Rail & Road
Expert Fernbusse und andere Grenzüberschreitungen
Peter KrepperEine Touristin ist jemand, die sich für eine Weile an einem anderen als ihrem gewöhnlichen Ort aufhält und dort auf touristische Angebote zugreift. Wer von zuhause loswandert und sich im übernächsten Ort in der Wirtschaft verköstigen lässt, ist dort ebenso Touristin wie, wer vom anderen Ende der Welt in die Schweiz fliegt. Fremdenverkehr ist wörtlich zu verstehen, wobei es hier nicht um Fremde geht, sondern um das Befremden, das mitunter ausgelöst wird durch gewisse rechtliche Regelungen des Verkehrens.
Autovermieter zum Beispiel erlauben mit Erstklass-Wagen keine Fahrt nach Italien. Die EU verbietet ihrer Bevölkerung im Grundsatz, mit einem Schweizer Mietwagen die Schweiz zu verlassen, die Schweiz ihren Einwohnern, mit einem im Ausland zugelassenem Mietwagen in die Schweiz zu kommen. Keine Ausnahme von der Regel gibt’s im Weiteren für die Kabotage: Gewerbsmässig dürfen Personen in einem Mitgliedstaat der EU und innerhalb der Schweiz ausschliesslich von im Land selbst immatrikulierten Motorfahrzeugen transportiert werden.
Verboten sind damit Fahrten im Fernbus etwa von Zürich nach Basel (und umgekehrt), wogegen das Aussteigen-Lassen erst jenseits der Grenze erlaubt ist. Das Verbot richtet sich nicht gegen die Touristin, sondern ans Transportunternehmen. Was womöglich fragwürdig erscheint, hat indes durchaus seinen Sinn. Der notorische Fahrzeug-Klau in südlichen und auch östlichen Nachbarschaften zwingt Versicherungen zur Deckungsschranken und veranlasst Vermieter aus nachvollziehbaren Gründen ihrerseits zu Nutzungsbeschränkungen.
Zu befürchtende Kapazitäts-Engpässe der Schiene.
Auch das Kabotage-Verbot bleibt zu begrüssen, soweit damit Mensch, Tier und Umwelt vor übermässigen Immissionen eines grenzenlosen Verkehrs geschützt werden sollen. Das ist nur aber immerhin indirekt der Fall: diese Beschränkung des Personentransports fördert den Öffentlichen Verkehr und rechtfertigt so die hohen Kosten von Infrastruktur und Betrieb der umweltfreundlicheren Eisenbahnen. Ökologisch betrachtet wäre hier mehr noch von Nöten.
Nicht zu übersehen ist der ökonomische Nutzen all der erwähnten gesetzlichen Restriktionen des Personenverkehrs für das hiesige Transportgewerbe. Kein heisses Eisen wird so gebahnt aus dem Umstand, dass das Kabotageverbot im Abkommen Schweiz – EU von 1999 über den Personenverkehr auf Schiene und Strasse gegenseitig so ausgestaltet worden ist. Im Übrigen gelten auch in der Schweiz immatrikulierte Fahrzeuge jedoch nur einen Teil der Kosten, den sie der Allgemeinheit verursachen, durch entsprechende Steuern an die Gemeinschaft ab.
Offen ist, ob eine zumindest analog hohe Abgabe von Fernbussen im innerschweizerischen Verkehr nicht eher noch einem liberalisierten Markt für den touristischen Personenverkehr entspräche. Angesichts zu befürchtender Kapazitäts-Engpässe der Schiene erscheint eine solche Antwort auf die touristische „Massen-Ein- und Umherfahrt“ prüfenswert.