On The Move

Zu Besuch in Zürich: Geschäftsführer Thorsten Lehmann und Alena Wasmer, die neue Marketingleiterin von Sunny Cars. Bild: TN

«Die nähere Zukunft zu lesen, ist schwierig»

Gregor Waser

Die Fragezeichen und kommenden Herausforderungen sind für die Tourismusindustrie gross. Thorsten Lehmann und Alena Wasmer von Sunny Cars sagen, wie sich die aktuelle Lage beim Mietwagen-Veranstalter präsentiert.

Ob Cornwall, Alentejo, Thessalien oder Manitoba: eine bisher unbekannte Region lässt sich mit einem Mietwagen auf ideale Weise erkunden. Die Route lässt sich täglich oder stündlich anpassen, je nach Lust, Wetter und Tatendrang. Was kommt nach der nächsten Kurve? Die Abwechslung auf einer Mietwagenreise ist so gross wie mit keiner anderen Reiseart.

Was nach der nächsten Kurve folgt, diese Frage stellt sich derzeit auch Sunny Cars. Wie für die gesamte Tourismusindustrie präsentiert sich für den Mietwagen-Broker das Terrain nach mehrheitlich überstandener Pandemie jetzt kurvenreich und mit etlichen Fragezeichen.

Travelnews hat mit Thorsten Lehmann, Geschäftsführer von Sunny Cars, und Alena Wasmer, der neuen Marketingleiterin von Sunny Cars, über die kommenden Herausforderungen gesprochen.

Preisentwicklung

Thorsten Lehmann: «Im ersten Halbjahr 2022 standen weniger Leihwagen zur Verfügung als vor der Pandemie, die Nachfrage war aber wieder gleich gross oder noch höher als zuvor, das hat die Preise nach oben getrieben. In den letzten Wochen haben uns einige Mietpartner aber mitgeteilt, dass die Nachfrage wieder zurückgehe. Dass könnte mit Flugstornierungen zu tun haben. Nun stehen auch wieder mehr Fahrzeuge zur Verfügung und in einzelnen Regionen gehen die Preise zurück. Die nähere Zukunft zu lesen, ist schwierig. Es zeichnet sich kein einheitliches Bild ab. Vielmehr entwickelt sich die Marktsituation mit dynamischen Preisen ähnlich tagesaktuell wie die Aktienbörse.»

Nachfrage

Thorsten Lehmann: «Trotz der teils sinkenden Mietpreise in einigen Regionen liegt das Preisniveau für Mietwagen insgesamt nicht unter dem Vor-Corona-Niveau. Was macht das jetzt mit der Nachfrage? Hinzu kommen höhere Flug- und Hotelpreise. Wir hoffen jedenfalls, dass die Reisepreise nicht so hoch sind, dass sich der Kunde generell gegen eine Reise entscheidet. Doch es stehen Fragezeichen im Raum: was passiert mit den Energiepreisen? In Deutschland fragen wir uns: wie hoch sind die Nachzahlungen für Gas im Herbst? Gleichzeitig haben wir eine Inflation und höhere Lebenshaltungskosten. Wir sehen, dass nun überall gespart wird. Auch bei Reisen? Diese finden wohl immer noch statt, aber wo und wie?».

Markteinflüsse

Alena Wasmer: «Aktuell gibt es sehr viele Einflussfaktoren und damit sind die Fragezeichen, was den Winter und das Jahr 2023 betrifft, gross. Kommt eine nächsten Virusvariante? Was passiert weltpolitisch, in der Ukraine, in Taiwan? Kommen wir da heil heraus? Wir müssen den Markt beobachten und dann darauf reagieren. In diesem Jahr war es verblüffend, wie schnell die Nachfrage zurückkam. War das so, weil die Leute nach zwei Jahren Pandemie so ausgehungert waren und endlich wieder auf Reisen wollten? Nächstes Jahr könnte dieser Nachholeffekt fehlen.»

Thorsten Lehmann: «Bei den Zielgruppen gilt es zu beachten: es gibt Kunden, die sich eine Reise immer leisten wollen und können – und andere, die schon an den Lebensmitteln sparen müssen. Mit unserer Positionierung sprechen wir da eher die erste Zielgruppe an, ohne überheblich sein zu wollen. Aber wir sind nicht der billigste Anbieter, wir zeichnen uns durch Qualität und All-Inclusive aus, während andere im Billigsegment fischen und an die niedrigsten Instinkte appellieren mit «5-Euro-die Woche» – um dann vor Ort wiederum Zusatzforderungen zu stellen.»

«Geht kein Flieger, sieht es auch für Sunny Cars schlecht aus.»

Alena Wasmer: «Wir definieren uns nicht über den Preis und verfügen über eine Zielgruppe, die Wert auf Qualität legt. Aber klar, wir hängen an der ganzen Tourismus-Kette. Geht kein Flieger, sieht es auch für Sunny Cars schlecht aus. Die allgemeine Lage hat sich verändert, da ist es schwierig sich marketingmässig langfristig festzulegen. Wichtig bleibt, das Markenverständnis weiter zu schärfen und bei unseren Partnern präsent zu bleiben und beim Endkunden noch bekannter zu werden.»

Thorsten Lehmann: «Wir gehören keiner Bank, keinen Investoren, wir entscheiden jeden Tag selbst und haben durchaus noch gewisse Reserven. Volle Flexibilität, das hält uns frisch im Kopf... (lacht)»

Buchungstrend

Alena Wasmer: «Mit 75 Prozent beziehen sich die meisten im Juli 2022 eingegangenen Buchungen auf die Hauptsaison von Juli bis September 2022. Dabei zeigt sich weiterhin die kleinste Fahrzeugkategorie Economy als Liebling der Reisenden: Rund 65 Prozent aller Buchungen entfallen auf diese Kategorie der Klein- und Kleinstwagen. Die durchschnittliche Buchungsdauer stieg um 0,4 Tage an, verglichen mit der Zeit vor Corona.»

Durchschnittlicher Buchungswert Sunny Cars / Year to date:
2019/Juli: 352 Euro
2022/Juni: 647 Euro
2022/Juli: 581 Euro

2019/Juli vs. 2022/Juli = +65 % Wert pro Buchung zu Vor-Corona
2022/Juni vs. 2022/Juli = -10.2 % Wert pro Buchung zum Vor-Monat

Die meisten Buchungen im Juli 2022 fielen auf diese fünf Zielgebiete:

  1. Spanien
  2. Griechenland
  3. Italien
  4. Portugal
  5. USA

Ausblick

Thorsten Lehmann: «In Pandemiezeiten stellen sich einige die Frage, soll ich mich in einen Bus setzen? Oder lieber alleine mit Partner, Partnerin, Familie im Mietwagen unterwegs sein? In einem gereinigten Auto, wo mich kener anhustet? Das spielt schon auch mit und wird die Nachfrage nach Mietwagen positiv beeinflussen. Mit einem Wachstum der Buchungs- und Kundenzahlen rechnen wir für 2023 aber nicht, eher mit einem leichten Rückgang zum laufenden Jahr. Und 2022 befinden wir uns auf einem Level von 70 Prozent im Vergleich zu 2019.»