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Das Geschäft mit Reiseversicherungen gerät in Bewegung im Schweizer Reisemarkt. Bild: Adobestock

Kommentar Hoher Wellengang im Versicherungsteich

Gregor Waser

Neue Player betreten den Markt, ein CEO tritt ab: Im beschaulichen Geschäft mit Reiseversicherungen tut sich was.

Bis vor zehn Jahren war das Geschäft mit Reiseversicherungen in der Schweizer Reisebranche schon einmal umkämpft. Doch grosse Versicherer wie die Mobiliar oder AXA Winterthur wendeten sich von den kleinen Margen der Annullationsversicherungen und den damit verbundenen, hohen Risiken ab. Es blieben die Allianz AGA und die Europäische Reiseversicherung (ERV) übrig, die sich den Vertrieb von Reiseversicherungs-Policen über Schweizer Reiseveranstalter und Reisebüros nun während einiger Jahre brüderlich aufteilten.

Doch die beschaulichen Jahre sind vorbei. Mit der Helvetic Assistance Ende 2017 und mit der deutschen HanseMerkur im Januar 2019 sind zwei neue Player in den Ring gestiegen. Und mit dem TCS agiert ein weiterer, innovativer Versicherer mit der Jahresversicherung ETI-Schutzbrief im B2C-Markt.

Gleichzeitig scheinen die Strategien der Mutterhäuser von Allianz und ERV, den Reisefokus mit gleicher Stärke beizubehalten, in Frage gestellt. Zunächst stellte Allianz im November 2018 den Reisebüro-Aussendienst ein, einen Monat später wurde gar die Stelle des Head of Travel Market gekappt.

Und wie ist der gestrige Abgang von Patrik Grobe als CEO der Europäischen Reiseversicherung zu verstehen? Grobe hatte nach 29 Jahren Dienstjahren per 1. Januar 2019 den CEO-Posten übernommen und hat diesen nun aber nach nur 42 Tagen wieder niedergelegt. Oder niederlegen müssen. Denn es ist anzunehmen, dass nach dem Chef- und Strategiewechsel im Mutterhaus Helvetia, der Wind geändert hat. Der Fokus, wie und wie stark das Reisegeschäft anzupacken ist, ist jedenfalls ein anderer, als der des langjährigen Führungsduos Patrik Grobe und seinem Vorgänger Thomas Tanner, der die ERV nun auch frühzeitig verlassen muss. Die Europäische Reiseversicherung brauche neuen Wind, räumt Helvetia ein.

Die Schlacht im Reiseversicherungsteich wird künftig nicht auf Produktebene entschieden.

Dass die etablierten Player Allianz und ERV den Draht zur Reisebranche nicht mehr in bisheriger Form pflegen, dürfte den neuen Playern Helvetic Assistance und HanseMerkur in die Karten spielen. Doch so schnell werden die Newcomer nicht an die ganz grossen Marktanteile gelangen, die top Five sind vergeben. Hotelplan Suisse (ERV), DER Touristik Suisse (Allianz), TUI Suisse (Allianz), Knecht Reisen (Allianz) und Globetrotter Group (ERV) verfügen über mehrjährige Verträge mit ihren Versicherern. Da wird sich vor den Jahren 2020 oder 2021 nicht viel tun.

Beim Buhlen um kleinere Accounts, solche von Reisebüro-Vereinigungen wie TTS, STAR, TWD, Fair oder TPA dürften aber noch reichlich Marktanteile zu holen sein. Denn in einem Markt, wo die Produkte austauschbar sind – die Preise von Annullationsversicherungen und Jahresversicherungen unterscheiden sich kaum –, kann mit persönlichen Beziehungen und gutem Service viel erreicht werden.

Die Schlacht im Reiseversicherungsteich wird künftig nicht auf Produktebene entschieden, ausser vielleicht im Bereich der Airline-Insolvenzen, wo das Bedürfnis, sich abzusichern, stetig wächst. Mit der Zunahme der Dossierpreise – mehr individuelle Fernreisen statt billige Badeferien – wächst bei den Schweizer Reisebüros aber vor allem der Wunsch nach top Qualität. Sollte dem guten Kunden schon mal was passieren, dann sollten die Erreichbarkeit, die Dienstleistung, die Servicegeschwindigkeit beim gewählten Reiseversicherer top sein; ebenso die Möglichkeit, Schadenfälle digital anzumelden und abzuwickeln. So, dass der Kunde dann eben registriert: hey, dieser Schadensfall ging nun aber easy und erfreulich über die Bühne – und somit wieder ins gleiche Reisebüro zurückkehrt.