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Bentour-CEO Deniz Ugur im Gül Restoran an der Tellstrasse 22 in Zürich, seiner neuen Lieblingsadresse – hier wird die türkische Kochkunst zelebriert. Bild: TN

«Wir benötigen von Germania Schweiz ein glaubhaftes Bekenntnis»

Gregor Waser

Deniz Ugur, CEO des Türkeispezialisten Bentour Reisen, äussert sich im Interview zum Germania-Grounding und zum wiedererstarkten Türkei-Geschäft.

Es sind bewegte Tage, die Bentour-Chef Deniz Ugur hinter sich hat. Das Germania-Grounding forderte ihn und sein Team in dieser Woche heraus. Der in Deutschland angefallene Schaden sei aber überschaubar sagt Ugur im Interview. Und er hofft sehr, dass die Germania Schweiz eine Zukunft hat.

Herr Ugur, der Buchungstrend zeigt derzeit wieder weg vom westlichen in Richtung östliches Mittelmeer. Wie schauen Ihre Buchungszahlen aus?

Deniz Ugur: Wenn wir mit dem letzten Jahr vergleichen, registrieren wir jetzt doch sehr, sehr gute Buchungseingänge, nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ: auch sehr gute Produktkategorien werden bei uns derzeit gebucht. Alle Kaufkraftklassen sind wieder zurück, das ist für uns sehr zufriedenstellend.

Sind Sie auf das Wiedererstarken der Türkei gewappnet?

Wir sind gut aufgestellt, haben nun aber noch zusätzliche Flugkapazitäten eingekauft: Ab Zürich mit der Edelweiss in den Herbstferien, total fünf Rotationen von Zürich nach Antalya. Auch bei den Sun-Express-Flügen haben wir zusätzliche Kontingente reservieren können. Wir haben genügend Plätze, um den Schweizern Ferien an der türkischen Südküste zu ermöglichen.

Erreicht die Türkei in diesem Jahr schon wieder das Niveau des Jahres 2014?

Ich denke, ja. Schon im letzten Jahr hat sich in Deutschland gezeigt, dass wir schon fast wieder auf dem Niveau der Spitzenjahre sind. 2019 ist auch die Schweiz wieder soweit, die Zahlen von 2014 zu erreichen. Wir sehen aber auch, dass Ägypten wieder sehr gut läuft.

«Wir benötigen neben Platzhirsch Edelweiss einen guten zweiten Herausforderer»

Wie gross ist die Gefahr für Bentour, dass nun andere Veranstalter verstärkt ins Türkei-Geschäft einsteigen und dem Spezialisten das Leben erschweren?

Es geht letztendlich ja auch darum, wer über die Kapazitäten verfügt. Wir haben mit den Delphin Hotels und der Stone Group, beides Gesellschafter von Bentour Reisen, total 14 Hotels mit 21'000 Betten in Lara und Belek. Insofern haben wir die Kapazitäten in der Hand. Zusätzlich waren wir in der Krise auch da, das wird von den Hoteliers geschätzt.

Wie stark ist Bentour vom Germania-Grounding in Deutschland betroffen? Und wie geht’s weiter in der Schweiz mit der Germania Flug AG?

Germania war immer ein guter Partner. Ich finde es sehr traurig, dass sie in Deutschland keine Möglichkeit mehr gesehen haben, weiterzuarbeiten. Für uns als Türkei-Spezialist gibt es keine so grosse Schnittfläche, daher ist der Schaden auch begrenzt. Trotzdem hoffen wir, dass in der Schweiz die Germania weitermacht, weil sie schliesslich auch einen sehr guten Job macht und gute Qualität bietet. Es ist sehr wichtig, dass es neben dem Platzhirsch Edelweiss noch einen guten zweiten Herausforderer gibt. Diese Konstellation sollten alle Touroperators in der Schweiz unterstützen, weil schlussendlich auch die Zukunft der Touroperators von der Vielfalt der Fluggesellschaften abhängt.

Was würden sie einer Germania Schweiz raten, wie sie künftig überleben kann?

Ich würde definitiv empfehlen, nicht ein zu billiges Preisbild abzugeben und weiterhin in Marketingmassnahmen zu investieren. Das wird ja auch gemacht. Es ist jetzt aber wichtig, dass wir von der Inhaberschaft der Schweizer AG ein glaubhaftes Bekenntnis bekommen, wie die Zukunft von Germania Schweiz aussieht. Wir wünschen uns, dass es eine Zukunft gibt. Jetzt braucht es aber vertrauensbildende Massnahmen und Informationen.


Für das Treffen mit Travelnews hat Deniz Ugur eine ganz besondere Adresse ausgewählt: das neue Gül Restoran in einem Hinterhof in der Nähe der Zürcher Langstrasse. «Endlich hat Zürich ein echtes, feines türkisches Restaurant», hierhin werde er künftig öfters kommen. Zu recht. Die Küche ist wirklich bemerkenswert gut.

Deniz Ugur, bald ist er auch Schweizer. Denn derzeit befindet er sich mit seiner Familie im Einbürgerungsverfahren. Einzig bei der Frage, in welcher Richtung das Schnebelhorn liege, hätte er passen müssen, lacht Deniz Ugur. Und mitten im Gespräch geht um Punkt 13.30 Uhr die Sirene auf seinem Handy los. «Sehen Sie, was für ein guter Schweizer ich bin, ich habe sogar die Sirenen-App der Eidgenossenschaft auf meinem Handy!».