Rail & Road

Was spricht eigentlich gegen autonom fahrende Züge? Die SNCF startet demnächst ein Pilotprojekt. Bild: archer10 (Dennis) 131M Views

Die SNCF will ab 2023 Züge ohne Lokführer einsetzen

Die französische Bahngesellschaft bereitet sich für die Zukunft vor. Durch die Automatisierung des Zugverkehrs sollen die Frequenzen erhöht und der Energieverbrauch gesenkt werden.

Täglich steigen in Paris tausende Menschen in führerlose Metrozüge ein, ohne mit der Wimper zu zucken. Die französische Bahngesellschaft SNCF träumt davon, dies auch umsetzen zu können. Deshalb will sie bis 2023 Protoypen eines «train autonome», also eine Lokführer-losen Zugs, auf Hauptstrecken einführen, und dies sowohl im Personen- als auch im Frachtverkehr.

Laut SNCF-Präsident Guillaume Pepy sprechen operative Gründe für diese weitgehende Automatisierung: «Wir könnten bis zu 30 Prozent mehr Züge verkehren lassen», wird Pepy in «Francetvinfo» zitiert. Dies, indem alle Züge aufeinander abgestimmt und mit selber Geschwindigkeit unterwegs sind, der gesamte Verkehr also flüssig gehalten wird. Ein weiterer Vorteil wäre, dass der Stromverbrauch reduziert wird. Pepy sei sich allerdings im Klaren, dass herkömmliche Bahnstrecken «offene Systeme» sind, wo stets Unvorhergesehenes passieren kann, was den Verkehrsfluss beeinträchtigen könnte. Dennoch sei für ihn klar, dass führerlose Züge «die Zukunft des Bahnverkehrs» sind, auch wenn sich viele Passagiere heute noch mit dem Gedanken schwer tun.

Für die Ausarbeitung eines führerlosen Zuges, wo möglicherweise gar kein Mensch mehr an Bord sei (ausser natürlich den Passagieren), kooperiert SNCF mit den etablierten Partnern der Zugbauer von Alstom und Bombardier. Der neue Zugprototyp wird über Sensoren verfügen müssen, welche Hindernisse erkennen und darauf reagieren, und natürlich auch eine leistungsfähige Bremsautomatik. Für den Bahnverkehr generell werden, wie im Prinzip jetzt schon, zentrale Stellen verantwortlich sein. Für die Entwicklung des führerlosen Zugprototypen hat SNCF 57 Millionen Euro zur Seite gestellt. Während der Prototyp 2023 bereit sein soll, werden erste Passagiere voraussichtlich erst 2025 in Frankreich in einen führerlosen Fernzug einsteigen können.

Wenig Freude bei den Lokführern

Wenig überraschend: Die Lokführer sind alles andere als begeistert. Die französischen Lokführergewerkschaften verstehen insbesondere nicht, weshalb diesem Projekt solche Priorität gegeben werden. Ihnen zufolge sollte man das Geld lieber in bessere Infrastruktur und Material investieren.

Frankreich will aber bei den führerlosen Zügen an der Spitze mit dabei sein, wofür es nicht zu spät sei, wie Carole Desnost (Head of Innovation, SNCF) bemerkt. In China, Japan und Australien wird bereits mit führerlosen Zügen experimentiert. In Europa will nun SNCF den ersten Schritt machen. Allerdings nicht ganz alleine: Die SNCF sei mit der Deutschen Bahn (DB) im Gespräch für die Etablierung eines europaweiten Standards für führerlose Züge.

(JCR)