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Thomas Stirnimann, CEO Hotelplan Group, lud wieder zum «Kaminfeuergespräch» - und hatte eigentlich viel Gutes zu berichten. Doch der Brexit und zu erwartende weitere Airline-Pleiten bereiten ihm Sorgen. Bild: JCR

Wachstum bei der Hotelplan Group – doch viele Fragezeichen im neuen Geschäftsjahr

Jean-Claude Raemy

Trotz schwierigem Marktumfeld, nicht zuletzt aufgrund von Airline-Pleiten, ist die Hotelplan Group im Geschäftsjahr 2017/2018 beim Umsatz weiter gewachsen. Mit dem EBIT sei man «zufrieden», verriet CEO Thomas Stirnimann. Doch das kommende Jahr wird wegweisend.

Thomas Stirnimann, CEO der Hotelplan Group, war beim «Kaminfeuergespräch» im exklusiven Zürcher Clubrestaurant Haute im Vorfeld der heutigen Präsentation der Jahreszahlen 2017/2018 entspannt: Für das am 31. Oktober 2018 beendete Geschäftsjahr durfte er einen um 5,2 Prozent gewachsenen verrechneten Umsatz von 1,4518 Milliarden Franken vorweisen. Auch bei den Passagieren resultierte ein Wachstum, und zwar von 2,4 Prozent.

Dieses Ergebnis sei umso bemerkenswerter, als es im letzten Geschäftsjahr nicht an Herausforderungen mangelte: Stirnimann erwähnte in diesem Zusammenhang die Pleiten von Skywork und Cobalt Air, aber auch den «Jahrhundertsommer», welcher vor allem nach der Fussball-WM viele potenzielle Kunden von Auslandreisen abhielt, und natürlich auch die Unsicherheit rund um den Brexit, welche das Geschäft in Grossbritannien verhagelt.

Das sind die wichtigsten Kennzahlen:

Hotelplan Suisse

Bei der nach wie vor grössten Geschäftseinheit Hotelplan Suisse fällt auf, dass trotz weniger Passagieren ein höherer Umsatz erzielt wurde. Trotzdem beklagt Stirnimann, dass nebst den bereits genannten Problemen wie Jahrhundertsommer und Airline-Pleiten «die aggressive Preispolitik der Mitbewerber» das Geschäft negativ beeinflusst habe: «Wir müssen preislich jeweils mitgehen, und das schlägt auf die Marge». In diesem Zusammenhang sprach Stirnimann auch Klartext hinsichtlich der Trennung von Kurt Eberhard, dem CEO von Hotelplan Suisse, im vergangenen Sommer: «Ich wollte von uns mehr Aggressivität im Markt; inzwischen ist uns dies gelungen.» Stirnimann hält organisatorisch auch weiterhin am Modell fest, wonach Daniel Bühlmann als COO und er selber die operativen Zügel in der Hand halten.

Obwohl der Anteil von Hotelplan Suisse am Gruppen-Gesamtumsatz wiederum leicht gesunken ist, bezeichnet Stirnimann diese Geschäftseinheit als «stabil». Im vergangenen Jahr habe es keine Filialschliessungen und keine Zukäufe gegeben. Aktuell besteht Hotelplan Suisse aus fünf Marken (Hotelplan, Travelhouse, Tourisme pour Tous, Globus Reisen, Migros Ferien) und 875 Mitarbeitenden, am Hauptsitz in Glattbrugg sowie in 98 Verkaufsstellen schweizweit.

Die Top-Reisedestinationen 2018 waren in diesem Geschäftsbereich Spanien, vor den USA und Griechenland.

Business Travel

Der Bereich Business Travel besteht seit November aus zwei unabhängig voneinander agierenden Einheiten, nämlich BTA First Travel und der neu übernommenen Finass Reisen. BTA First Travel (13 Niederlassungen schweizweit und 100 Mitarbeitende) habe stärker als der Markt zugelegt und zahlreiche Neukunden gewonnen – und sei ebenso wie Finass, deren Beitrag erst im kommenden Jahr zugerechnet wird, «gewinnbringend».

Stirnimann sieht im Bereich Geschäftsreisen noch viel brachliegendes Potenzial, gerade angesichts diverser Umwälzungen im Geschäftsreisemarkt wie etwa der Übernahme von HRG durch American Express. Allerdings seien die beiden strategischen Geschäftseinheiten nicht auf den internationalen Markt ausgerichtet. Dem Zukauf von Finass kann Stirnimann nur Gutes abgewinnen: «Wir schaffen eine gewollte interne Konkurrenzsituation, und sind bei Ausschreibungen nun mit einem zusätzlichen Pferd am Start.»

Hotelplan UK

Die britische Einheit, welche sechs Marken umfasst (Inghams, Inntravel, Esprit, Ski Total, Santa’s Lapland, Explore), ist «das klare Sorgenkind» von Stirnimann. Zwar sei das Sommergeschäft noch relativ gut verlaufen und die optimalen Schneeverhältnisse in den Alpen führten im wichtigen Skigeschäft zu einer starken Auslastung, und somit zu eigentlich zufriedenstellenden Zahlen. Die Top-Reisedestinationen der britischen Kundschaft waren Frankreich, vor Österreich und Italien (im Skigeschäft), Spanien, Italien und Frankreich (beim Wander- und Veloferienspezialisten Inntravel) bzw. Italien, Südafrika und Indien (beim Soft-Adventure-Anbieter Explore).

Sorgen bereitet aber der Ausblick vor. «Der Winter 2019 und auch der Winter 2020 – die Briten buchen in der Regel früh – sind schlecht vorausgebucht», erklärt Stirnimann. Das Brexit-Chaos schlage auf die Moral der Kundschaft, darüber hinaus hätten sich die Preise allein wegen der Abwertung des Pfunds und der Immobilien um 10 Prozent gesteigert. Inntravel verzeichnete erstmals seit 10 Jahren ein rückläufiges Geschäft. Natürlich kann Hotelplan hier nur abwarten und sehen, wie der Brexit letztlich vor sich geht und was daraus die Konsequenzen sein mögen. In der Zwischenzeit werde die digitale Transformation mit Investitionen in die E-Commerce-Plattform weitergeführt. Im Übrigen hat Hotelplan im abgelaufenen Jahr den erst 2015 gekauften Tauchreise-Anbieter Regal Dive wieder veräussert; dieser war eine Tochter von Explore und gehört nun neu zur Natural Travel Collection. Stirnimann glaubt aber explizit weiterhin an Spezialistenmarken in Grossbritannien – gerade etwa an Inntravel, der Ertragsperle, welche 98 Prozent des Geschäfts offline abwickle.

Holiday Homes

Nach einem fulminanten Start ins Jahr musste im Frühjahr und Sommer ein leichter Buchungsrückgang in Kauf genommen werden, was Stirnimann auch auf den Jahrhundertsommer zurückführt. Trotzdem verzeichnete Interhome das zweitbeste Geschäftsjahr aller Zeiten. Mit den Vorausbuchungen ist Stirnimann wieder sehr zufrieden, dazu werde das einheitliche Reservationssystem von Interhome und Inter Chalet für weitere Verbesserungen sorgen.

Stirnimann stellt überdies in Aussicht, dass er das Amt als CEO von Interhome und der Holiday Home Division, welches er zurzeit noch innehat, «spätestens im Mai 2019» (wenn eben das Inhouse-Reservationssystem FOCUS lanciert wird) abgeben werde. Kandidaten habe man bereits; Namen wollte er verständlicherweise noch keine nennen.

Dass Interhome und Inter Chalet ihre Angebote seit 2017 auch über Airbnb und Booking.com vertreiben, sieht Stirnimann als zweischneidiges Schwert: «Das sind natürlich ‚Frenemies‘ – Airbnb etwa hat Zugriff auf unseren Content, will aber ganz klar eigenen Content aufbauen. Wir erhalten also aktuell Buchungen dank Airbnb, laufen aber auch Gefahr, dass dieser Vertriebskanal eigenes Know-how erwirbt und uns irgendwann ernsthaft konkurrenziert.» Aktuell sei Interhome aber immer noch Besitzer von 65‘000 exklusiven Verträgen mit Wohnungseigentümern – an diese Daten komme Airbnb nicht heran.

Bedfinder

Das Ende 2016 gegründete Unternehmen Bedfinder, welches den Vertrieb von Reiseprodukten über moderne Webplattformen an Endkunden anbietet und auch White-Label-Produkte, Technologie und Fulfillment-Leistungen zur Verfügung stellt, konnte zwar markant wachsen, kommt aber trotzdem nicht richtig vom Fleck. Die 18 Millionen Franken Umsatz seien hauptsächlich Hotelkommissionen; das noch im Mai genannte Umsatzziel von 30 Millionen Franken wurde also deutlich verfehlt. «Wir haben viel investiert aber noch wenig Ertrag», weiss auch Stirnimann, der aber trotzdem weiterhin überzeugt vom Potenzial der Geschäftseinheit ist – was auch bei der Muttergesellschaft Migros der Fall sei. Nachdem sich der Enthusiasmus über die Zusammenarbeit mit Google etwas gelegt habe, sei das Hauptstandbein nun das White-Label-Geschäft. Beispielsweise mache man das Fulfillment für das erfolgreiche Startup Kiwi.com, welches bislang nur im Flugvertrieb tätig war aber nun auch ins Pauschalgeschäft will.

Weiter will man sich mit Bedfinder besser im Package-Bereich etablieren. Eine Kooperation sei diesbezüglich bereits mit dem US-Reiseunternehmen Travelzoo am laufen. «Das ‚Proof of concept‘ haben wir, und die Learnings sind enorm», gibt sich Stirnimann betreffend Bedfinder trotz dem noch bescheidenen Umsatz optimistisch, «Bedfinder hat uns an den Tisch gebracht mit Firmen, die sonst nie mit uns gearbeitet hätten.»

Bei Bedfinder waren die Top-Quellmärkte übrigens die USA, vor Kanada und Grossbritannien.

Gutes Jahr für die Gruppe - Noch kein Glaube an Germania

Unter dem Strich also ein insgesamt zufriedenstellendes Ergebnis für die Hotelplan Group. Zu genauen Zahlen durfte sich Stirnimann natürlich nicht äussern, doch liess er durchblicken, dass er mit dem EBIT «zufrieden» sei, obwohl dieser unterhalb des EBIT aus dem Vorjahr – welcher bei rund 5 Millionen Franken lag – liegen werde.

Mit dem neuen VR-Präsidenten des Migros-Genossenschaftsbundes, Fabrice Zumbrunnen, treffe sich Stirnimann rund zwei Mal monatlich; das Verhältnis mit seinem Chef bezeichnet er als gut.

Wohl kaum mehr geglättet wird dagegen das Verhältnis zur Airline Germania, deren schwierige Finanzlage zuletzt für Schlagzeilen sorgte – und bei Hotelplan umgehend dazu führte, dass Germania nicht weiter verkauft wurde. Dazu sagt Stirnimann Folgendes: «Zum Zeitpunkt der Warnung hatten wir bereits für mehrere 100‘000 Franken Germania-Flüge vorausbezahlt. Wir produzieren dynamisch, müssen also direkt bezahlen. Und doch haben wir keine Garantien dafür, dass die Leistung auch erbracht wird. Dass Airlines nach wie vor keine Kundengeldabsicherung haben müssen, ist nicht verständlich. Das von uns immer noch getragene Risiko ist auch durch den Garantiefonds nicht abgedeckt. Da Germania aus unserer Sicht den Finanzierungsnachweis nach wie vor nicht erbracht hat, verkaufen wir bis auf Weiteres auch weiterhin keine Tickets mehr, um unser Risiko nicht weiter zu erhöhen.» Hotelplan hatte schon zuvor ein angestrengtes Verhältnis zu Germania. Hauptlieferanten der Flüge werden nun also Edelweiss, Helvetic Airways sowie die Linienfluggesellschaften sein. Die Gründung einer eigenen Airline schloss Stirnimann indes kategorisch aus.