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Ist das Reisebüro schuld an der Airline-Pleite? Natürlich nicht. Hätte es davor warnen können? Möglicherweise. Der SRV gibt seinen Mitglieder nun ein Tool in die Hand, um solche Diskussionen am Schalter im Keim zu ersticken. Bild: Adobe Stock

«Wir wollen vor allem unschöne Diskussionen am Schalter verhindern»

Jean-Claude Raemy

Der Schweizer Reise-Verband (SRV) stellt seinen Mitgliedern eine Dokumentvorlage namens «Einverständniserklärung» zur Verfügung, welche im Falle von Airline-Konkursen zur Anwendung kommt. SRV-Geschäftsführer Walter Kunz nimmt dazu Stellung.

Der Schweizer Reise-Verband hat seinen Mitgliedern eine «Einverständniserklärung» vorgelegt, welche diese ihren Kunden vorlegen können, welche auf die Buchung einer «finanziell gefährdeten Airline» bestehen. Darin bestätigt der Kunde, dass er mit einer Fluggesellschaft reist, welche möglicherweise ihre Flugleistungen einstellt und dass der bezahlte Flugpreis möglicherweise nicht erstattet wird, und dass fällige Zusatzkosten zu seinen Lasten gehen – wobei klar ist, dass eine solche Einverständniserklärung nur dann zu unterzeichnen ist, wenn der Kunde keine Pauschalreise gebucht hat. Hat er nämlich eine solche gebucht, ist in jedem Fall der Veranstalter gesetzlich verpflichtet, eine alternative Fluglösung anzubieten oder eine Rückerstattung des bezahlten Reisepreises zu bieten.

Der Hintergrund ist klar: Wegen der vielen Airline-Pleiten der letzten Jahre, gerade auch von Schweizer Airlines, wurden viele Reisebüros und Reiseveranstalter geschädigt. Allerdings ja eben nur, wenn sie Pauschalreisen vermittelt hatten, und nicht bei Buchung von beispielsweise Nur-Flügen – in letzterem Fall erleidet der Endkunde den Schaden.

Das bestätigt auch Walter Kunz, Geschäftsführer des SRV: «Die Einverständniserklärung verfolgt vor allem das Ziel, Diskussionen am Schalter zu verhindern.» Wer nämlich einen Flug im Reisebüro gebucht hat, wird bei einer Pleite der Airline fast immer aufs Reisebüro losgehen. «Leider ist es noch zu wenig bekannt, dass der Kunde nur bei Buchung einer Pauschalreise vor solchen Fällen geschützt ist», sagt Kunz. Insofern gehe es also darum, den Imageschaden für das Reisebüro einzudämmen, indem dieses schon im Vorfeld klar auf Risikosituationen bei gewissen Flugbuchungen hinweist.

Das Reisebüro entscheidet, wer «unsicher» ist

Welche Airline als «riskant» gilt, liegt im Ermessen des Reisebüros. Der SRV könne es sich nicht erlauben, hier klare Empfehlungen abzugeben. Das Reisebüro sollte also die Newslage verfolgen und bei Bedarf die «Einverständniserklärung» zücken.

Einen ähnlichen Anwendungsbereich gibt es mit einem Enthaftungsdokument des SRV, welches schon vor mehreren Jahren publiziert wurde, und in welchem ein Kunden per Unterschrift bestätigen muss, dass er in ein Land reisen will, vor welchem das EDA in seinen Reisehinweisen warnt. Auch dort geht es darum, dass die Reisehinweise zwar rechtlich nicht bindend sind, aber auf Reisen durchaus Konsequenzen haben – viele Reiseunternehmen machen ja die Annullierungsregelungen von den EDA-Reisehinweisen abhängig. Wer dann trotz den Reisehinweisen auf einer Reise besteht, entbindet das Reisebüro im Prinzip nur davon, dass es nicht auf die Gefahr hingewiesen habe. Ähnlich ist es also bei dieser neuen Einverständniserklärung: Im Nachhinein kann kein Kunde dem Reisebüro den Vorwurf machen, dass er nicht vor einer möglichen Airline-Pleite gewarnt worden sei.

Aktuell wäre eine solche Einverständniserklärung im Zusammenhang mit Buchungen von Germania-Flügen sinnvoll gewesen (wobei Germania inzwischen eine Besserung ihrer Finanzlage kommuniziert hat). Kunz will wie gesagt keine Airline-Namen explizit nennen, sondern verweist darauf, dass das Reisebüro letztlich entscheidet, für welche Fluggesellschaften ein solches Dokument zur Anwendung kommt. «Der Konsument darf diese Kompetenz von einem Reisebüro erwarten», so Kunz.

Juristisch sei die Zur-Verfügung-Stellung dieses Dokuments geprüft worden. Nun bleibt zu sehen, wie es die Reisebüros und vor allem auch die Endkonsumenten aufnehmen. Denkbar wäre ja auch der Fall, dass Kunde einen Flug einer «gefährdeten Airline» mitsamt Hotel/Mietwagen buchen will und damit eigentlich eine Pauschalreise vorliegt – kann das Reisebüro zwei Rechnungen stellen, eine für Hotel/Mietwagen und eine für den Flug, der in diesem Fall aus Kundensicht nicht gedeckt wäre? Die Praxis wird es zeigen.