Reiseanbieter

Die Köpfe hinter der neuen Versicherungslösung: Martin Reber (Schär Reisen, l.) und Koni Kölbl (Travel-Solutions). Bilder: zVg

Die IGUR lanciert eine eigene «Airline Insolvency Protection»

Wer in einer der 14 angeschlossenen Filialen der IGUR seine Reise bucht, ist ab morgen Donnerstag im Fall einer Airline-Pleite automatisch versichert: Die IGUR-Reiseunternehmen bieten mit Helvetic Assistance eine schweizweit gültige Lösung zur Kundengeldabsicherung bei Flugbuchungen an.

Cobalt, Skywork, Belair, Niki, Darwin, Air Berlin: In den letzten 15 Monaten sind gleich sechs Airlines Konkurs gegangen, welche in der Schweiz aktiv waren. Das stellte hiesige Reiseunternehmen immer wieder vor grosse Probleme: Nicht nur, dass man für Kunden mit grossem Aufwand Alternativlösungen suchen musste, sondern auch, dass es für vorausbezahlte Flugtickets in der Regel keine Erstattung gab. Wie gestern bekannt wurde, dürfte allein die Cobalt-Pleite bei Hotelplan Suisse Kosten von bis zu einer halben Million Franken verursacht haben. Bei diesen Pleiten verloren europaweit auch über eine Million Fluggäste ihr Geld. Und das Schlimmste: Es wird allgemein prognostiziert, dass es im kommenden Jahr zu weiteren Pleiten kommen wird, denn der Konzentrationsprozess in der europäischen Luftfahrt ist noch nicht abgeschlossen.

Airlines sind bekanntlich per Gesetz nicht verpflichtet, vorausbezahlte Leistungen, also Flugscheine, abzusichern. «Das wird auch erbarmungslos ausgenutzt», sagt Martin Reber von Schär Reisen Bern AG, einem Mitglied der Interessengemeinschaft Unabhängiger Reisebüros in der Schweiz (IGUR). Reber ergänzt: «Zudem betätigt sich mittlerweile jede Airline gleichzeitig auch als Micro Tour Operator, indem sie Hotels, Transfers, Mietwagen, Versicherungen, etc. verkaufen, ohne den Richtlinien des Pauschalreisegesetzes zu entsprechen, wozu Reisebüros per Gesetz aber verpflichtet sind. Bei Nur-Flug-Buchungen haftete bis anhin der Konsument. Das ist aus der Sicht von unseren elf unabhängigen Schweizer Reiseunternehmen ethisch nicht mehr tragbar.»

Pionierleistung der IGUR

Deshalb sagt die IGUR den Fluggesellschaften den Kampf an: Die IGUR bietet in Zusammenarbeit mit Helvetic Assistance erstmals schweizweit eine Lösung zur Kundengeldabsicherung bei Flugbuchungen an. Die neue «Airline Insolvency Protection»-Versicherung (AIP) tritt per Morgen Donnerstag, 15. November 2018, in Kraft. «Wir freuen uns, mit der neuen AIP-Versicherung einen Mehrwert gegenüber der Onlinebuchung anbieten zu können», freut sich Koni Kölbl von Travel-Solutions, «die Konsumentenschutzorganisationen werden diesen Schritt bestimmt begrüssen.»

Konkret ist es so, dass eine Kollektivversicherung mit Helvetic Assistance abgeschlossen wurde. Wer bei einem IGUR-Mitglied ein Flugticket bucht, erhält in den Reisedokumenten automatisch einen Versicherungsschein, der sämtliche durch Airline-Konkurse erfolgte Schäden mitsamt Folgekosten deckt. «Das gilt für alle in IGUR-Reisebüros gekauften Flugtickets, die nicht bereits durch die Reisegarantie, TPA oder Swiss Travel Security abgedeckt sind - unabhängig davon, ob es sich um ein Nur-Flug-Ticket ohne weitere Leistungen oder eine individuell zusammengesetzte Reise handelt», präzisiert Kölbl. Weder die Kosten für das Flugticket noch das Flugreiseziel seien hierfür relevant. Die kundenfreundliche Abdeckung des Konkursrisikos gab es bislang nur für Pauschalarrangements, die im Reisebüro oder beim Reiseveranstalter gebucht wurden, nicht aber für modular zusammengestellte Reisen oder einzelne Flugtickets.

Spürbarer Verdruss

Von diesem «Versicherungs-Coup» verspricht man sich bei der IGUR natürlich einen gewissen Effekt. Reber wird nicht müde zu betonen, dass die Reisebüros ihren Mehrwert noch vermehrt sichtbar machen sollen. Es ist ja längst Usanz, oder besser gesagt Gesetz, dass jeder seriöse Reiseunternehmer über eine Kundengeld-Absicherung verfügen muss. Die Airlines haben eine ähnliche Kundengeldabsicherung für ihre Branche bisher aber erfolgreich verhindert.

Die IGUR hatte nun einfach genug. «Wir werden damit wohl kaum die Airlines dazu bringen, eine Kundengeldabsicherung einzuführen», weiss Reber, «aber wir können uns damit klar von Online-Reisebüros unterscheiden und einen Mehrwert bieten, den es in dieser Form bislang noch nicht gab.» Mit Helvetic Assistance sei ein guter Deal getroffen worden; die für die IGUR-Mitglieder entstehenden Kosten der Kollektivversicherung werden im Kosteninkasso verrechnet und seien, so Reber, dadurch kaum kostenrelevant. Man darf gespannt sein, ob sich daraus ein echter, langfristiger Wettbewerbsvorteil für die IGUR-Reisebüros ergeben wird.

(JCR)