Rail & Road

Viele Reisende schrecken gerade im Ausland vor dem Laden eines E-Autos zurück. Bild: AdobeStock

Autovermieter müssen weiterhin auf Benziner setzen

Sunny Cars erklärt, warum Autovermieter ihre Flotten nicht schneller auf E-Autos umstellen. Das grösste Problem ist die gegen Null tendierende Nachfrage nach E-Mietautos infolge der Unsicherheiten rund um die Ladesituation im Ausland.

Der Anteil der Hybrid- und Elektroautos an den Neuzulassungen von Fahrzeugen steigt seit Jahren weltweit an. Das ist auch in der Schweiz so. Entsprechend wächst die Auswahl an verfügbaren E-Modellen; mancherorts schaffen auch die Staaten Anreize für Autofahrer, um auf E-Modelle umzusteigen, sowohl im Privat- wie auch im Geschäftsbereich.

Doch wer ein E-Auto mieten will, stösst häufig auf Probleme. Denn es finden sich am Mietwagenmarkt kaum entsprechende Fahrzeuge; nur in den seltensten Fällen stehen E-Autos oder Hybride als Mietwagen zur Wahl. Kai Sannwald, Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter von Sunny Cars, kennt den Grund: «Für die Probleme rund um eine Flottenumstellung gibt es nicht ansatzweise eine Lösung. Auch die Nachfrage der Reisenden geht gegen null.» Letzteres beruht auf Vorbehalten der Konsumenten: Viele Reisende schrecken gerade im Ausland vor dem Laden zurück. Auf unbekannten Routen vertrauen die Fahrerinnen und Fahrer nicht auf die kürzere Reichweite bei Strombetrieb. Die Sorge keine Ladestation zu finden, dominiert. Die Kenntnisse über die Reisedestination reichen oft nicht bis hin zu Stromsäulen. Travelnews hat jüngst Privat-Erlebnisse von E-Autofahrern in fremden Ländern portraitiert (in Italien und in Island), welche diese Probleme bzw. die Vorbehalte aufzeigen.

Das steht natürlich im Gegensatz zu einheimischen Fahrern, welche die Standorte der Ladeplätze kennen bzw. zuhause aufladen können. Das erklärt die Diskrepanz zwischen der hohen Nachfrage nach E-Autos im Privatbereich und der diesbezüglich geringen Nachfrage auf Seiten der Mietwagen-Kundschaft.

Erhöhte Abgabe- und Umschlagzeit

Was oft noch weniger bedacht wird, sind unbeantwortete Fragen beim Thema Rückgabe. Bislang gilt meist die Voll-Voll-Regel: Die Annahme und Abgabe erfolgen mit vollem Tank. Doch dauert das Laden bei einem E-Fahrzeug vergleichsweise deutlich länger. Ein kurzer Stopp auf dem Weg zum Flughafen reicht daher nicht aus. Statt fünf Minuten bleibt das Auto teils mehrere Stunden an der Säule hängen. Auch hiervor schrecken Reisende zurück.

Und auch der Vermieter kommt an diesem Punkt in die Bredouille. Um den Servicecharakter zu erhöhen, wären Ladestationen bei der Rückgabe von Vorteil. Jedoch erhöht dies die Umschlagzeit enorm. Ein zurückgebrachtes Auto geht normalerweise binnen kurzer Zeit schon wieder auf seine nächste Reise. Im Einzelfall betrachtet scheint diese Hürde nicht zu hoch. Allerdings kommt es bei den grösseren Stationen zu einem Wechsel von mehreren hundert Ferienautos pro Tag. Da sind lange Lade-Wartezeiten unpraktikabel.

Daraus folgt zudem eine nächste Schwierigkeit: Bleiben Mietwagen länger vor Ort, benötigt die Station viel mehr Platz, um die Wagen zu parken. Denn die aktuelle Platzsituation reicht nicht aus, um diesen Zwischenpuffer abzudecken. Doch auch wer seinen Parkplatz ausweitet, schafft zunächst nur die Möglichkeit, die Autos zu parken. Für den Ladevorgang selbst benötigt der örtliche Anbieter viele Ladesäulen und entsprechend eine Menge Strom. Hier stellt sich die Frage, wer die Kosten trägt. Denn üblicherweise haben Mietpartner, insbesondere an Flughäfen, selbst einen Mietvertrag. Entscheidet also ein Airport, die Fläche anderweitig zu vergeben, wäre ein Investment in Ladesäulen nicht refinanzierbar.

«Diese Probleme bei der Ausgangslage kennen wir bereits seit vielen Jahren», bilanziert Kai Sannwald, «mittlerweile kommt es zu viel Bewegung in Sachen E-Autos, doch in Bezug auf E-Mietwagen herrscht kompletter Stillstand. Ein Fall des Henne-Ei-Problems aus Nachfrage und Angebot. Die EU strebt an, dass ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen auf den Markt kommen. Ich fürchte aber, dass wir mittelfristig in der Mietwagenbranche nicht von Dieseln und Benzinern Abschied nehmen. Doch die Umstellung der Flotten wird und muss auch kommen. Daher brauchen wir jetzt eine Initialzündung.» Diese wird wohl von regulatorischer Seite kommen müssen.

(JCR)