Rail & Road

Die Mietwagen-Experten Thorsten Lehmann (links) und Kai Sannwald sehen bei den Mietwagenbuchungen für die kommenden Wochen eine langsam steigende Tendenz ins Positive. Bild: Sunny Cars

Verhaltener Optimismus bei Sunny Cars

Der Mietwagen-Experte verzeichnet einen wöchentlichen Buchungsanstieg, allerdings auf noch niedrigem Niveau. Vor allem Spanien zeigt Erholungs-Anzeichen; die Situation wird aber insgesamt immer noch als instabil eingestuft.

Mietwagen-Spezialist Sunny Cars gibt sich im Rahmen einer Zwischenbilanz vorsichtig optimistisch. Zwar werde derzeit ein wöchentlicher Anstieg bei den Buchungszahlen verzeichnet, die momentane Situation sei aber noch instabil, hält das Unternehmen in einer Pressemitteilung fest. «Für die Reisemonate Juni und Juli sehen wir insgesamt eine langsam steigende Tendenz bei den Mietwagen-Buchungen, dennoch bleiben wir verhalten, was die aktuelle Entwicklung angeht», betont Kai Sannwald (Sunny Cars Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter), «es freut uns natürlich, dass die Buchungszahlen derzeit täglich steigen. Dennoch stellt uns das aktuelle Geschäftsjahr weiterhin vor grosse Herausforderungen.»

Geplant waren 200'000 Buchungen, aktuell stünde man bei 71'000, so Sannwald weiter: «Das bedeutet ganz klar, dass es der Sommer noch richten muss, wenn wir das Geschäftsjahr 2020/2021 zumindest mit 25 Prozent des Vor-Corona-Niveaus abschliessen wollen.» Mitgesellschafter Thorsten Lehmann ergänzt: «Das Gesamtvolumen des Geschäftsjahres 2020/21 liegt immer noch bei einem Minus von 83 Prozent im Vergleich zum Geschäftsjahr 2018/2019. Dabei sehen wir, dass sich unsere Quellmärkte je nach aktuellen Reiseregeln der einzelnen Länder beim Buchungsverhalten unterschiedlich entwickeln. Es ist momentan überhaupt nicht absehbar, ob alle Buchungen, die derzeit bei uns eingehen, auch zu tatsächlichen Anmietungen führen. Somit bleibt das Mietwagengeschäft noch sehr volatil und wir bleiben bei allem Optimismus realistisch, was den zu erwartenden Umsatz betrifft.»

Sannwald und Lehmann weisen darauf hin, dass es trotz steigender Buchungszahlen nach wie vor einen nicht unerheblichen Anteil an Stornierungen gibt. Dazu Sannwald: «Es ist positiv zu sehen, dass das Netto-Buchungsvolumen momentan spürbar anzieht. Wir werden daher investieren, wo es sinnvoll und notwendig ist, jedoch noch nicht wieder aus dem Vollen schöpfen. Unser Ziel ist es, den Verlust in diesem Jahr so gering wie möglich zu halten. Das erfordert eine absolut vorsichtige Planung und Kalkulation.»

Ein klarer Trend geht zu kurzfristigen Buchung hin. «Von den Reservierungen, die in den vergangenen 14 Tagen bei uns eingingen, sind rund die Hälfte für den Abfahrtszeitraum Mai», so Lehmann, «zugleich zeigen die Monate Juni und Juli eine langsam steigende Tendenz. Die Kunden scheinen somit grosse Lust auf Urlaub zu haben, sind beim finalen Buchen trotz der Möglichkeit zur kostenlosen Stornierung bis eine Stunde vor der Anmietung aber noch sehr vorsichtig.» Das aktuell am stärksten nachgefragte Mietwagenziel sei Spanien, gefolgt von Deutschland, Griechenland und Portugal. Für die Märkte Italien, Frankreich und die USA verzeichnet Sunny Cars ebenfalls langsame Zuwächse, allerdings auf geringem Niveau.

«Der Sommer muss es richten, wenn wir das Geschäftsjahr 2020/2021 zumindest mit 25 Prozent des Vor-Corona-Niveaus abschliessen wollen.»

Lehmann weist zudem auf deutliche Steigerungen im Preisniveau hin. «Der aktuelle Durchschnittsumsatz liegt bei uns bei 370 Euro, im Geschäftsjahr 2018/19 betrug er zum gleichen Zeitpunkt 324 Euro», zieht er den direkten Vergleich mit der Vor-Corona Situation, «gerade für den spanischen Markt wird dies noch zu einem wichtigen Thema werden. Denn die Fahrzeugflottenanbieter hatten erst später mit steigenden Anmietungen gerechnet und haben daher aktuell deutlich weniger Fahrzeuge verfügbar.»

Bereits im vergangenen Jahr wurden viele Autos von den Balearen geschafft und die Neubesorgung ist dort momentan ein zentrales Problem. Dazu Sannwald: «Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage in nächster Zeit steigen wird und deshalb nicht ausreichend Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Dies wird die Preise erheblich in die Höhe treiben, was heute speziell mit Blick auf Mallorca bereits ersichtlich ist. Diese Situation wird sich so schnell nicht entspannen und wer lange mit seiner Buchung wartet, wird gegebenenfalls mit noch höheren Kosten rechnen müssen.»

Dem Mietwagen-Experten zufolge sind die Gründe dafür, weshalb die Situation bezüglich der Verfügbarkeiten in den Märkten angespannt bleiben wird, umfangreich. «Zum einen dürfte die Kreditvergabe zur Beschaffung von Fahrzeugen von Seiten der Banken eher zögerlich vonstattengehen, da die finanzielle oder auch bilanzielle Situation bei einigen Anbietern sehr angespannt ist», führt Sannwald aus, «auch stehen von Seiten der Hersteller nicht alle Bauteile für die Fahrzeugproduktion zur Verfügung, beispielsweise fehlen Chips zur Steuerung der Elektronik. So haben einige Hersteller ihre Produktionsstrassen bereits stoppen müssen.» Dies habe zur Folge, dass unter anderem auch bereits bestellte Fahrzeuge derzeit nicht ausgeliefert werden können.

«Sobald die Nachfrage anzieht, werden die Preise definitiv in die Höhe gehen»

Neubestellungen würden sich für die Flottenbetreiber aufgrund der Corona-bedingten wirtschaftlichen Situation ebenfalls schwierig gestalten. Dazu Sannwald: «Unter anderem fehlen ihnen Buy-Back-Verträge, die nach einer vereinbarten Laufzeit und Laufleistung Rücknahme-Garantien zusichern.»

Auch in anderen zu Vor-Corona-Zeiten stark nachgefragten Mietwagenländern wurden die Flotten reduziert, so dass vorerst mit einem dauerhaft geringeren Fahrzeugangebot zu rechnen sei, bekräftigen die Sunny Cars-Chefs. Beide fühlen sich an die Mietwagensituation 2008/2009 erinnert, als die akute Finanzkrise zur Hauptsaisonzeit zu einem gravierenden Mangel an Mietwagen führte. «Allerdings mit dem grossen Unterschied, dass die Nachfrage damals noch deutlich höher war als die, die wir in nächster Zeit erwarten», so Thorsten Lehmann.

Dasselbe gelte für alle wichtigen Mietwagenländer weltweit, in denen die Mietwagenpreise derzeit noch recht niedrig seien. «Sobald die Nachfrage anzieht, werden die Preise definitiv in die Höhe gehen», lautet die Prognose von Lehmann. Sein Rat an alle, die Ferienpläne für beliebte europäische Sonnenziele zur kommenden Hauptreisezeit schmieden: «Jetzt den Mietwagen sichern, und wenn es die Umstände notwendig machen, unsere kulanten Stornobedingungen nutzen.»

(JCR)