Rail & Road

An vielen Bahnhöfen wie hier in Lyon-Perrache wird es in den nächsten Tage sehr ruhig. Bild: Fotolia

Die Züge stehen still

Ein Streik legt die TGVs am Dienstag und Mittwoch lahm. Frankreich-Reisende sollten sich vorsehen. Doch auch bei der Air France fällt ein Viertel der Flüge aus.

Mit einer Streikwelle wollen Eisenbahner-Gewerkschaften die Reformpläne der Regierung für das staatliche Bahnunternehmen SNCF aus dem Gleis werfen. Der Auftakt an diesem Dienstag dürfte den Zugverkehr des Landes in weiten Teilen lahmlegen: Nur 12 Prozent der geplanten TGV-Hochgeschwindigkeitszüge fahren, die Lage im Regionalverkehr wird nur wenig besser sein.

Bahnpendlern könnten damit nervenaufreibende Wochen bevorstehen, denn die Eisenbahner wollen immer im Wechsel zwei Tage streiken und drei Tage arbeiten. Und das über Monate – 36 Streiktage bis Ende Juni, so die Drohung. Medien sprechen schon vom «grossen Durcheinander». Die Gewerkschaften sind entschlossen, einen langen Atem zu beweisen, um die Regierung in die Knie zu zwingen.

Reisende sollten sich frühzeitig informieren. Wer von der Schweiz nach Frankreich mit der Bahn will, erhält auf dieser Webseite weitere Infos:

Wer von der Bahn auf den Flieger umsatteln will, sollte aber einen Blick auf die aktuellen Streiks bei Air France werfen. Die Gewerkschaften fordern sechs Prozent mehr Gehalt für die Air-France-Beschäftigten. Das Management hatte ein Prozent angeboten. Für den 3. und 7. April sind weitere Streiks angekündigt. Infos zum Streik bei Air France:

Umbau bei SNCF

Die Regierung will das staatliche Bahnunternehmen SNCF umbauen: Der vorteilhafte Eisenbahner-Status soll für Neueinstellungen abgeschafft werden, ein rotes Tuch für die Gewerkschaften. Die Rechtsform der hochverschuldeten SNCF soll sich ändern, eine Privatisierung ist aber nicht geplant. Das Unternehmen soll seine Kosten senken, um sich dem Wettbewerb stellen zu können, wenn der Bahnverkehr in Frankreich wie auf EU-Ebene vereinbart für Konkurrenz geöffnet wird. Einen Zug fahren zu lassen sei in Frankreich 30 Prozent teurer als in anderen europäischen Ländern, so Premierminister Édouard Philippe. Kritiker fürchten, darunter werde die Qualität leiden.

Für den sozialliberalen Staatschef Macron und die Mitte-Regierung geht es noch um mehr: Der Konflikt hat Symbolcharakter. Wenn sie einknicken, würde dies ihre Position für weitere Reformpläne deutlich schwächen. Viele denken an 1995, als Vorhaben des damaligen Premiers Alain Juppé nach heftigen Streiks zurückgenommen wurden.

Die öffentliche Meinung ist bislang gespalten: Laut einer Umfrage des Instituts Ifop für die Zeitung «Le Journal du Dimanche» halten 46 Prozent den Streik für gerechtfertigt. Zugleich wünschen 51 Prozent der Befragten, dass die Regierung die Reform durchzieht. Die grosse Frage ist, wie die Franzosen reagieren, wenn über Wochen immer wieder die Züge stillstehen. Die Regierung hat den Ton bereits verschärft und prangert eine «Blockadehaltung» an, obwohl Gespräche über die Reform noch gar nicht abgeschlossen seien. Die grosse Gewerkschaft CGT kritisiert wiederum eine «ideologische» Reform.

(AWP)