Rail & Road

Soll in zehn Jahren fertig sein: Der Absenktunnel zwischen Dänemark und Deutschland, der die letzte Strassenlücke im Nord-/Südverkehr Europas schliesst. Bild: Femern AS

Freie Fahrt vom Nordkap nach Neapel

Noch muss für die grosse Nord-Süd-Fahrt durch Europa stellenweise auf Fähren zurückgegriffen werden. Dänemark will nun endlich mit dem Bau des Fehmarnbelt-Tunnels loslegen. Aber aus Deutschland fehlt weiterhin die Baugenehmigung.

Moderne Technologie ermöglicht immer extremere Bauten, welche wiederum den Verkehrsfluss innerhalb Europas verbessern. Grosse Bauwerke wurden in den letzten Jahren teilweise realisiert, etwa die Öresund-Brücke zwischen Kopenhagen und Malmö, andere sind noch in Planung. Das letzte fehlende Puzzleteil, welches eine fährenfreie Fahrt vom Norden Skandinaviens bis hinunter nach Süditalien ermöglichen würde, ist die Fehmarnbeltbrücke zwischen Lolland (Dänemark) und der deutschen Insel Fehmarn – sowie, wenn man so will, die Brücke über die Strasse von Messina, welche zusätzlich Sizilien mit dem italienischen Festland verbinden würde, aber das ist eine andere (leidige) Geschichte.

Das Projekt Fehmarnbeltbrücke ist inzwischen rund 50 Jahre alt und war lange einem Tauziehen zwischen Dänemark und Deutschland betreffend der Kosten und der Art der Querung ausgesetzt. Zuletzt einigte man sich auf den Bau eines Tunnels: Der «Fehmarnbelttunnel» soll mit 17,6 Kilometern der weltweit längste «Absenktunnel» werden – also ein Tunnel, der vom Festland aus sich bis unter den Meeresboden absenkt und auf der anderen Seite des Belts wieder hochkommt, wobei der Tunnel sowohl für Auto- als auch für Bahnverkehr konzipiert wird. Nach Fertigstellung des Tunnels wurde die Passage durch den Belt noch rund 10 Minuten dauern; aktuell muss man allein für die Fährüberfahrt 45 Minuten einrechnen. Vor allem würde es Skandinavien definitiv «fährenfrei» an Deutschland und damit an Europa binden.

Deutlich mehr Einsprüche aus Deutschland

Vor fast drei Jahren, Ende April 2015, wurde der Bau des Fehmarnbelttunnels vom dänischen Parlament genehmigt. Seitdem hat die Firma Femern AS an Machbarkeitsstudien getüftelt und vor wenigen Tagen nun das Projekt vorgestellt. Europas grösstes Bauprojekt könnte, sofern der Bau bald losgeht, bis 2028 realisiert werden, so Femern AS.

Geplant sind vier Röhren, zwei zweispurige Tunnels für den Autoverkehr und zwei Bahntunnels. Der Tunnel würde von Rødbyhavn am Südende der dänischen Insel Lolland hinüber nach Puttgarden auf der deutschen Insel Fehmarn führen – also die gleiche Strecke wie die Fähre verfolgen. Nebst dem Autoverkehr würde auch der Bahnverkehr massiv verbessert – die Strecke Hamburg-Kopenhagen etwa wäre so in 2,5 Stunden machbar. Heute dauert diese Zugstrecke per Bahn 4,5 Stunden.

Doch noch gibt es kein definitives grünes Licht. Die Baugenehmigung aus Deutschland mitsamt dem deutschen Anteil der Projektfinanzierung ist immer noch ausstehend. Auf dänischer Seite, wo man lieber heute als morgen mit den Bauarbeiten beginnen möchte, zeigt man wenig Verständnis. Wobei das Problem eigentlich nicht bei den Behörden selbst liegt: Als das Projekt 2016 zur öffentlichen Vernehmlassung freigegeben wurde, gab es auf dänischer Seite gerade mal 42 Einsprüche, auf deutscher Seite hingegen deren 12‘600. Kein Wunder, dauert der Prozess zur Erteilung der Baugenehmigung in Deutschland deutlich länger. Es wird damit gerechnet, dass sich die juristischen Streitereien noch ein bis zwei Jahre hinziehen. Geplanter bzw. erhoffter Baubeginn sei 2020. Auf Lolland sind allerdings vorgezogene Baumassnahmen bereits gestartet.

Die Durchfahrt wird richtig teuer

Die budgetierten Baukosten sollen bei 55 Milliarden Dänischen Kronen liegen, also knapp unter 9 Milliarden Franken. Dänemark, Deutschland und die EU tragen die Kosten. Wobei diese auch wieder hereingeholt werden: Für die Querung des Tunnels wird während 36 Jahren nach dessen Eröffnung eine Maut verlangt. Und billig wird es nicht sein: Pro Personenwagen sollen umgerechnet 75 Franken verlangt werden. Das ist etwa derselbe Preis wie aktuell für die Fährüberfahrt.

(JCR)