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Die Situation bei Germania scheint sich zu entspannen, und doch ist das Vertrauen in die Airline vorerst mal angeschlagen. Bild: TN

Germania: Zwischen Hoffen und Bangen

Die Airline hat eine Finanzspritze erhalten und kann bis auf weiteres weiterfliegen. Trotzdem bereiten sich die Germania-Partner mit «Plan B»-Lösungen auf den Worst Case vor.

Die aktuelle Finanzkrise war an den verschiedenen Abend-Events der letzten Tage das vorrangige Branchenthema. Nach der Meldung über Liquiditätsengpässe hatte Hotelplan postwendend angekündigt, den Verkauf von Germania-Tickets sofort einzustellen bzw. bei Bestehen darauf eine Enthaftung zu verlangen. Die Befürchtung lag nahe, dass weitere Akteure wie TUI Suisse oder DER Touristik Suisse mit ähnlichen Verkaufsstopps nachziehen würden, dass Endkunden mitten in der Buchungssaison vorsichtshalber keine Germania-Flüge mehr bestellen würden, und dass Zulieferer etwa von Fuel oder Catering bald auf Vorauskasse bestehen würden, womit dann die «Todesspirale» in Gang gesetzt wäre. Allgemein wurde in den Cüplirunden mit dem baldigen Untergang von Germania gerechnet.

Doch Halt, nicht so schnell. Zum einen hat Germania gestern (10. Januar) eine Finanzspritze von zwei nicht genannten Investoren erhalten, was den Flugbetrieb bis auf weiteres sichert, wie die «FVW» schreibt. Wie viel Geld bezahlt wurde, also wie lange es damit reicht, ist nicht bekannt. Es ist aber ein wichtiges Signal, um wieder Vertrauen bei Veranstaltern und Endkunden zu gewinnen.

Zum anderen hoffen viele Veranstalter weiterhin, um die grosse Belastung eines Groundings herumzukommen (was wieder wertlose Tickets und die kurzfristige Suche nach Ersatzbeförderung bedeuten würde), und verkaufen Germania auf Wunsch weiterhin, arbeiten aber gleichzeitig an Alternativplänen.

Die Situation am Beispiel Südosteuropa

Travelnews hat sich mal bei kleineren Partnern umgehört, welche von einem Grounding stark betroffen sein könnten. Etwa Südosteuropa-Spezialisten: Germania fliegt ab Zürich nach Zadar (Kroatien) und nach Tirana (Albanien). Der Zürcher Spezialist Meersicht hat Kontingentsplätze am Samstag nach Zadar und am Sonntag nach Tirana und auch die restlichen Flüge von Germania zu diesen Zielen im Angebot. Geschäftsführer Marco Wipfli relativiert zwar: «Germania gehört nebst Croatia Airlines, Adria Airways und Montenegro Airlines zu unseren Hauptpartnern. Genauso stark verkaufen wir jedoch Edelweiss, obwohl wir dort keine eigenen Flugplätze haben. Somit sind wir nicht von Germania abhängig.»

Doch bestätigt auch er, an einem Plan B zu arbeiten: «Ein Grounding von Germania wäre sicherlich alles andere als schön. Da wir aber in unserem Zielgebiet mit 8 Flughäfen arbeiten und Germania lediglich 2 davon anfliegt, wäre es für uns zwar ein zeitlicher Mehraufwand für die Umbuchungen, aber zumindest zurzeit noch kein grosser finanzieller Verlust.» Meersicht verkaufe weiterhin die Flüge mit Germania nach Zadar und Tirana, «obwohl praktisch kein Reisebüro mehr Germania bei uns buchen will», wie Wipfli ausführt. Aktuell sei der Verkauf von Germania-Flügen praktisch auf null zusammen gefallen. Wipfli glaubt aber angesichts der zuletzt positiven Signale, dass noch alles gut kommt: «Ich hoffe immer noch auf eine weitere Zusammenarbeit mit Germania, aber wir sind gewappnet und haben bereits Fluglösungen für Tirana und Zadar in Bearbeitung.»

Ein weiterer wichtiger Kroatien-Spezialist, Croaticum, hat ebenfalls Germania-Flüge im Angebot – aber nur bei einem kleinen Teil der Angebote, wie Geschäftsführer Tomislav Racic bemerkt: «Wir bieten Kroatien mit allen Flügen ab der Schweiz und dem nahen Ausland an; damit bringen wir uns nicht in eine Abhängigkeit von Germania.»

Croaticum habe momentan noch Kunden, welche Germania weiterhin buchen möchten. «Sollte es wirklich zu einem Grounding kommen, werden wir als seriöser Kroatienspezialist sicherlich eine passende Lösung für jeden unserer Kunden finden – wie bisher in ähnlichen Fällen.»

Edelweiss reibt sich die Hände

Die Spezialisten klingen also noch relativ entspannt und wollen die Situation abwarten. Klar ist, dass niemand ein Grounding wünscht. In diesem Zusammenhang beklagen viele Branchen-Exponenten, dass zu wenig Kommunikation von Germania Schweiz komme. Travelnews hat seinerseits seit mehreren Tagen probiert, die Germania-Führung in der Schweiz zu erreichen, leider erfolglos, und wurde bei der Pressestelle nach Deutschland verwiesen. Auch die Veranstalter erhalten dem Vernehmen nach weiterhin kaum Informationen. Vertrauen schaffen im Heimmarkt geht anders.

Sollte Germania tatsächlich vom Markt verschwinden, wäre primär Edelweiss der grosse Profiteur. Der Markt scheint dies aber nicht zu wünschen: «Wer will schon Quasi-Monopolstellungen?», lautet der Tenor. Am besten wäre ein Status Quo. Germania erwägt aber inzwischen offenbar auch Verkaufsoptionen, obwohl das primäre Ziel der Erhalt der Eugenständigkeit bleibt. Die Sache ist trotz Finanzspritze bei Weitem noch nicht ausgestanden.

(JCR)