig ist, zeigt übrigens bereits die Eingangsrede von SRV-Präsident Max E. Katz: Er verweist auf die langjährigen Bemühungen des SRV zu diesem Thema und wünscht sich eine faktenbasierte, weniger emotionale Diskussion. Auch auf die Diskussion rund um die geplante CO2-Abgabe in der Schweiz geht er ein und hält die diesbezügliche Position des SRV unmissverständlich fest: Der SRV sei nur für die Einführung einer CO2-Abgabe, wenn:

  • die Kosten von der Airline im Flugpreis einkalkuliert und gegenüber der Behörde abgerechnet werden
  • diese für alle Flughäfen in der Schweiz (inklusive Basel/Freiburg/Mulhouse) gilt
  • die Einnahmen gezielt und zweckgebunden in den Klimaschutz in der Schweiz investiert werden, z.B. in die Forschung und Entwicklung neuer Technologien zur Förderung der Reduktion der CO2-Emissionen und der Umweltfolgekosten

Grundsätzlich erfordere die Besteuerung von Flugtreibstoff eine globale Regelung.


Die Erkenntnisse aus der Studie von Allianz und Link haben wir in diesem separaten Artikel nachgetragen.